Kultur

Marine Prudenskaja sang mit mit wunderbarem Mahler-Ausdruck. (Foto: Martin Siegmund)

13.03.2017

Energiegeladene Totenfeier

Die Nürnberger Symphoniker begeistern mit Mahlers Zweiter

Als vor anderthalb Jahren Valery Gergiev mit Gustav Mahlers 2. Symphonie seinen Chefposten bei den Münchner Philharmonikern antrat, herrschte  in der Philharmonie größtmögliche Erwartung. Jetzt hat der langjährige Chef der Nürnberger Symphoniker Alexander Shelley mit der monumentalen Chorsymphonie (wenn auch in Erwin Steins reduzierter Orchesterbesetzung) die Monate seines Abschieds eingeläutet. Ende der Spielzeit geht er nach Canada, sein Nachfolger steht für 2018/19 in den Startlöchern: Kha Chun Wong aus Singapur, empfohlen durch den Bamberger Gustav-Mahler-Dirigierwettbewerb. Mahlers Zweite also, bei den Symphonikern zum ersten Mal und mit vielen Aushilfen: in der Nachfolge von Beethovens Neunter nicht nur eine Symphonie, eher schon eine musikalisch-religiöse Feier, die an die „letzten Dinge“ rührt und in Anlehnung an Friedrich Klopstocks Verse „Auferstehung“ heißt. Nach passenden Worten hatte Mahler lange gesucht, bei der Trauerfeier für den in Kairo verstorbenen Dirigenten Hans von Bülow traf ihn Klopstocks Text wie ein Blitz: „Auferstehn, ja auferstehn wirst du, mein Staub, nach kurzer Ruh!“ Keine Totenfeier, aber seinen Abschied zelebrierte Shelley damit in zwei ausverkauften Vorstellungen in der Nürnberger Meistersingerhalle. Er war beliebt in Nürnberg wegen seiner unkonventionell-frischen Art. Aber sein Repertoire mag sich erschöpft haben, auch  in der Neuen Welt wird er neben Kent Nagano ein aufgeschlossenes Publikum dafür finden. Und so begann der über 20 Minuten lange erste Satz („mit durchaus ernstem und feierlichem Ausdruck“) in forsch voranschreitendem Tempo und auf Monumentalität zielendem Ausdruck, ein wenig hastig und auf die musikalischen Höhepunkte konzentriertMehr Phrasierungssorgfalt galt der „Wunderhorn“-Poesie, auch sinnstiftende Artikulation. So stürmt denn diese „Todtenfeier“ mit Energie voran, nicht immer wird  nach wirklich bewegender Dramaturgie gefragt. Die Symphoniker  aber geben alles an Bravour,  auch einigen Charme für die Wunderhorn-Poesie, diese Jean-Paul-hafte Wunderlichkeit des „gemächlichen“ zweiten Satzes und für die Skurrilität der „Fischpredigt“. Shelley führt souverän und eloquent den Notentext vor, weniger verstörend als unterhaltsam. Aber die Wiedergabe legt je länger je mehr an Intensität zu, besonders weil Marine Prudenskaja (früher in Nürnberg,  lange schon an der Deutschen Oper Berlin) das „Urlicht“ mit wunderbarem Mahler-Ausdruck singt. Da hat die Aufführung an Tiefe gewonnen, an  sprachlicher Sinnhaftigkeit, entwickelt  feierlichen Zauber und  Andacht mit dem Fernorchester und dem bedachtsamen Einsatz des Chors, zu dem sich die Besten der drei Nürnberger Laienchöre zusammenfinden: Ihre Mitwirkung war Ausdruck bürgerlichen Selbstbewusstseins, wie es sich im 19. Jahrhundert entwickelt hatte – gemeinschaftliche Teilhabe und Teilnahme an Kunst, auch religiöse Andacht im Konzertsaal. Der exzellent einstudierte Chor (Gordian Teupke), die beiden Solistinnen  (neben Prudenskaja auch Ania Vegry aus Hannover), Shelleys optimale Übersicht summierten sich zu maximaler Feierlichkeit. Aus der findet Shelley schnell zu seinem blumenstraußwerfenden Charme zurück. (Uwe Mitsching)

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