Man kann sie mögen oder nicht: Windkraftanlagen liefern im Vergleich zu anderen regenerativen Erzeugungsarten am meisten Strom – wenn der Wind auch wirklich kräftig bläst. Völlig zu Recht hatte nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima der damalige bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) das Ziel von 1500 Windrädern für Bayern ausgegeben.
Inzwischen hat sich der Wind im Freistaat gedreht, und man fragt sich, wo der Strom herkommen soll, wenn in ein paar Jahren die Atommeiler abgeschaltet werden. Die großen Stromautobahnen, die Windstrom von der Küste in den Freistaat bringen sollen, werden kaum rechtzeitig fertig sein. Deshalb ist es überaus bedauerlich, dass vor Kurzem ein Vorbildprojekt für ganz Bayern gestoppt wurde: Das interkommunale Windkraftkonzept für den Landkreis Fürstenfeldbruck ist beendet. Die betroffenen Gemeinden im Westen des Landkreises fürchteten um ihre land- und forstwirtschaftliche Nutzung.
Dabei hatte das Pilotprojekt vor sieben Jahren verheißungsvoll begonnen. Auf Initiative von Landrat Thomas Karmasin (CSU) begannen 21 von 23 Kommunen für Windkraftanlagen gemeinsam zu planen.
Das Windkraft-Aus in Fürstenfeldbruck ist kein Einzelfall, sondern spiegelt den aktuellen Trend wider. Zwar sind in Bayern von Januar bis März 2017 mit 50 Anlagen so viele neue Windräder ans Netz gegangen wie noch nie. „Doch allzu viele werden in den nächsten Jahren nicht mehr folgen. Die Pipeline leert sich“, bedauert Raimund Kamm, Landesvorsitzender des Bundesverbands Wind-Energie (BWE).
48 dieser Windräder wurden beantragt, bevor die Staatsregierung zum Stichtag 4. Februar 2014 mit der umstrittenen 10H-Regelung den Bau neuer Windanlagen in Bayern deutlich erschwerte. 10H besagt, dass der Mindestabstand eines Windrads zur nächsten Wohnsiedlung mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss – bei einer Rotorhöhe von 200 Metern also zwei Kilometer.
Windkraft ist im Freistaat eh nicht der Knaller
Im Freistaat liegen laut Kamm derzeit 136 Genehmigungen für neue Windräder vor, die noch nicht gebaut sind. Außerdem seien 78 Genehmigungsverfahren noch nicht entschieden. 2016 wurden bayernweit nur 43 Windräder beantragt, allein im ersten Quartal 2014 hatte es noch 150 Anträge gegeben. Kamm wirft der Staatsregierung vor, die Energiewende zu torpedieren.
Doch auch die von der Bundesregierung beschlossene neue Ausschreibungspraxis für Windkraftanlagen bremst den Windkraft-Ausbau. So sieht es jedenfalls der ehemalige unterfränkische Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell, Präsident der Energy-Watch Group (EWG). In der ersten Ausschreibungsrunde, zwei weitere sind für dieses Jahr noch geplant, seien die Hauptzuschläge nach Norddeutschland gegangen. Fell und Kamm wollen, dass der Bund hier nachbessert. Denn wegen geringerer Windgeschwindigkeiten müssen im Süden die Anlagen höher und die Rotoren größer sein. Diese Mehrkosten von bis zu einer Million Euro pro Anlage werden aber bei den Ausschreibungen durch die Bundesnetzagentur leider nicht berücksichtigt.
Unstrittig ist, dass Bayern bei der Windkraft deutschlandweit nicht die Nase vorn hat. „Nach der regionalen Verteilung gingen sieben Windkraftanlagen mit insgesamt 21,4 Megawatt Leistung nach Bayern und Baden-Württemberg – zwei Zuschläge für Bayern“, erklärt Wilfried Schober, Sprecher des bayerischen Gemeindetags. Insgesamt gab es 70 Zuschläge mit über 807 Megawatt Leistung.
Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW), nennt die Bedeutung der Windkraft für Bayern deshalb überschätzt: „Nicht alles, was immer groß aussieht und sich manchmal auch dreht, erzeugt auch ständig viel Strom. Die Dinger stehen ja tagelang still.“ Ohne Langfristspeicher leiste die Windkraft keinen substantiellen Beitrag zur Versorgungssicherheit. „Aber wir schaffen es ja derzeit nicht einmal, ein kleines Pumpspeicherkraftwerk in die schönen oberbayerischen Berge zu bauen“, so Fischer.
Es sind also endlich mutige energiepolitische Entscheidungen nötig. Der Freistaat sollte die Geothermie stärken. Die Bohrungen sind zwar teuer, aber die Anlagen liefern konstant Strom. Und auf europäischer Ebene sollte die Vernetzung von Ökostrom vorangehen. Damit nirgendwo die Lichter ausgehen.
(Ralph Schweinfurth)
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