Politik

Mit Markus Söder wird künftig abermals ein Franke das Ministerpräsidentenamt bekleiden. Dass er aber als Landesvater das Füllhorn über Franken ausschütten wird, daran glauben nördlich der Donau nur wenige. (Foto: dpa)

14.03.2018

Ein Franke an der Spitze Bayerns

Nördlich der Donau setzen viele auf den "Franken-Versteher" Söder

Günther Beckstein (CSU) hatte einst den Bann gebrochen, mit Markus Söder (CSU) könnte es nun zur bayerischen Normalität werden: Die Zeiten, in denen die Altbayern quasi ein Dauerabonnement auf den Ministerpräsidentenposten hatten, scheinen endgültig vorbei zu sein. Mit Söder wird an diesem Freitag (16. März) innerhalb weniger Jahre bereits der zweite Franke das politische Spitzenamt im Freistaat bekleiden. Viele sehen in ihm freilich weniger einen fränkischen Chef-Lobbyisten, finden aber, dass es nicht schaden kann, einen "Franken-Versteher" an der Freistaatsspitze zu haben.

Dennoch ist von jener Euphorie, wie sie einst Becksteins Wahl im Jahr 2007 begleitet hatte, zwischen Spessart und Fichtelgebirge aktuell wenig zu spüren. Zu tief sitzt bei vielen Franken noch immer die Enttäuschung über das jähe Ende von Becksteins Amtszeit nach nur einem Jahr. Denn die Sorge ist groß, dass die starke oberbayerische CSU den Franken Söder - ähnlich wie im Fall Beckstein - bereits nach der Landtagswahl im Herbst wieder abservieren könnte.

Vage Hoffnung


Manche Franken, wie der Vorsitzende des Fränkischen Bundes, Joachim Kalb, verbindet mit Söder dennoch die vage Hoffnung auf eine stärkere Präsenz fränkischer Interessen am Kabinettstisch. Immerhin hat Söder in Kalbs Augen in der Vergangenheit "gute Ansätze" gezeigt, die seiner Ansicht nach bestehende Benachteiligung Frankens gegenüber Südbayern zu beenden. "Wir warnen aber vor zu hohen Erwartungen und Vorschusslorbeeren." Söder wäre nicht der erste fränkische Politiker, der sich den Oberbayern angebiedert habe.

Vor der naiven Erwartung, dass mit einem Franken an der Spitze der Staatsregierung "nun in Franken Milch und Honig fließen" werden, warnt Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Gerade weil sich Söder stets zu seinem "Fränkisch-Sein und seinem "Nürnberger-Sein" bekannt habe, werde er von allen anderen bayerischen Landsmannschaften sehr präzise beobachtet, ist das Stadtoberhaupt der Frankenmetropole überzeugt.

Ein gewisser Pluspunkt


In einem Punkt habe Franken mit einem Nicht-Oberbayern als Ministerpräsidenten aber vielleicht doch einen gewissen Pluspunkt: "Dadurch, dass Söder Nürnberger ist, kein sozialisierter Münchner und auch nicht in dieser Münchner Politik-Schickeria lebt, wird er sicher einen freieren Blick haben als mancher Oberbayer", ist Maly überzeugt.

Dass Maly künftig bei seinen Besuchen in der Staatskanzlei mit Söder auf seinen langjährigen kommunalpolitischen Kontrahenten trifft, hält das Nürnberger Stadtoberhaupt für kein sonderlich großes Problem: "Diese Wettlaufgeschichten hat es früher gegeben. In den letzten Jahren haben wir ein sehr professionelles, ich würde sagen, ein entspanntes Verhältnis entwickelt", berichtet Maly. Vielleicht sein eigenes, nämlich Malys jahrelanges politisches Fingerhakeln mit dem bisherigen Nürnberger CSU-Chef sogar ein Vorteil: "Das schadet nichts, wenn man den Ministerpräsidenten ein bisschen kennt."

Herkunft spielt keine so große Rolle


Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft fränkischer Oberbürgermeister, der Hofer OB Harald Fichtner (CSU), ist überzeugt, dass die fränkischen Städte, vor allem in strukturschwachen Regionen, mit Söder als künftigem Ministerpräsidenten gut fahren werden. Seine fränkische Herkunft spiele dabei wahrscheinlich gar keine so große Rolle. Trotzdem schadet es nach Fichtners Überzeugung nicht, wenn ein Politiker an der Landesspitze steht, der mit den unterschiedlichen fränkischen Befindlichkeiten vertraut ist und "die fränkische Sprache besser spricht als sein Vorgänger".

Vergleichsweise diplomatisch gibt man sich, was die Erwartungen Frankens an einen fränkischen Ministerpräsidenten angeht, in Unternehmerkreisen. Der Präsident der IHK Nürnberg, Dirk Vopelius, formuliert es so: "Ich gehe davon aus, dass Söder die bayerischen Gesamtinteressen voranstellt - dabei aber seine Heimat nicht ganz vergisst". Ähnlich formuliert es für die Arbeitnehmerseite der Vorsitzende des DGB Mittelfranken, Stephan Doll: "Irgendwie tut es Bayern und Franken gut, dass es auch mal einen fränkischen Ministerpräsidenten gibt."

Ganz nüchtern


Ganz nüchtern sieht dagegen der Vorsitzende der Franken-Partei, Robert Gattenlöhner, Söders Sprung an die Landesspitze. Zu erwarten, dass Söder als künftiger Ministerpräsident Franken stärker fördern werde, hält er für völlig abwegig: "Außer für seinen Stimmkreis Nürnberg hat Söder für Franken nichts getan", ist Gattenlöhner überzeugt. Abgesehen davon würden schon die Oberbayern ein scharfes Auge darauf haben, dass der Geldsegen des Freistaats für Franken oder auch nur für Nürnberg nicht zu üppig ausfällt. "Denn wollen tät er schon, aber können wird er nicht", glaubt der Chef der 350-Mitglieder-Partei.
(Klaus Tscharnke, dpa)

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