Die Zahl der Studierenden an privaten Unis nimmt stetig zu. Doch von den knapp 100 deutschen Hochschulen in privater Trägerschaft finden sich nur sechs in Bayern. Sie beklagen, dass der Freistaat ihnen die Existenz unnötig schwer mache: mit bürokratischen Hürden und Bürgschaften in Millionen-Höhe. Finanziell gefördert werden sie dagegen nicht.
Eine private Hochschule würde er nicht gerade in Bayern gründen, sagt ausgerechnet der Geschäftsführer der Munich Business School, Stefan Baldi. Die Münchner Wirtschaftshochschule wurde 1991 als erste bayerische Privathochschule gegründet. Und Baldi findet, dass der Freistaat den Privaten die Existenz unnötig schwer mache. „Uns wird das staatliche System mit all seinen teilweise bürokratischen Vorgaben übergestülpt. Das behindert uns, denn wir müssen uns ja gerade durch innovative Konzepte von den staatlichen Hochschulen abgrenzen.“
NRW unterstützt private Hochschulen auch finanziell
So ist es in Bayern zum Beispiel nicht möglich, das Studienkolleg, das ausländische Studienbewerber auf das Studium an einer deutschen Hochschule vorbereitet, auf Englisch zu absolvieren – selbst wenn man sich für ein englischsprachiges Studium an einer Privathochschule eingeschrieben hat. In Nordrhein-Westfalen hingegen kann man das Studienkolleg auch auf Englisch ablegen. Dort unterstützt das Kultusministerium außerdem private Hochschulen finanziell, es zahlt zum Beispiel einen Teil der Dozentengehälter.
Dass es Hochschulen in privater Trägerschaft in Bayern schwer haben, merkt man auch an den Zahlen. Im Freistaat gibt es derzeit nur sechs Institute. In ganz Deutschland sind es knapp hundert. Bundesweit studieren rund fünf Prozent aller deutschen Studenten an Privathochschulen. In Bayern liegt der Anteil gerade mal bei 1,5 Prozent. Allerdings sind im Freistaat auch Hochschulen mit Sitz in anderen Bundesländern präsent, deren Studenten nicht Bayern zugeordnet werden.
Der Markt der privaten Hochschulen in der Bundesrepublik wächst stark, trotz Studiengebühren und trotz Skandalen. Die Zahl der Studenten hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast verfünffacht. In den vergangenen 20 Jahren wurden mehr als 70 Prozent der heute existierenden Hochschulen gegründet. In Berlin gibt es bereits mehr private als staatliche Hochschulen. Laut Piret Lees, Sprecherin des Verbands der Privathochschulen, liegt der Grund für den Boom in der Akademisierung der Gesellschaft. „In den meisten Stellenanzeigen werden heute Hochschulabschlüsse gefordert. Viele Berufstätige entscheiden sich deshalb für ein Abend- oder Fernstudium, gerade in dem Bereich sind wir stark“, erklärt Lees. Nach einer Studie des Stifterverbands bieten knapp 70 private Hochschulen berufsbegleitende oder praxisorientierte Studiengänge an.
Dass Privathochschulen für manche Studenten eine sinnvolle Wahl sind, zeigt auch das Beispiel von Viktoria Rötzer. Die 31-jährige Münchnerin studiert „Übersetzen und Dolmetschen“ am Sprachen- und Dolmetscherinstitut, einer privaten Fachhochschule, weil keine staatliche Münchner Hochschule den Studiengang anbietet. Weil ihr Mann in München eine Anstellung hat, war es keine Option, für das Studium in eine andere Stadt zu ziehen.
Das bayerische Wissenschaftsministerium lehnt es trotz steigender Nachfrage ab, Privathochschulen zu fördern. „Unsere Pflicht ist es, jungen Menschen eine gute Ausbildung an staatlichen Hochschulen zu ermöglichen“, erklärt Ministeriumssprecher Ludwig Unger. „Unsere Aufgabe ist es nicht, uns um die Belange von Privathochschulen zu kümmern.“
Manche Studiengänge bieten staatliche Unis gar nicht an
„Dass die Markteintrittsschwelle in Bayern hoch ist, ist für uns, als etablierte Hochschule, prinzipiell gut“, sagt Stefan Baldi. Problematisch sei aber, dass in Bayern die Zahl der Filialen von Hochschulen mit Sitz in anderen Bundesländern zunehme. Die müssen nur ein formales Feststellungsverfahren durchlaufen und können zum Teil von den guten Bedingungen in Ländern wie NRW profitieren. „Das verzerrt den Wettbewerb.“
Hochschulen in privater Trägerschaft müssen in ganz Deutschland zwei Hürden nehmen. Das Kultusministerium des jeweiligen Bundeslandes muss die Hochschule anerkennen. Außerdem muss eine Akkreditierungsagentur sowohl die Institution als auch die einzelnen Studiengänge zulassen. Nur die Kriterien für die staatliche Anerkennung unterscheiden sich in den einzelnen Bundesländern. Die meisten Wissenschaftsministerien halten sich an die Richtlinien des Wissenschaftsrats. In Bayern allerdings wird darüber hinaus eine Bürgschaft verlangt. Die fällt je nach Vorhaben unterschiedlich hoch aus und kann mehrere Millionen Euro betragen. Sie soll sicherstellen, dass die Hochschule die Ausbildung über einen längeren Zeitraum hinweg finanzieren kann und die wirtschaftliche Situation der Dozenten gesichert ist.
Klaus Wolfgang Wildner hat sich trotz aller Schwierigkeiten für den Standort Bayern entschieden, er hat gerade die jüngste Privathochschule in Bayern gegründet, das Munich Institute of Media and Musical Arts (MIMA), die Kunstakademie ist akkreditiert und staatlich anerkannt, der Lehrbetrieb beginnt im Wintersemester 2014/2015. Für ihn, der immer schon in München arbeitet und lebt, kam kein anderes Bundesland in Frage. Wildner erlebte die Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium sogar als „konstruktiv“. Er glaubt, dass Bayern erkannt hat, dass Privathochschulen Innovationstreiber sind. „Heute herrscht eine größere Offenheit gegenüber Neugründungen als noch vor ein paar Jahren“, ist er sich sicher.
Doch auch Wildner wünscht sich, dass die Politik ein paar Dinge verändert. Ihn stört zum Beispiel, dass die Agenturen, die Studiengänge und Hochschule akkreditieren, zu viel Macht haben. „Einige Studiengänge sind kaum mehr studierbar, weil die Agenturen auf eine sehr kleinteilige Modularisierung pochen“, sagt Wildner.
Doch auch die Opposition fühlt sich für die Privaten nicht zuständig. SPD-Landtagsabgeordnete Isabell Zacharias: „Ich habe nichts gegen Privathochschulen. Aber es ist nicht meine Aufgabe, mich um die Anliegen der privaten Hochschulen zu kümmern. Dem Klientel von Privathochschulen gehört nicht unsere Priorität.“ (Veronica Frenzel)
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