In Franken ist der Sonntag nach dem 2. Juli seit zehn Jahren so etwas wie Weihnachten und Ostern gleichzeitig. Denn dann feiern sie den „Tag der Franken“, abwechselnd in den drei Regierungsbezirken. Dieses Jahr war Mittelfranken an der Reihe. Und der Kulturausschuss im dortigen Bezirkstag hatte Erlangen als Austragungsort erkoren.
„An diesem Tag erinnern wir uns besonders an die eigene geschichtliche und kulturelle Identität Frankens sowie die liebenswerten individuellen Unterschiede der fränkischen Regionen als Teil unserer bayerischen Geschichte.“ Diesen schönen Satz prägte Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) zur Eröffnung des Frankentags. Er kam Stellvertreter des kurzfristig verhinderten Ministerpräsidenten.
Aber war das tatsächlich so am Tag der Franken 2015? Der folgte in der „historischen Hugenottenstadt Erlangen mit ihrer internationalen Ausrichtung dem Leitgedanken ,Fremde in Franken‘“: So erklärt der Bezirk Mittelfranken das vielfältige Programm rund um die hochaktuellen Themen Flucht, Integration und Migration. Man wollte „Einblicke gewähren in fremde und fränkische Traditionen“.
Über „Franken, Heimat, Identität“ diskutieren
Deshalb durften zwei Dutzend „Vorzeige-Fremde“ auf die Bühne am Schlossplatz. Von denen waren aber nur sieben „echte“ Migranten, der Rest Studenten, berichten Insider. Und im Stutterheim-Palais diskutierte eine Runde Mittzwanziger mit halb-ausländischen Wurzeln über „Franken, Heimat, Identität“. „Die hätten genauso gut irgendwo anders miteinander reden können. Was hat das mit ,Franken, offen aus Tradition‘ zu tun?“, fragte sich hinterher eine Besucherin. Integration Fremder, das passiere überall, teils gut, teils schlecht - nicht nur in Franken. „Da hätte Europa stehen sollen“, so die Frankentag-Besucherin.
Doch da stand „Franken, offen aus Tradition“: Dieses Motto der Uni-Stadt hatten die Organisatoren flugs für den ganzen Landstrich okkupiert. Aber identitätsstiftend für einen besonderen Tag der Franken war das Überstülpen nicht wirklich.
Dazu trug Minister Herrmann selbst bei: Er beanspruchte bei der Eröffnung die Urheberschaft für den Tag der Franken für seine CSU. Darüber schäumte das ehemalige SPD-Landtagsmitglied Helmut Ritzer aus dem Nürnberger Land: „Den Text vom Landtagsbeschluss 2006 haben wir im mittelfränkischen Bezirkstag beschlossen. Geschrieben haben ihn ich und Heiko Schultz aus Cadolzburg.“ Da war es also, das fränkische Gezänk. „Liebenswerte individuellen Besonderheiten“ hätte es Joachim Herrmann wohl genannt.
CSU und SPD giften sich an
Passend dazu gifteten sich Ritzer und der CSU-Bezirksrat Peter Daniel Forster ziemlich heftig an. Ob die bayerische Staatsregierung Franken optimal unterstütze, oder ob nicht die Oberbürgermeister der Großstädte (vorrangig mit SPD-Parteibuch) selbst Schuld hätten an den teils verfallenden Großgebäuden wie Quelle-Versand in Nürnberg oder Schloss Erlangen.
Letzteres ist seit Jahren eingerüstet und steht ausgerechnet am Hauptplatz des Tags der Franken 2015. Die Fassade des Universitätssitzes bröckelt, die Renovierung ist ungewiss - trotz Frankentag. Ob deshalb Erlangens junger SPD-Oberbürgermeister Florian Janik schon im Vorfeld gesagt hatte, er könne auf die Veranstaltung gut verzichten?
Und auch „eine politische Botschaft formulieren“, wie es sich Janik eigentlich von dem jährlichen Festtag gewünscht hätte, kam auch heuer nicht. Weder nach gleichwertigen Lebensbedingungen in allen Regionen Bayerns, noch nach gleichmäßiger Verteilung der staatlichen Fördermittel.
"Absurde Vorwürfe"
Die Staatsregierung kenne ja nicht einmal mehr die einstimmig beschlossene Forderung des Landtags, „mit der fachlichen Begleitung des ,Tags der Franken‘ sowie der Unterstützung der bürgerschaftlichen und kommunalen Beiträge zu diesem Tag das Haus der Bayerischen Geschichte zu beauftragen“, moserte Helmut Ritzer. Ludwig Unger, der Sprecher des zuständigen bayerischen Kultusministeriums nennt „jegliche Vorwürfe, Franken werde vom Haus der Bayerischen Geschichte zu wenig unterstützt, falsch, ja absurd“ und verweist auf die Landesausstellungen in Franken mit fränkischen Themenschwerpunkten. Und „die Veranstaltung von Festen gehört nicht zur Kernkompetenz des Hauses der Bayerischen Geschichte“, das sich dafür „nicht qualifiziert weiß“.
Robert Gattenlöhner meint denn auch: „Die Veranstaltung können wir uns sparen für die Zukunft.“ Seine Partei für Franken (PfF) und der Fränkische Bund denken deshalb bereits „über eine Gegenveranstaltung nach. Durch diese sollten sich die Menschen endlich wieder bewusst machen: Wir Franken waren früher die Nummer 1 in Deutschland.“ Das selbstbewusste Vertreten dieser fränkischen Identität gegenüber der Regierung in München fehlt dem PfF-Vorsitzenden total.
(Heinz Wraneschitz)
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