Endlich wird die Reise von München nach Prag erträglicher. Drei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in seinem Haus den Weg freigemacht für den Ausbau der vor 156 Jahren in Betrieb genommenen Bahnstrecke. Jetzt kommt die Schienenverbindung ins Nachbarland voran, denn der Abschnitt Schwandorf-Furth im Wald (Elektrifizierung und zweigleisiger Ausbau) wird vom „potenziellen“, in den „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans heraufgestuft. „Das werde ich noch vor der Bundestagswahl im September veranlassen“, versprach Dobrindt beim ersten Bayerisch-Tschechischen Bahngipfel in Furth im Wald (Landkreis Cham).
Sein Parteifreund, Bayerns Innen-, Bau- und Verkehrsminister Joachim Herrmann, freute sich: „Das ist ein entscheidender Durchbruch, für den ich dankbar bin.“ Auch Chams Landrat und Bezirkstagspräsident der Oberpfalz, Franz Löffler (CSU), war begeistert von der Botschaft aus Berlin. „Infrastruktur ist für Kommunen besonders wichtig“, betonte er. Gerade das immer stärkere Zusammenwachsen der Regionen Ostbayern und Westböhmen mache das Gebiet zu einer Verkehrsdrehscheibe. Schon heute gebe es einen gemeinsamen Arbeitsmarkt. „Täglich pendeln etwa 3000 Tschechen nach Ostbayern zum arbeiten“, erklärte Löffler.
Jetzt noch wie vor 156 Jahren
Und der Schwerlastverkehr nehme ebenfalls beständig zu. Das sei kein Wunder, denn mit rund 20 Milliarden Euro bilateralem Handelsvolumen von Bayern und Tschechien rangiere das Nachbarland in seiner wirtschaftlichen Bedeutung für den Freistaat noch vor Nachbar Österreich. Da sei es schon beschämend, dass man von München nach Prag fast immer noch die gleiche Reisezeit benötige wie vor 156 Jahren. „Damals dauerte die Fahrt etwas über sieben Stunden, heute etwas über sechs Stunden“, so der Landrat. Doch mit der Ertüchtigung der Strecke werde die Reisezeit ab 2030 nur noch vier Stunden und 15 Minuten betragen.
Verkehrsminister Herrmann unterstrich, dass es „höchste Zeit ist, Gas zu geben“, im Ausbau der Schienenverbindungen ins Nachbarland. Mit Blick auf die vor Kurzem begonnenen Vorplanungen für den Ausbau und die Elektrifizerung der Bahnstrecke Nürnberg-Marktredwitz-Cheb (Eger) betonte Herrmann, dass es kein Entweder-oder beim Streckenausbau nach Tschechien geben darf: „Wir brauchen beide Strecken, die von Nürnberg über Eger nach Prag und die von München über Regensburg nach Prag.“
Positive Nachrichten
Sein tschechischer Amtskollege Dan Tok zeigte sich ebenfalls sehr erfreut über die positiven Nachrichten aus dem Bundesverkehrsministerium und erläuterte, warum die beiden Bahnstrecken nach Bayern so wichtig für die Tschechische Republik sind: „Unsere beiderseitige Zusammenarbeit wird intensiver und darum muss die Bahn zu den Fernbussen konkurrenzfähig werden. Denn diese sind ökologisch sehr fragwürdig.“ Geht es nach Tok, soll die Verbindung Prag-München eine Hochgeschwindigkeitsstrecke werden.
In einem Gutachten wurden drei Ausbauvarianten vorgestellt, die alle zwischen zwei und zweieinhalb Milliarden Euro verschlingen. Aber angesichts des steigenden Personen- und Güterverkehrsaufkommens sei es gut investiertes Geld. Darin waren sich alle Verantwortlichen einig. Pavel Sury, Generaldirektor der Verwaltung der Eisenbahnverkehrswege (SZDC), wies darauf hin, dass sämtliche Güterzüge in Richtung München, Nürnberg und darüber hinaus derzeit über Dezcin-Bad Schanbau-Dresden fahren, weil diese Strecke elektrifiziert ist. Für die Wirtschaft sei das aber kein attraktives Angebot. Das unterstrich auch Jürgen Helmes, Hauptgeschäftsführer der IHK Regensburg: „LKWs haben nicht immer die Nase vorn. Die Bahn ist für die Wirtschaft das bessere Verkehrsmittel, wenn Fahrzeit, Preis und zuverlässiges Ankommen gewährleistet sind.“
Doch nicht nur die Metropolen profitieren von einer besseren Schienenverbindung, auch die vielen Kommunen an den Strecken. Darauf wies Verkehrsminister Herrmann hin. Er machte auch deutlich, dass die Bahn angesichts der Luftreinhalteauflagen Elektromobilität nicht erst entwickeln müsse. Diese Technik sei zuverlässig seit vielen Jahren im Einsatz. Darum sei es auch ein Unding, dass die aus Tschechien kommenden Züge an der Grenz von E- auf Diesellok umgespannt werden müssen, damit sie weiter durch den Freistaat fahren können.
Mittel bei EU beantragen
Aber jetzt sind die Weichen richtig gestellt und Ismail Ertug, SPD-Europaabgeordneter für die Oberpfalz und Niederbayern, verwies darauf, dass die Schienenprojekte von Bayern nach Tschechien sicherlich auch europäische Fördergelder erhalten werden. Jetzt gelte es, diese Mittel schnell zu beantragen. Und bei einer Reisezeit von nur noch etwas über vier Stunden sei die Bahn gegenüber dem Flugzeug äußerst konkurrenzfähig, betonte Pavel Krtek, Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der tschechischen Eisenbahngesellschaft Ceské dráhy. Denn man müsse, obwohl man nur eine Stunde fliegt, sowohl in München als auch in Prag erst einmal ins Stadtzentrum gelangen. Zusammen mit der Zeit, die man vor dem Abflug wegen Check-in und Sicherheitskontrollen am Flughafen sein muss, sei man mit der Bahn längst am jeweiligen Hauptbahnhof angekommen.
Das Fahrgastpotenzial München-Prag wäre jedenfalls enorm. Laut Experten wird es auf 325.000 Reisende pro Jahr geschätzt.
(Ralph Schweinfurth)
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