Politik

30.03.2012

Auch nach der Mordserie der Neonazis – für den Verfassungsschutz gilt weiter: Der Feind steht links!

Freibier für Schlapphüte!

Der Kampf geht weiter. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellt den Verfassungsschutzbericht vor, und Aida darf nicht fehlen. Der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e.V. werden seit Jahren vom Landesamt für Verfassungsschutz „linksextremistische Bestrebungen“ unterstellt. In dem jetzt präsentierten Bericht 2011 heißt es gar, der Verein „gibt vor, hierbei politische Bildungsarbeit zu leisten“. Für diese „vorgebliche“ Bildungsarbeit wurde Aida unter anderem bereits von der Landeshauptstadt München ausgezeichnet.
Robert Andreasch, der bekannteste Kopf von Aida, glaubt, die Erklärung zu kennen. Im Magazin Muh spricht er von einem „Konkurrenzphänomen“. Aida sei bei der Aufklärung über die Neonazis einfach kompetenter als der Verfassungsschutz, und das habe sich herumgesprochen.


Total verdächtige Kneipe


Tatsächlich ist bereits das Inhaltsverzeichnis des Verfassungsschutzberichts denkwürdig: Die zehn Morde des Zwickauer Nazitrios, von denen drei in Nürnberg und zwei in München begangen wurden, werden auf drei Seiten abgehandelt – Aida, wird mit einer ganzen Seite bedacht.
Wasser auf die Mühlen der Neonazis, wie BR-Reporter und Rechtsextremismusexperte Thies Marsen bestätigt: „Wenn der Verfassungsschutz in seinem Bericht Aida als ‚linksextrem‘ einordnet, wird das natürlich von Neonazis begierig aufgegriffen, um Aidas Arbeit zu delegitimieren.“
Auch der Regensburger Journalist Stefan Aigner traute seinen Augen kaum, als er sich im Verfassungsschutzbericht wiederfand. Zwar nicht namentlich, doch ist ein Veranstaltungsplakat abgebildet, das für ein Punkkonzert im Regensburger „Lederer“ warb – Aigner ist Mitbegründer dieser Institution, die sich unter anderem der politischen Bildungsarbeit verschrieben hat. Aber vermutlich gibt sie das auch nur vor, so wie Aida. Schließlich widmet sich auch das „Lederer“ der Aufklärung über die Neonazis – wenn das nicht verdächtig ist!
Aigner kann nur noch lachen über einen Verfassungsschutz, der ausgerechnet diejenigen zu kriminalisieren versucht, die die Demokratie gegen Neonazis verteidigen: „Wir werden demnächst eine Party veranstalten, bei der wir Verfassungsschützer (Nachweis durch Dienstausweis oder Schlapphut) zu Freibier einladen. Dann können sie sich vor Ort ein Bild von den umstürzlerischen Plänen machen, die im ‚Lederer‘ geschmiedet werden und von den Verfassungsfeinden, die sich dort aufhalten. Gerne stelle ich mich gegen angemessene Bezahlung auch als V-Mann zur Verfügung.“ (Florian Sendtner)

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