Truore Boukary kommt aus Mali. 2015 floh der 28-Jährige aus dem konfliktreichen Land nach Deutschland. Um schnell eine Arbeit zu finden, lernte er an der Volkshochschule Deutsch und stellte sich bei Firmen in der Region vor – mit Erfolg. Burkhard Braun aus Schrobenhausen wollte ihn 2016 als Hilfsarbeiter zum damaligen Mindestlohn von 8,50 Euro einstellen. Nach fünf Wochen kam die Antwort der Bundesagentur für Arbeit (BA): Die Beschäftigung könne nicht gestattet werden, „weil die Entlohnung nicht den ortsüblichen Bedingungen“ entspreche. Das wären im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen zwölf Euro pro Stunde – doch so viel verdient keiner von Brauns Hilfsarbeitern. Diese Realsatire verwunderte auch den Landtag. „Wie schätzt die Staatsregierung die Tatsache ein, dass vonseiten der BA Beschäftigungsanträge aufgrund einer Unterschreitung des ortsüblichen Arbeitsentgelts abgelehnt werden?“, wollte Eva Gottstein (Freie Wähler) wissen.
Das Arbeitsministerium antwortet, laut Regionaldirektion Bayern habe die BA allein im Zeitraum von Januar bis Oktober 2016 623 Asylbewerbern und Geduldeten die Zustimmung zur Arbeitsaufnahme wegen nicht ausreichender Einhaltung des Arbeitsentgelts oder der Arbeitszeit verweigert. Eine weitere Differenzierung werde nicht vorgenommen, „sodass eine exakte Zahl zu den Ablehnungen aufgrund der Unterschreitung des ortsüblichen Arbeitsentgelts nicht verfügbar ist“, heißt es in der Antwort. Begründet wird die Ablehnung damit, dass „Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare inländische Beschäftigte“ beschäftigt werden sollen. Die Staatsregierung möchte daran nichts ändern: Dadurch würden Migranten vor Ausbeutung geschützt und Inländern der Arbeitsplatz gesichert.
Ein weiteres Phänomen in Bayern: Asylbewerbern mit einem festen Arbeitsplatz wird zunehmend die Arbeitserlaubnis entzogen – insbesondere Senegalesen, Afghanen und Irakern, schreibt Peter Bauer (Freie Wähler) in seiner Anfrage. Erst im April sorgte der Fall des 34-jährigen Flüchtlings Nurullah Burhani aus Afghanistan für Aufsehen, der trotz eines Ausbildungsplatzes in Moosburg (Landkreis Freising) wegen schlechter Bleibeperspektive ein Arbeitsverbot auferlegt bekam. „Eine feste Arbeitsstelle ist doch unerlässlich und Grundvoraussetzung für eine gute, funktionierende Integration“, findet Bauer.
Immer mehr Asylbewerbern wird die Arbeitserlaubnis entzogen
Die Staatsregierung führe keine Statistiken über Asylbewerbern erteilte oder versagte Beschäftigungserlaubnisse, schreibt das Innenministerium in seiner Antwort. Das Ressort von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist dennoch überzeugt, dass Asylbewerbern aus Senegal, Afghanistan oder dem Irak nicht zunehmend die Arbeitserlaubnis entzogen wird. „Allerdings wurde 2015 bestimmt, dass Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsstaaten, worunter der Senegal fällt, Beschäftigungserlaubnisse aus migrationspolitischen Gründen grundsätzlich nicht mehr zu erteilen oder zu verlängern sind.“ Ihnen soll auch während des Asylverfahrens die Arbeitsaufnahme nicht erlaubt werden. Lediglich bei Irakern solle wegen der hohen Bleibeperspektive bei der Arbeitserlaubnis „zugunsten des Antragsstellers“ entschieden werden. „Die Integrationsbemühungen der Staatsregierung richten sich vorrangig an anerkannte Asylbewerber und solche mit guter Bleibeperspektive“, macht die Staatsregierung klar.
Der Malier Boukary darf jetzt trotzdem arbeiten. Auf Druck des Landrats Roland Weigert (Freie Wähler) wurde der Antrag von der BA doch noch genehmigt. Und auch der Afghane Burhani darf sich Hoffnungen machen. Er hat als erster Flüchtling in Bayern gegen das Ausbildungsverbot
(siehe Infokasten) geklagt – und Recht bekommen. Das Landratsamt Freising muss den Fall jetzt neu prüfen.
(David Lohmann)
INFO: Regelungen zur Asyl-Beschäftigungspolitik
In Bayern konnten bis September letzten Jahres 39 376 Flüchtlinge beruflich vermittelt werden – davon 20 200 in Arbeit, 15 050 in Praktika und 4126 in Ausbildung. Ziel bis 2019: 60 000 Menschen.
Arbeitserlaubnis: Nach dem Bundesrecht (§ 61 AsylG) kann Asylbewerbern nach drei Monaten rechtmäßigen Aufenthalts eine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden, wenn die Ausländerbehörde und die Bundesagentur für Arbeit (BA) zustimmt.
3+2-Regelung: Geduldete können mit Erlaubnis der Ausländerbehörde ab dem ersten Tag eine dreijährige betriebliche Ausbildung aufnehmen. Es dürfen aber keine konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen, und der Geduldete darf aus keinem sicheren Herkunftsland kommen. Wird der Geduldete nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung als Fachkraft weiterbeschäftigt, erhält dieser ein Aufenthaltsrecht für zwei weitere Jahre.
Auslegung: Bayern legt vor allem den Punkt „konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung“ sehr streng aus. Auch werden Ausbildungen, die mehr als drei Monate vor Beginn beantragt werden, nicht mehr anerkannt. Beide Maßnahmen sollen wohl verhindern, dass eine Abschiebung kurzfristig durch ein Arbeitsangebot verhindert wird.
Handreichung: Die Wohlfahrtsverbände in Bayern haben im März ein Schreiben des Sozialministeriums bekommen: Statt Flüchtlingen juristische Tipps gegen die Abschiebungen zu geben, sollten die Verbände über die Ausreisepflicht aufklären. (loh)
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