Politik

Bayerischen Unternehmer raten den Koalitionären, sich zügig auf ein Gesetz zu einigen, das die arbeitsmarktorientierte Einwanderung mittel- und langfristig regelt. (Foto: dpa)

06.10.2017

Jamaika: Wirtschaft will Zuwanderungsgesetz

Unternehmensverbände sind genervt vom Zaudern der Koalitionäre in spe

Die meisten, die jetzt über Jamaika reden, haben keine Ahnung, dass dieser klangvolle Name sich aus dem Arawakischen ableitet, einer indigenen Sprache der Karibik. „Xaymaca“ oder „Chaymakas“ heißt übersetzt „Holz- und Wasserland“.

Und es sieht so aus, als müssten noch einige Flöße die Isar hinabschwimmen, bis es endlich losgeht mit den Koalitionsverhandlungen. Derzeit nehmen CDU, CSU, FDP und Grüne noch Rücksicht auf die Landtagswahl in Niedersachsen am 15. Oktober. Die SPD will gar nicht mehr mitmachen. Bayerns Wirtschaft scharrt hingegen mit den Hufen – loslegen sollen sie endlich, die Politiker.

„Wirtschaftspolitik und zukunftsentscheidende Themen wie die Digitalisierung müssen wieder mehr in den Vordergrund der Politik rücken“, fordert Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie-und Handelskammertags (BIHK). Die Parteien sollten sich „möglichst rasch an den Verhandlungstisch setzen“, so Driessen. „Die gute Konjunktur ist kein Polster, auf dem sich unser Land ausruhen darf.“

Wichtigste Forderung der Unternehmer: Bürokratieabbau

Laut BIHK fordern 63 Prozent der bayerischen Unternehmer, dass eine neue Bundesregierung als erstes den Bürokratieabbau anpackt, an zweiter Stelle (mit 54 Prozent) die Digitalisierung. Driessen rät den Koalitionären zudem, sich zügig auf ein Gesetz zu einigen, das die arbeitsmarktorientierte Einwanderung mittel- und langfristig regelt. „Das würde rechten Zuwanderungsgegnern den Wind aus den Segeln nehmen.“

Auch Bertram Brossardt verlangt „einen klaren wirtschafts- und wachstumsfreundlichen Kurs“. Unabhängig von der schwierigen politischen Grundkonstellation brauche Deutschland „jetzt einen Aufbruch zur Wirtschaft 4.0. Neben Digitalisierung müssen die Themen Fachkräftesicherung, Bildung, Flüchtlingsintegration und Steuererleichterungen angepackt werden. Es reicht nicht, sich auf der konjunkturellen Lage auszuruhen“, so der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw).

Andreas Lutz vom Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) wünscht sich „dringend mehr Rechtssicherheit in Bezug auf das Thema Scheinselbstständigkeit. Wo fair bezahlt und gut fürs Alter vorgesorgt wird, darf es keine Kriminalisierung von Auftraggebern und -nehmern geben.“ Bei der gesetzlichen Krankenversicherung fordert Lutz eine Angleichung: „Selbstständige sollten nicht höhere Beiträge bezahlen als den Arbeitgeber- und -nehmerbeitrag bei Angestellten mit vergleichbarem Einkommen.“ So ließe sich auch eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige umsetzen und finanzieren.

Offizielle Sondierungsgespräche gab es noch keine. CDU und CSU haben zudem angekündigt, sich vor deren Beginn noch etwas einiger werden zu wollen. Ob es noch vor Weihnachten zu einem unterschriftsreifen Koalitionsvertrag kommt? Größer als die Schnittmengen scheinen die Unterschiede zwischen den vier Parteien. Vielleicht hilft beim Verhandeln Reggae-Musik. Die wurde auf Jamaika erfunden. (Jan Dermietzel)

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