Methoden wie Scrum gehören mittlerweile zum professionellen Standardrepertoire für Teamarbeit. Doch wer erfolgreich damit arbeiten möchte, sollte von Fall zu Fall die richtigen Aspekte abwägen, bevor die Regeln klassischer Ansätze ergänzt oder abgeschafft werden.
Es klingt verlockend: Komplexe, hierarchische Projektstrukturen und langwierige Planungsphasen lassen sich dank agilem Vorgehen zugunsten schneller Erfolgsschritte vereinfachen und verkürzen. Die häufig zitierten Praxiserfolge sprechen für den Einsatz von Methoden wie Scrum, Feature Driven Development oder agiles Kanban – allerdings gibt es einige Risiken, die gerade innerhalb von stark hierarchisch geprägten Organisationen nicht unterschätzt werden sollten.
Scrum, die hierzulande verbreitetste agile Methode, steht wörtlich übersetzt für „Gedränge“. Der Begriff wurde aus dem Rugby-Sport entlehnt und soll das Prinzip symbolisieren, dass ein Team sich situationsabhängig selbst organisieren und damit schnell punkten kann. Damit dies praktikabel funktioniert, müssen unterschiedliche Rollen der Akteure definiert und der Rahmen abgesteckt werden.
All dies kann über entsprechende Anleitungen zügig und anschaulich vermittelt werden, der Seminarmarkt bietet eine Vielzahl von Angeboten unterschiedlicher inhaltlicher Tiefe und zeitlicher Breite. Sind die Beteiligten entsprechend ausgebildet, zum Beispiel als Scrum-Master und Product-Owner, werden die veränderten Anforderungen an die Führung deutlich. Wo bisher eine vorgegebene Berichtslinie einzuhalten war, gelten plötzlich ganz andere Regeln. Wo detailliert budgetiert wurde, sollen sich nun im Rahmen eines iterativen Prozesses die Kostendimensionen entwickeln können.
Eine Organisation kann schnell überfordert werden, wenn zu sehr auf die inhaltlichen Dimensionen des Projektes geachtet wird und zu wenig auf die kulturellen Rahmenbedingungen. Statt sich von einer Mode drängen zu lassen, gilt es, die Vor- und Nachteile bewusst zu machen und eine Lösung zu finden, die zur jeweiligen Institution passt.
Agil arbeitende Teams: nicht mehr als zehn Mitarbeiter
Ein agiles Projektteam arbeitet weitgehend autark innerhalb der selbst definierten Zeittaktung. An den Schnittstellen zur restlichen Organisation oder innerhalb größer angelegter Projektstrukturen kann dies zu gravierenden Problemen führen – insbesondere, wenn es an ausreichender Kommunikation mangelt. Gerade die Abstimmung kann zur Hürde werden, die so manches agile Projekt zu Fall bringt. Andererseits kann die Gelegenheit zu einer selbstbestimmten Arbeitsweise in einem starken Team die richtigen Beteiligten geradezu beflügeln.
Agil arbeitende Teams sollten nicht mehr als rund zehn Mitarbeiter haben – auch das ist ein Kriterium, das bei der Methodenauswahl zu beachten ist. Steht ein Projekt an, sollten relevante Fragen bezüglich Führung und Kultur gestellt und beantwortet werden, bevor die Entscheidung für oder gegen „agil“ getroffen wird – manchmal liegt die optimale Lösung in der Verbindung beider Ansätze.
Ein wichtiger Vorteil der agilen Methoden ist die enge Anbindung an die Anforderungen der Kunden, für die entwickelt und produziert wird. Es gilt also zuallererst zu klären, wer eigentlich die Kunden sind und wie ihre Anforderungen genau aussehen, gerade wenn es um verwaltungsinterne Prozesse und Themenstellungen geht. Allein diese Klärung trägt häufig bereits zu einer Verbesserung von Aufgabenstellung, Umsetzung und Ergebnis bei. Darüber hinaus ergibt sich die Frage, ob die fachlich in Frage kommenden Mitarbeiter auch geeignet und willens sind, sich mit hoher Selbstverantwortung in ein Projekt einzubringen. Und ob es Führungskräfte gibt, die dies zulassen können und wollen. Lippenbekenntnisse helfen dabei nicht, vielmehr muss die Bereitschaft vorhanden sein, bisherige Haltungen und Handlungsmuster kritisch zu hinterfragen und zu verändern.
Als gesetzt geltende Machtverhältnisse lassen sich für ein Projekt nicht einfach abstellen, auch wenn der methodische Ansatz dies vielleicht erfordert. Insofern tun die Verantwortlichen gut daran, eine neue Vorgehensweise behutsam in die Praxis zu bringen und dies vielleicht nicht gleich im strategisch bedeutendsten Projekt. Wenn Leute, die selbst Interesse daran haben, auf einem überschaubaren Anwendungsfeld Erfahrungen sammeln zu können, lassen sich die Lernergebnisse ausreichend reflektieren und auf andere Bereiche übertragen. Dies schafft sicher bessere Voraussetzungen für den längerfristig konstruktiven Umgang mit der agilen Arbeitsweise als eine aktionistische Tour de Force. Vor allem lassen sich die Möglichkeiten abklopfen, wie agile Elemente mit dem klassisch-linearen Vorgehen in der Organisation vereinbar sind. Eine enge, direkte Kommunikation und kurze iterative Schleifen mit schnell einsetzbaren Teilergebnissen können gewissermaßen den Turbo im herkömmlichen Projektrahmen bilden. (Frank Beck)
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