Am nördlichen Ortsrand der Marktgemeinde Ergolding hat die Projektarbeitsgemeinschaft Behnisch Architekten/Architekturbüro Leinhäupl + Neuber das neue Gymnasium pünktlich zum Schuljahresanfang fertiggestellt. Das vierzügige Gymnasium bietet nicht nur Platz für Klassen- und Fachräume, sondern als Ganztagesschule auch für die Schulmensa und Hausaufgabenbetreuung, Ruheräume und lernorientierte Aufenthaltsräume, Bibliothek sowie einen großen Silentiumraum für die Lehrer. Die Zweifeldsporthalle sowie ein kleiner und ein großer Allwetterplatz ergänzen das schulische Angebot als sportliche Einrichtungen, die auch extern genutzt werden können.
Das zentrale Element des Hauses ist die von Licht durchflutete Pausenhalle. Sie übernimmt neben ihrer eigentlichen Funktion, einem überdachten Aufenthaltsbereich während den Pausen, auch die des Zugangs zur Schule. Darüber hinaus bietet sie Raum für Schulveranstaltungen, kleine Ausstellungen, Theatervorführungen und Konzerte und bezieht bei Bedarf auch die Pausenfreifläche und die Mensa mit ein. Verschiedene Bestuhlungsmöglichkeiten und eine Bühne samt Veranstaltungstechnik machen aus dem Atrium einen multifunktionalen Raum, der gleichermaßen für den alltäglichen Schulbetrieb wie auch für besondere Feste nutzbar ist.
Die von der Halle abgehenden Flure haben die Architekten beim Gymnasium Ergolding nicht nur zur Erschließung geplant. Sie sind als breitere, vorgelagerte Bereiche sowohl eine Erweiterung der Unterrichtsräume, als auch Orte für Begegnungen außerhalb des Unterrichts, zur Kommunikation zwischen Lehrern, Schülern und Eltern, mit Einzel- und Gruppenarbeitsplätzen. Diese so genannten Lernlandschaften unterstützen die pädagogische Arbeit maßgeblich.
Die zentrale Aula erstreckt sich über alle vier Geschosse und dient als Verteiler für die jeweiligen Ebenen. Angegliedert sind im Erdgeschoss die Mensa, die Schulverwaltung und die Bibliothek, wie auch der Musikbereich und der interne Zugang zur Sporthalle. Im 1. und 2. Obergeschoss befinden sich die Klassenräume und im 3. Obergeschoss die Fachräume für Chemie, Physik und Biologie.
Die Klassenräume beschränken sich nicht mehr länger auf die reine Wissensvermittlung im Frontalunterricht. Die Unterrichtsräume des Gymnasiums sind vielfältig nutzbar und richten sich dabei nach den Bedürfnissen der Kinder. Sowohl bei Gruppenarbeit mit hohem oder niedrigem Lärmpegel als auch bei freier Stillarbeit, konzentrierter Einzelarbeit oder Bewegungspausen ermöglicht die Architektur die entsprechende Lernumgebung.
Bei der Gestaltung der nach Westen orientierten Fassaden richteten sich Behnisch Architekten aus München und das Architekturbüro Leinhäupl + Neuber aus Landshut streng nach den Vorgaben des Naturschutzes. So wurde durch die Bedruckung der Glasflächen mit Texten, die inhaltlich zum jeweils dahinter liegenden Raum passen, und dem Brechen der Spiegelung die Fassade für Vögel sichtbar gemacht. Auf im angrenzenden Naturschutzgebiet heimische Vogelarten wie die Rohrdommel und der Eisvogel wurde so besonders Rücksicht genommen.
Die Flure auf der Südseite dienen als Pufferzone
Das ganzheitliche pädagogische Konzept des Gymnasiums, bestehend aus gebundener und offener Ganztagesschule, hat großen Anteil an der Anordnung der einzelnen Räume und Bereiche zueinander. Die offene Ganztagsbetreuung, also die Betreuung nach dem regulären Unterricht, steht zum Beispiel außenräumlich in direkter Verbindung zum Schulhof und den angegliederten Grünflächen und bündelt sich im Innenraum um die Bereiche Werken, Kunst, Musik und Computerräume.
