Wer auf die Fassade des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums im Bad Tölzer Schulzentrum zugeht, dessen Blick bleibt unweigerlich an der Außenfassade des Eingangsbereichs hängen, um dann zu wandern. Senkrecht nach oben an der hohen Glasfront empor, horizontal an den langen Reihen entlang, die sich durch die abwechselnd gesetzten Verkleidungen und Fensterfronten ergeben.
Die Südfassade ist ein Teil der Ende 2015 abgeschlossenen Generalsanierung des Gebäudes. Konzept und Planung für die Bauteile A und B sowie für das Treppenhaus mit der Fassade stammen von
Architekt Christian Holzer aus Wolf-ratshausen. Ziel war es, das 5563 Quadratmeter große Gebäude aus den 1970er Jahre energetisch zu sanieren und den architektonischen Stil gleichzeitig zu erhalten.
Die 1921 aus einem Franziskanerkloster heraus entstandene Schule wurde insgesamt in drei Bauabschnitten saniert. Von Herbst 2013 bis Dezember 2015 dauerte die Generalsanierung inklusive energetische Sanierung des Anbaus aus den 1970er Jahren. Damit wurde diese Baumaßnahme früher abgeschlossen als geplant. Reichten die ursprünglichen Planungen doch bis in das Jahr 2016 hinein. Acht Millionen Euro kostete allein diese Baumaßnahme, 1,8 Millionen Euro FAG-Fördergelder flossen in die Finanzierung mit ein. Vor der zuletzt durchgeführten Generalsanierung waren bereits der Neubau mit Klassenzimmern und Mensa sowie der Altbau saniert worden.
Ein Kernstück der energetischen Sanierung ist die Umstellung der Beleuchtung auf LED und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung im gesamten Anbau. Enorm wichtige Maßnahmen, sind doch einige Fachräume im Bauteil A dieses nunmehr sanierten Anbaus fensterlos und benötigen deshalb ein besonders ausgeklügeltes Lüftungs- und Beleuchtungssystem. Die Lüftungsanlage wurde auf dem
Dach aufgestellt und während der Bauphase mit einem freitragenden 35 Meter umfassenden Gerüstsystem geschützt. Über ein Rohrsystem wird die Frischluft bis ins Untergeschoss geschickt, die Abluft wird über einen Wärmetauscher zurückgewonnen. In den Räumen misst ein Sensor den CO2-Gehalt der Luft im Raum, beim Überschreiten eines Grenzwerts von 1000 ppm wird der CO2-Wert durch Luftzufuhr über die Lüftung wieder auf 600 ppm abgesenkt.
Eine wesentliche Verbesserung sowohl für das Raumklima als auch für die Wirtschaftlichkeit, schließlich war vorher eine Lüftungsanlage ohne Rückgewinnung im Einsatz. Nach den Berechnungen in der Planungsphase ergibt sich durch die energetische Sanierung ein Einsparpotenzial von 79,1 Prozent für die im letzten Sanierungsabschnitt enthaltenen Bauteile. Wie die Einsparung tatsächlich aussieht, wird der Winter zeigen, wobei die Prognosen laut René Beysel, Leiter des Hauptamts im Landratsamt Bad Tölz und Verantwortlicher für die Durchführung des Projekts, sehr, sehr gut sind.
Neben diesen energetischen Maßnahmen für die gesamte Baumaßnahme wurde auch das Treppenhaus saniert und neu verglast. Da das Treppenhaus mit seinem Haupteingang nordwestlich ausgerichtet ist, verzichtete man bewusst auf eine Beschattung, Luft kann durch Lüftungsöffnungen einströmen. An den
Klassenzimmern im Bauteil A sorgen dagegen an eine Wetterstation gekoppelte Lamellenjalousien für schattige Verhältnisse. Insgesamt wurden zwölf Klassenzimmer saniert und mit Beamer, Dokumentenkamera und Laptop ausgestattet.
Schmuckstück der Sanierung ist die neue Bibliothek im Bauteil A. Helles Mobiliar und ein offener Charakter zeichnen die Räume aus, die die Sanierung abrunden und durch eine Kooperation mit der Stadtbücherei Bad Tölz ein breites Literatur-, Fachbuch- und Medienangebot bieten. Auf diese Weise entstand hier eine kleine Ruhezone, die gleichermaßen Raum für konzentriertes Arbeiten und zum Stöbern bietet.
Während die Bibliothek außenliegend und durch die großen Fensterfronten mit Tageslicht durchflutet ist, liegen die Fachräume, die ebenfalls im Bauteil A untergebracht sind, größtenteils komplett im Innern des Gebäudes und sind fensterlos. Durch ihre helle Beleuchtung und die sehr hell, größtenteils in weiß gehaltene Gestaltung vermitteln sie dennoch eine offene Atmosphäre. Einmal konnten die Planer jedoch die Gelegenheit im Zuge der Sanierung nutzen und durch einen Tausch der Räume einen Fachraum (Biologie) mit Fenstern hinzugewinnen.
Im Bauteil B wurden im Erdgeschoss die Aula sowie alle drei Musikräume saniert. Der Flur zum Lehrerzimmer wurde brandschutzertüchtigt. Vor dem Lehrerzimmer zeigt sich im Außenbereich ein
typisches Baumerkmal der 1970er Jahre, ein spitz zulaufender Gebäudevorsprung mit einer Dachbepflanzung. Dieser einer Dachterrasse anmutende Spitz wurde im Zuge der Sanierung freigelegt und bietet nun eine große Freifläche, die durch ein verglastes Geländer zusätzlich betont wird.
Im Rahmen der energetischen Sanierung wurden zusätzlich einige Strukturverbesserungen im Gebäude vorgenommen. Ein Farbleitsystem führt nun passgenau in die einzelnen Fachbereiche der Schule. Die Bereiche werden im Eingangsbereich Schule beschrieben und mit entsprechenden Farben hinterlegt. Genau diese Farben finden sich dann an den Wänden im entsprechenden Areal des Gebäudes wieder. Auch die Raumnummerierung wurde neu strukturiert.
Ein besonderes Augenmerk verdient das Heizkonzept. Das gesamte Schulzentrum und damit auch das Gabriel-von-Seidl-Gymnasium wird durch ein zentrales Heizwerk versorgt, das unter der benachbarten Realschule Bad-Tölz untergebracht ist. Das Biomasseheizwerk funktioniert zum einen in der Grundwärmeversorgung mit Hackschnitzel. Spitzenlasten werden mit Erdgas abgefangen.
Zur Eigenstromerzeugung wurde zusätzlich ein Blockheizkraftwerk (BHKW) eingebaut. Die Wärme wird dann über ein Nahwärmenetz in das gesamte Schulzentrum verteilt. Für das Heizwerk wurde eine Stahlbetonkonstruktion unterirdisch in den Hang gebaut. Die Decke ist befahrbar, sodass sowohl die Hackschnitzel problemlos angeliefert als auch die im Heizwerk anfallende Asche problemlos entnommen werden können.
Die Generalsanierung des Gabriel-von-Seidl-Gymnasiums ist Teil des Schulentwicklungskonzepts 2035, das auf dem Energiewendeplan beruht.
(BSZ)
(Der spitz zulaufende Gebäudevorsprung; die Schulbiblithek; ein Klassenzimmer und ein Fachraum - Fotos: Holzer Architekten)
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