Beruf & Karriere

Die meisten Erstsemester ohne Abitur entscheiden sich für ein Bachelorstudium an einer anwendungsorientierten Hochschule. (Foto: dpa/ Julian Stratenschulte)

19.04.2024

Studieren ohne Abi

Seit 2010 haben 85 000 Menschen in Deutschland ohne Hochschulreife ein Studium abgeschlossen – aber deren Zahl sinkt

Rund 85 000 Menschen ohne Abitur haben in Deutschland seit 2010 ein Studium erfolgreich abgeschlossen. Auch die Zahl der Studierenden, die sich auf dem beruflichen Weg für eine akademische Ausbildung qualifiziert haben, bleibt konstant hoch und liegt bei derzeit rund 70 000. Das zeigt die aktuelle Auswertung des CHE Centrum für Hochschulentwicklung. 

Laut den jüngsten verfügbaren Daten aus dem Jahr 2022 sind rund 70 000 Studierende ohne (Fach-)Abitur an einer deutschen Hochschule eingeschrieben. Das entspricht, wie auch im Vorjahr, einem Anteil von 2,4 Prozent an allen Studierenden im Bundesgebiet. Ein erstmaliger Rückgang zeigt sich hingegen bei den Erstsemestern ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife. Deren Zahl ist von rund 16 000 im Jahr 2021 auf knapp 13 000 im Jahr 2022 gesunken, was einem Anteil von 2,7 Prozent an allen Studienanfänger*innen entspricht.

Große Unterschiede zwischen den Bundesländern 

Sigrun Nickel, Leiterin der Hochschulforschung beim CHE, führt unterschiedliche Gründe für den Rückgang an: „In den vergangenen Jahren gab es im gesamten deutschen Hochschulbereich einen Rückgang bei den Erstsemesterzahlen zu verzeichnen. Zusätzlich können sich beim Studium ohne Abitur für die Zahlen des Jahres 2022 auch noch die Nachwirkungen von Corona sowie die gestiegenen Kosten durch die Inflation beziehungsweise steigende Energiepreise auswirken. Immerhin schreiben sich vier von zehn Studierenden ohne Abitur wegen der flexiblen Studienmöglichkeiten an einer privaten Hochschule ein, wo Studiengebühren anfallen.“

Erfreulich sei die Entwicklung bei der Zahl der Hochschulabsolvent*innen ohne (Fach-)Abitur, so Nickel. Deren Zahl ist in den zurückliegenden Jahren relativ konstant. So wurde auch im Jahr 2022 ein Spitzenwert von rund 9500 erreicht. Insgesamt haben in Deutschland zwischen den Jahren 2010 und 2022 circa 85 000 Menschen ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife ein Studium erfolgreich abgeschlossen. Zugleich hat im selben Zeitraum die jährliche Zahl der Hochschulabsolvent*innen aus dieser Gruppe kontinuierlich zugenommen, und zwar von etwa 2800 auf rund 9500 pro Jahr. 

Regionale Unterschiede zeigen sich in der Auswertung im Bundesländervergleich. Mit einem Erstsemesteranteil von 8,5 Prozent liegt erneut Thüringen auf dem ersten Rang. Es folgen Bremen (3,8 Prozent) sowie Rheinland-Pfalz (3,7 Prozent), die beide im Vergleich zum Vorjahr ihre Position verbessern können. Hauptgrund für den Spitzenplatz von Thüringen ist die IU Internationale Hochschule, die ihren Hauptstandort mittlerweile in Erfurt hat und ihre große Zahl an Fernstudierenden dem Hauptsitz zuordnet.
Mit 1922 beruflich qualifizierten Studienanfängerinnen und Studienanfängern im Jahr 2022 belegt die private IU Internationale Hochschule im Vergleich mit anderen deutschen Hochschulen erneut den ersten Platz. Der langjährige Spitzenreiter, die staatliche FernUniversität Hagen, nimmt mit 917 Erstsemestern ohne (Fach-)Abitur bundesweit nur noch den zweiten Platz ein. Auf Platz drei folgt wieder eine private Hochschule, und zwar die FOM Hochschule für Oekonomie & Management mit 912 Erstsemestern. 
Die typische Studienanfängerin beziehungsweise der typische Studienanfänger ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung entscheidet sich für ein Bachelorstudium an einer anwendungsorientierten Hochschule. So liegt der Anteil der Erstsemester ohne (Fach-)Abitur an Fachhochschulen/Hochschulen für angewandte Wissenschaften bei nunmehr 72,7 Prozent – ein neuer Höchstwert.

Steigende Nachfrage in den Fächern Gesundheit und Pflege 

Bei der Wahl der Studienfächer dominieren weiterhin die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit einem Erstsemesteranteil von 50,3 Prozent und die Ingenieurwissenschaften mit 19,3 Prozent. Danach folgt der Bereich Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften mit knapp 16 Prozent. 

„Gerade im Bereich Gesundheit und Pflege beobachten wir eine starke Nachfrage von Studieninteressierten ohne Abitur. In den Fächern Pflegewissenschaft/-management und in der Gesundheitspädagogik hat sich mittlerweile sogar jede*r Vierte über den Beruf für das Studium qualifiziert und nicht über den Schulabschluss“, so Sigrun Nickel. „Auch im Medizin- und Zahnmedizinstudium finden wir inzwischen Personen ohne allgemeine Hochschul- und Fachhochschulreife. Derzeit sind es rund 1100 Studierende“. Kompakte Informationen zu den Bewerbungsverfahren finden sich in den beiden Ratgebern aus der Reihe CHE kurz + kompakt Studieren ohne Abitur für alle Fächer sowie CHE kurz + kompakt Medizinstudium ohne Abitur. (Jan Thiemann)

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