Die gebundenen Ganztagesklassen, mit ganztägigem Unterricht, integrieren sich in die Klassenraumzonen über die Geschosse eins und zwei und werden durch Differenzierungsräume ergänzt. Das sind Räume, in denen Schüler in Kleingruppen gezielt in bestimmten Bereichen individuell gefördert werden können.
Zusätzlich gibt es im neuen Gymnasium dezentrale Lernstationen, spezielle Bereiche für Schüler, in denen sie in der so genannten Schüler-Lounge entspannen oder arbeiten können, in Gruppen oder alleine. Die Klassenräume werden dadurch zu vielfältig nutzbaren Räumen, in denen sowohl Gruppen-, Einzel- oder auch Frontalunterricht stattfinden kann. Flexible Stundenpläne, fächerübergreifender Unterricht und individuelle Förderung werden dadurch möglich.
Auch dem Inklusionsgedanken wird in dem Sinne einer barrierefreien Schule Rechnung getragen. Vom rollstuhlgerechten Zugang bis hin zur Integration von behindertengerechten sanitären Einrichtungen.
Die Schule ist aufgrund ihrer direkten Lage an der stark befahrenen B 15 mit ihren Klassenzimmern nach Norden hin ausgerichtet. Die Flure auf der Südseite dienen als Pufferzone für den Verkehrslärm der Straße. Man betritt das Gebäude an zentraler Stelle des Grundstücks, von Norden, Osten und Westen kommend, über einen großen neu gestalteten Außenbereich. Viel Grün verbindet die Förderschule mit dem Gymnasium, umschließt den gesamten Schulneubau und bildet auf der Südseite unterschiedlich geformte Höfe, einen für die Mensa und die Bibliothek, der andere für die Kunstklassen.
Beim Entwurf haben die Architekten gemeinsam mit den Klimaingenieuren von Transsolar unter Berücksichtigung der Lage und der Ausrichtung des Gebäudes ein individuell abgestimmtes Energie- und Komfortkonzept entwickelt. Ziel war es, visuellen, lufthygienischen und thermischen Komfort bei optimiertem Energiebedarf und der Abwägung von Investitions- und Betriebskosten zu erreichen, mit einem minimalen Einsatz von Technik und mit der Nutzung regenerativer Ressourcen.
Das wirtschaftlichste und das primärenergetisch effizienteste System ist dabei die Kombination aus Wärmepumpe und Gaskessel. Die Wärmepumpe für das Niedrigtemperaturheizsystem der bauteilaktivierten Stahlbetondecken dient der Grundlastabdeckung beim Heizen und Kühlen. Der Gaskessel deckt die Spitzenlast ab. Die Energie für die Wärmepumpe wird über ein Erdsondenfeld im Bereich des Pausenhofes gewonnen und deckt 85 Prozent der Heizlast des gesamten Gebäudes ab.
Das Gebäude unterschreitet um 37 Prozent den EnEV 2009 Standard. Die Gebäudebelüftung erfolgt über ein hybrides System, das eine sehr gute Raumluftqualität gewährleistet, besonders im Hinblick auf ein Entgegenwirken von Müdigkeit und Konzentrationsschwäche bei den Schülern. Ein Lichtlenksystem bringt Tageslicht von der Südfassade über den Gang in die Klassenzimmer, die dadurch trotz ihrer Nordausrichtung und der acht Meter Raumtiefe an den meisten Tagen auf Kunstlicht verzichten können.
Im 3. Obergeschoss sorgen statt der Lichtlenkung Lichtkuppeln für zusätzliches Tageslicht. Außerdem trägt die Wahrnehmung des Tagesverlaufs durch das Tageslicht in den Räumen erheblich zum Komfort der Schüler und Lehrer bei. Sowohl im Schulgebäude als auch in der Sporthalle und im Außenbereich kommen LED-Leuchten zum Einsatz, die im Gegensatz zu einer konventionellen Beleuchtung im Stromverbrauch bis zu 70 Prozent effizienter sind. (
BW)
(Das neue Gymnasium in Ergolding; Blick in ein Klassenzimmer; die lichtdurchflutete Pausenhalle und ein Flur - Fotos: Behnisch Architekten)
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