Sobald Pascal Rösler Müll entdeckt, muss er ihn aufsammeln. Durchgeweichte Plastikverpackungen, alte Bierdeckel und kleine Metallteile: Als er das Münchner Isarufer verlässt, ist seine Hand voller Abfall. Auch an diesem strahlenden Sommertag, mit der warmen Brise um die Nase, bleibt er aufmerksam. "Ich
finde es wichtig, bewusst durch die Natur zu gehen." Diese Einstellung hat er inzwischen zu seiner Profession gemacht - am 11. Mai gründete er den gemeinnützigen Verein "Pure Water for Generations".
Der Weg dahin war lang. Um genau zu sein: 500 Kilometer. Vor knapp einem Jahr beschloss der 44-Jährige, von der bayerischen Landeshauptstadt nach Wien zu paddeln - auf einem Stand-Up-Paddle-Board, also stehend auf einer Art Surfbrett. "Das war wie ein Weckruf", erzählt Rösler. Auf dem Wasser hatte er viel Zeit zum Nachdenken, über sich und die Natur. Dass da einiges schief läuft, dachte er. "Früher sind Flößer in fünf Tagen von Wolfratshausen nach Wien geflossen. Ich habe mit meinem Paddel zwölf Tage gebraucht." Man habe dem Fluss seine Kraft genommen, erklärt er. Rund 8500 Euro Spenden sammelte Rösler während der Reise im letzten Jahr, das Geld ging an den Bayerischen Naturschutzfonds. "Aber ich wollte etwas Eigenes starten."
Darin hat Rösler Erfahrung: Der Münchner ist selbstständig, leitet ein Unternehmen, das auf Vertriebsthemen spezialisiert ist. Als er im letzten Jahr merkte, dass er trotz großer persönlicher Opfer, viel Stress und langen Arbeitszeiten kaum vorankam, machte er einen Schnitt: reduzierte die Mitarbeiterzahl, konzentrierte sich auf das Wichtigste. Nun hat er Erfolg - und kann es sich leisten, die Geschäfte für zwei Monate seinen drei Mitarbeitern zu überlassen.
Die Umweltministerin will zum Start kommen
Denn er hat neue Ziele: Zuerst das Schwarze Meer. Am 20. Juli, genau ein Jahr nach der Wien-Reise, wird Rösler mit seinem Board von München in Richtung Wien, Bratislava, Budapest und Belgrad aufbrechen. Auch Umweltministerin Ulrike Scharf habe angekündigt, beim Start dabei sein zu wollen. Ende September möchte er das Donaudelta in Rumänien erreichen - alles für den guten Zweck.
Während der zwei Monate wird Rösler sich auf das Wichtigste beschränken: Sein Gepäck besteht aus zwei Shorts, zwei T-Shirts, ein paar Drogerieartikeln und "leider ein bisschen Elektronikzeug zum Aufladen des Schnickschnacks". Damit sind Handy, Kamera und GPS-Tracker gemeint. Über Röslers Homepage wird sein Aufenthaltsort ständig sichtbar sein. Einmal am Tag wird er einen Kollegen in München anrufen, der über die Reise bloggt. Ansonsten bleibt das Telefon aus. Der einzige Luxus, den Rösler sich gönnt: die Hanflederne samt Hemd und Trachtenschuhen.
Entlang der Reisestrecke werden ihn immer wieder Freunde, Paddler, Sportler und Künstler begleiten - unter ihnen der zwölfmalige Schwimm-Weltmeister und Olympia-Zweiter Thomas Lurz. Zwischen Freising und Landshut haben sich rund 30 Mitpaddler angekündigt. Von allen erhofft Rösler sich Spenden für seinen Verein.
Aufklärung gehört zum Wasserschutz
Dessen Ziel ist weiter als Röslers Strecke. Drei Schwerpunktthemen hat sich "Pure Water for Generations" gesetzt: die Renaturierung von Flüssen, Wasser-Bildung und internationale Wasserprojekte. "Die Flussbegradigungen der letzten Jahrzehnte waren ein Fehler", sagt Rösler. "Das muss rückgängig gemacht werden." Stück für Stück sollten Gewässer wieder in ihren Naturzustand zurückversetzt werden.
Aber auch Aufklärung, vor allem junger Menschen, ist für Rösler ein wichtiger Schritt zum Wasserschutz. Mit Wandertagen und Aufklärungsprojekten in Kindergärten und Schulen will er Buben und Mädchen für Wasser begeistern - und auch im größeren Kontext sensibilisieren. Beispielsweise für den eigenen Konsum: Das Plastik in den Meeren komme ja nicht von irgendwo her, sagt Rösler.
Sein Weg zum Umweltschützer war kein geradliniger: "Ich bin eigentlich gelernter Bank- und Diplomkaufmann", erzählt er. Die Finanzkrise habe er live miterlebt. "Dieses ganze Umfeld hat mich extrem abgeschreckt." Die Tour nach Wien, die viele Zeit auf dem Wasser, hat ihn sensibilisiert. Sein großes Anliegen: Den Menschen ihre Umwelt bewusst zu machen.
"Manche sehen die Isar und denken sich, ach schön. Wissen aber gar nicht, welche Arbeit es war, das Wasser wieder so sauber zu bekommen." Bereits in den 80er Jahren hatte der Münchner Stadtrat eine naturnahe Umgestaltung der Isar beschlossen - 2011 wurde das Projekt abgeschlossen. "Auch damals waren es einzelne Menschen, die angefangen haben", sagt Rösler. Er selbst will nicht im Mittelpunkt des Wasserprojekts stehen - aber einen Vorreiter brauche es nun mal immer.
(Klara Weidemann, dpa)
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