Politik

Gerda Hasselfeldt, CSU-Landesgruppenchefin in Berlin: "Weder die Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft noch der Abzug der CSU-Minister aus der Bundesregierung sind hilfreiche Optionen"

29.10.2015

"Debatte zur Unzeit"

CSU-Politiker weisen Spekulationen über Koalitionsbruch zurück

Führende CSU-Politiker haben Spekulationen über einen drohenden Bruch der großen Koalition wegen der Flüchtlingspolitik zurückgewiesen: "Die Drohgebärden sind ein Hilfeschrei", sagte der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, im Deutschlandfunk."Die Frage stellt sich jetzt nicht, und das ist auch die Debatte zur Unzeit. Wir müssen jetzt Probleme lösen, ganz praktische Probleme." Dabei gebe es um mehrere Stellschrauben. "In Deutschland geht es um die Transitzonen, die die CSU einfordert." In der EU seien die Sicherung der Außengrenzen und die Zusammenarbeit mit der Türkei zu verstärken.

Hasselfeldt: "Die CSU hat Regierungsverantwortung. Und die nehmen wir wahr"

Die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte, ihre Partei kämpfe angesichts überschrittener Belastungsgrenzen jeden Tag in der Koalition für eine dringend nötige Begrenzung des Zustroms. "Weder die Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft noch der Abzug der CSU-Minister aus der Bundesregierung sind dabei hilfreiche Optionen, deshalb erwägt das auch niemand." Die CSU habe Regierungsverantwortung, sagte Hasselfeldt. "Die nehmen wir wahr." (dpa)

HINTERGRUND: Streit unter Schwestern - immer wieder Krisen zwischen CDU und CSU. Einige Beispiele:

- Aus früheren Jahren sind vor allem Zerwürfnisse zwischen den früheren Parteichefs Helmut Kohl (CDU) und Franz Josef Strauß (CSU) in Erinnerung. 1976 hatte die CSU-Landesgruppe in Wildbad Kreuth beschlossen, ihre Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag aufzukündigen, um sich auf die ganze Bundesrepublik ausdehnen zu können. Nach dreiwöchigem Streit fanden die Parteien wieder zusammen.

- 2004 war vor allem die Sozialpolitik Reizthema. Nach monatelangem Streit einigten sich CDU-Chefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber auf einen Gesundheitskompromiss. Noch wenige Wochen zuvor hatte Stoiber die Eckpunkte des CDU-Modells als "unannehmbar" kritisiert. Auch der damalige Unionsfraktionsvize Horst Seehofer hatte mit wiederholter Kritik an der CDU für Verstimmungen gesorgt.

- 2008 entzweite ein Streit um Steuersenkungen die Schwestern. Um Druck auf die Kanzlerin zu machen, drohte CSU-Chef Seehofer angeblich damit, einen Koalitionsausschuss platzen zu lassen, falls Merkel der CSU-Forderung nach Steuersenkungen nicht nachgibt. Merkel setzte sich damit durch, trotz der Wirtschaftskrise auf rasche Steuersenkungen zu verzichten; Seehofer ließ sich beim Koalitionsausschuss vertreten. 

- 2012 ging Seehofer in Sachen Euro-Rettung auf Konfrontationskurs. Für den Fall weiterer Zugeständnisse an die Euro-Krisenstaaten drohte er mit einem Bruch der Koalition. Merkel mahnte bei der CSU mehrfach Zurückhaltung an. Seehofer: "Dieser Versuch, etwas undiskutierbar zu machen, weil man jemand in die Ecke des Euro-Skeptikers stellt, da werde ich ganz allergisch."

- Lange kämpfte die CSU für ihr Projekt Pkw-Maut gegen Widerstand auch von der Schwesterpartei. Weil die CDU dagegen war, fehlte die Maut 2013 im gemeinsamen Unionsprogramm für die Bundestagswahl. Die CSU nahm sie daraufhin in ihr eigenes Programm auf. Seehofer stellte klar: "Ich unterschreibe als CSU-Vorsitzender nach der Bundestagswahl keinen Koalitionsvertrag, in dem die Einführung der Pkw-Maut (...) nicht drin steht." Merkel konterte in einem TV-Wahlduell: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben." 2014 warnte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer die Schwesterpartei: "Die Geduld der CSU ist langsam aufgebraucht." 2015 wurde die Pkw-Maut beschlossen - ohne dass die Kritik verstummte.

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