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Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes kämpft für die 47 000 Opfer weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland. (Foto: dpa)

25.08.2017

Sorge vor 'Ferienbeschneidungen'

Immer mehr Mädchen und Frauen in Bayern sind von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen oder bedroht

In Deutschland leben rund 47 000 Opfer weiblicher Genitalverstümmelung (siehe Infokasten). Das geht aus einer vom Bundesfrauenministerium geförderten Studie hervor. Damit ist die Anzahl der betroffenen Frauen durch die Zuwanderung seit 2014 um 30 Prozent gestiegen. Nach Schätzungen des Ministeriums sind aktuell auch zwischen 1500 und 5700 Mädchen, die in Deutschland leben, von Genitalverstümmelung bedroht. Der Staatssekretär Ralf Kleindiek aus dem Bundesfrauenministerium nennt das Prozedere eine „schwere Menschenrechtsverletzung“. „Das verursacht unfassbare körperliche Qualen und seelisches Leid“, sagt Kleindiek. Die bayerische SPD-Frauenpolitikerin Simone Strohmayr wollte jetzt von der Staatsregierung wissen, wie viele Frauen im Freistaat betroffen sind.

Amtliche Statistiken zur Anzahl der von Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen und Frauen gibt es laut Gesundheitsministerium nicht. Es wurden daher die Zahlen der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes auf Bayern übertragen. Das Ressort von Melanie Huml (CSU) schätzt daher, dass 2016 rund 9300 betroffene und gefährdete Mädchen und Frauen in Bayern leben – 2600 mehr als noch 2015. 1998 waren sogar nur halb so viel Mädchen und Frauen betroffen oder bedroht wie im letzten Jahr. „Der Trend und die Zahlenangaben müssen jedoch vorsichtig interpretiert werden“, heißt es in der Antwort. Eine differenzierte Ausweisung von Gefährdeten und Betroffenen sei nicht möglich. 2016 ging das Ministerium noch von rund 1500 gefährdeten Mädchen unter 18 Jahren aus.

2016 waren rund 9300 Mädchen und Frauen in Bayern betroffen oder gefährdet

Zum Schutz der Jugendlichen existieren in Bayern laut Staatsregierung viele Beratungs- und Interventionsangebote. „Die drohende weibliche Genitalverstümmelung als körperliche Gewalt stellt eine Kindeswohlgefährdung dar, bei welcher die Jugendämter unmittelbar ihrem Schutzauftrag nachkommen“, schreibt das Gesundheitsministerium. Die Fachkräfte hätten den Überblick über weitere regionale Hilfeleistungen. Bleibt die Frage, wie die Mitarbeiter rechtzeitig von der Genitalverstümmelung erfahren. Sowohl bei den Frühen Hilfen, der Kinderschutzambulanz und der Weiterbildungsordnung für Ärzte spielt das Thema nur eine untergeordnete Rolle.

SPD-Abgeordnete Strohmayr mahnt deshalb mehr Sensibilität der Behörden beim Thema Genitalverstümmelung an. „Es müssten beispielsweise mehr Übersetzer zur Verfügung stehen, um das Thema eingehend zu behandeln“, mahnt sie. Vielen Opfern sei die Thematik peinlich, weshalb es ebenso eine Vertrauensperson zum Beispiel im Kreis der Flüchtlingshelfer brauche. Auch spezielle Schulungen für Lehrkräfte und das Personal in Kindergärten könnten nach Ansicht von Strohmayr präventiv helfen. Bislang fehlten solche Angebote in Bayern völlig. Terre Des Femmes fordert, Fachpersonal bereits im Rahmen der Ausbildung beziehungsweise des Studiums über Genitalverstümmelung zu informieren.

Um die sogenannten „Ferienbeschneidungen“ im Ausland zu erschweren, trat am 15. Juli ein neues Passgesetz in Kraft. Vorher konnten in Deutschland lebende Familien in den Ferien in ihre Herkunftsländer reisen, um dort an den Mädchen eine Genitalverstümmelung durchführen zu lassen. Wer jetzt mit Mädchen oder Frauen ins Ausland reisen will, um dort eine Genitalverstümmelung vornehmen zu lassen, dem droht künftig der Entzug des Passes. „Eindeutige Beweise sind hierfür nicht notwendig, allerdings reichen reine Vermutungen und die bloße Möglichkeit nicht aus“, erklärt das Bundesfrauenministerium auf Anfrage der Staatszeitung schwammig. Ob jemals wegen Genitalverstümmelung ein Pass entzogen wird, muss sich noch zeigen. Bisher liegen dem Ministerium dazu keine Zahlen vor. (David Lohmann)

INFO: Weibliche Genitalverstümmelung
Anzahl: Aktuell gibt es weltweit rund 200 Millionen beschnittene Mädchen und Frauen. Jedes Jahr werden rund drei Millionen weitere an ihren Genitalien verstümmelt – die meisten davon sind unter 15 Jahren. Aufgrund der Tabuisierung dürfte die Dunkelziffer weitaus größer sein.

Vorgehen: Bei der Genitalverstümmelung wird die Klitoris ganz oder teilweise amputiert. Das geschieht in einem Viertel der Fälle durch Laien wie traditionellen Heilern mit Messern, Rasierklingen oder Glasscherben – oft unter unhygienischen Bedingungen und ohne Betäubung. In einigen Ländern werden sogar die Schamlippen abgetrennt. Neben starken Schmerzen und psychischen Schäden führt die Behandlung nicht selten zum Tod.

Gründe: Neben ästhetischen Vorstellungen die Unterdrückung der weiblichen Sexualität, medizinischer Aberglaube, Tradition und Religion. Die Genitalverstümmelung ist nicht nur unter Muslimen, sondern auch unter Christen, äthiopischen Juden und Anhängern traditioneller Religionen verbreitet.

Gesetze: Die Genitalverstümmelung ist zwar in den meisten Staaten verboten – darunter in der gesamten Europäischen Union. Verbreitet ist die Praxis dennoch vor allem in Eritrea, Irak, Somalia, Ägypten, Äthiopien, Jemen, Indonesien und Malaysia.

Folgen: Einschränkung des sexuellen Empfindens, Schmerzen beim Vaginalverkehr, Menstruationsbeschwerden, Komplikationen bei Geburten, Unfruchtbarkeit. (loh)

Kommentare (1)

  1. Alex P. am 29.08.2017
    Tja, so sind sie halt die "Goldjungs" aus den genannten Ländern. Alles Ärzte, Architekten, Studenten, Lehrer. Komische Bräuche haben diese Leute. Nur noch abstossend und unerträglich.
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