Landtag

Im Tausch gegen Aufenthaltstitel bekamen Beamte im Oberallgäu edles Gebäck, Oktoberfest-Gutscheine und Fußballtickets. (Foto: dpa)

24.11.2017

Gefälligkeiten gegen Wiesn-Gutscheine

Korruption im öffentlichen Dienst gibt es auch in Bayern – allein im Geschäftsbereich des Innenministeriums wurden deswegen fünf Disziplinarverfahren durchgeführt

Korruption ist allgegenwärtig. Auch in bayerischen Amtsstuben werden immer wieder Fälle von Bestechung öffentlich. So fischte zum Beispiel einmal ein Kriminaloberkommissar aus Augsburg im Gegenzug für ein Sportgewehr geheime Daten ab. Ein Polizist aus Nürnberg versorgte den Betreiber einer Table-Dance-Bar als Gegenleistung für freien Eintritt mit Polizeiinformationen. Und im Oberallgäu hat der Leiter des Ausländeramtes für Oktoberfest-Gutscheine unrechtmäßige Aufenthaltstitel vergeben.

„Das Thema Korruption in der öffentlichen Verwaltung sollte regelmäßig beobachtet werden, da die Gefahr besteht, dass Korruptionsfälle das Ansehen des öffentlichen Dienstes insgesamt beschädigen“, verlangt Harald Güller (SPD). Der Landtagsabgeordnete wollte daher von der Staatsregierung wissen, wie viele Ermittlungsverfahrung gegen Bedienstete der Staatsverwaltung wegen Korruption eingeleitet wurden.

Das Innenministerium kann keine genauen Zahlen liefern. Die Geschäftsstatistik der Staatsanwaltschaften enthalte dazu keine Informationen. Insgesamt seien wegen Korruptionsdelikten wie Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung oder Bestechung in Bayern im Zeitraum zwischen 2015 und 2016 43 Personen verurteilt worden. Zusätzlich wurden im selben Zeitraum 206 Ermittlungsverfahren neu eingeleitet.

Die SPD fordert einen umfangreichen Bericht über Korruptionsprävention

Im Geschäftsbereich des Innenministeriums wurden durch das Münchner Polizeipräsidium in den letzten zwei Jahren aber wegen Korruption und korruptionsnahen Delikten fünf Disziplinarverfahren durchgeführt. In vier Fällen wurden die Dienstbezüge beziehungsweise das Ruhegehalt gekürzt, in einem Fall auf Aberkennung des Ruhegehalts geklagt. Zusätzlich hat die Landesanwaltschaft im selben Zeitraum eine Disziplinarmaßnahme (Bezügekürzung) und drei Klagen (eine auf Zurückstufung und zwei auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis) erhoben.

Hinzu kommt ein Disziplinarverfahren im Geschäftsbereich des Finanzministeriums, bei dem der betroffenen Person im Anschluss die Dienstbezüge gekürzt wurden. Im Geschäftsbereich des Justizministeriums sind keine Disziplinarverfahren verhängt worden. Nicht erfasst wurden in allen Bereichen Maßnahmen der Dienstvorgesetzten, die nicht auf die Landesanwaltschaft übertragen wurden.

Besonders korruptionsgefährdet sind nach Einschätzung der Staatsregierung Behörden, die häufig Außenkontakte zu Personen haben. Des Weiteren Behörden, die über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Fördermitteln oder Genehmigungen und Erlaubnisse entscheiden. Und nicht zuletzt Behörden wie das Finanzamt, die Gebühren erheben, die Dritte in größerem Umfang belasten oder die Informationen verarbeiten, die für Dritte von besonderer Bedeutung sind, beispielsweise die Polizei. Eine Aktualisierung der Korruptionsbekämpfungsrichtlinie (siehe Infokasten) hält die Staatsregierung nicht für notwendig.

Welche Behörden einen Ansprechpartner für Korruptionsprävention haben, kann das Ministerium nicht sagen. Im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts könnten sie selbst entscheiden, ob eine solche Ansprechstelle oder eine alternative weisungsfreie Anlaufstelle eingerichtet wird. „Im Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung ist bis auf neun Behörden für alle Dienststellen ein Ansprechpartner für Korruptionsprävention bestellt“, heißt es in der Antwort. In den restlichen Behörden werde diese Aufgabe von der jeweiligen Behördenleitung übernommen.

„Die Antwort zeigt, dass wir einen besseren Überblick über Korruptionsfälle bekommen müssen“, sagt SPD-Mann Güller der Staatszeitung. Er fordert die Staatsregierung auf, sich am Bund ein Beispiel zu nehmen. Auch dort gebe es zwar noch viel zu tun. „Aber immerhin erstellt die Bundesregierung jedes Jahr einen umfangreichen Bericht über Korruptionsprävention.“ (David Lohmann)

INFO: Korruptionsbekämpfungsrichtlinie
Die Korruptionsbekämpfungsrichtlinie (KorruR) ist 2004 in Kraft getreten. Sie gilt für alle bayerischen Behörden und Gerichte. Kommunen wird die Anwendung empfohlen. Im Wortlaut heißt es darin:

1) Zeigen Sie durch Ihr Verhalten, dass Sie Korruption weder dulden noch unterstützen.
2) Wehren Sie Korruptionsversuche sofort ab und informieren Sie unverzüglich Ihre Vorgesetzten.
3) Vermuten Sie, dass jemand Sie um eine pflichtwidrige Bevorzugung bitten will, so ziehen Sie einen Kollegen als Zeugen hinzu.
4) Arbeiten Sie so, dass Ihre Arbeit jederzeit überprüft werden kann.
5) Trennen Sie Dienst und Privatleben. Prüfen Sie, ob Ihre Privatinteressen zu einer Kollision mit Ihren Dienstpflichten führen.
6) Unterstützen Sie Ihre Dienststelle bei der Entdeckung und Aufklärung von Korruption. Informieren Sie Ihre Vorgesetzten bei konkreten Anhaltspunkten für korruptes Verhalten.
7) Unterstützen Sie Ihre Dienststelle beim Erkennen fehlerhafter Organisationsstrukturen, die Korruption begünstigen.
8) Lassen Sie sich zum Thema Korruptionsprävention fortbilden.
9) Informieren Sie sich über die geltenden Regelungen zur Korruptionsprävention.

Konsequenzen bei Nicht-Befolgen können Degradierung, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts sein. (loh)

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