Die Zukunft der Rente ist ein Thema, das sehr viele Bürger bewegt. Doch die Renten waren kein wirklicher Schwerpunkt im Bundestagswahlkampf. Die Politiker drückten sich oft um den Dauerbrenner Rente herum. Aus Angst vor einer schwierigen Debatte? Die vbw – Vereinigung der bayerischen Wirtschaft e. V. versuchte kurz vor den Wahlen mit einem Kongress in München „Die Alterssicherung – verlässlich und finanzierbar“ ein Gegenzeichen zu setzen.
Das Verhältnis zwischen Rentnern und Berufstätigen wird sich in Zukunft dramatisch verschieben. So kommen 2040 auf einen Menschen im Rentenalter nur noch 1,8 Arbeitnehmer. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, fordert vor diesem Hintergrund mehr Flexibilität beim Übergang in die Rente: „Ein Hinzuverdienst bis zur Höhe des zuletzt erreichten Bruttoverdienstes sollte möglich sein.“ Zugleich unterstrich Brossardt: „Wir müssen auf mehr Eigenverantwortung setzen, an einer ergänzenden privaten und betrieblichen Vorsorge führt kein Weg vorbei.“
Teure Rentengeschenke
Brossardt sieht die Rente mit 67 positiv. Er kritisierte aber „die teuren Rentengeschenke der Großen Koalition“, womit Brossardt zum Beispiel die Mütterrente ansprach, für die sich besonders die CSU starkgemacht hatte. Damit schloss sich Brossardt der Kritik vieler Rentenexperten an, die die Zweckhaftigkeit der Mütterrente bezweifeln.
Mit Reinhold Thiede, Leiter des Geschäftsbereiches Forschung und Entwicklung, war auch die staatliche deutsche Rentenversicherung beim Kongress vertreten. Auch Thiede sieht die Alterung der Gesellschaft als Hauptproblem für die Rentenversicherung. Doch Thiede unterstrich zugleich, dass die bisherigen Rentenreformen maßgeblich zur heutigen Stabilisierung des Rentensystems beigetragen hätten.
Besonders betonte Thiede die Bedeutung der Rentenreform von 1992 – seitdem werden die Renten nicht mehr an die Entwicklung der Brutto- sondern der Nettolöhne angepasst. Thiede: „Die verschiedenen Reformen haben entscheidend zur jetzigen Stabilität des deutschen Rentensystems beigetragen.“ So ging eine Studie aus dem Jahr 1987 noch von einem Beitragssatz von über 40 Prozent bis zum Jahr 2030 aus. Nach heutigem Stand ist dagegen mit einem Beitragssatz von etwa 21,8 Prozent in 2030 zu rechnen.
Rentenniveau sinkt
Während Thiede bei der Stabilisierung des Beitragssatzes auf Erfolge verweisen konnte, gibt das Sinken des Rentenniveaus Grund zur Sorge. Vorausgesetzt, es gibt keine Änderungen im Rentenrecht, wird das Niveau der gesetzlichen Rente 2040 auf 42 Prozent des letzten Bruttolohnes absinken. Die Durchschnittsrente für Männer in Westdeutschland liegt schon jetzt bei nur 1013 Euro. Für Frauen und ostdeutsche Rentner ist der Wert noch deutlich niedriger. Die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente liegt sogar bei nur 697 Euro. Durch die Entkoppelung von Bruttolöhnen und Rentenanpassungen sind die Bruttolöhne im Zeitraum 2007 bis 2016 mit 21 Prozent Zuwachs stärker als die Renten mit einem Plus von nur 13,9 Prozent gestiegen.
Wenn Thiede auf die Steigerung des Renteneintrittsalters um zwei Jahre seit 2000 verweist, so kann das auch auf das sinkende Rentenniveau zurückzuführen sein. Um den früheren Lebensstandard auch nur eingeschränkt im Alter aufrechterhalten zu können, müssen viele Rentner in Deutschland möglichst lange arbeiten. Thiede lehnt jedoch trotzdem eine bedingungslose Grundrente und ein Grundeinkommen ab. Andererseits sieht Thiede aber auch die Forderung von Teilen der Wirtschaft negativ, die gesetzliche Rente auf eine reine Basisfunktion zu beschränken und stattdessen kapitalgedeckte Systeme auszubauen. Thiede: „Sinnvoller ist eine Anpassung der Alterssicherung an sich verändernden Bedingungen.“
Staatliche Rente weiterhin dominant
Naturgemäß setzte der Vertreter der Versicherungswirtschaft auf dem vbw Podium etwas andere Schwerpunkte als Thiede. Andreas Wimmer, Vorstand der Allianz Lebensversicherungs AG, betonte die Wichtigkeit des „Drei-Säulen-Pinzips“, bei dem die gesetzliche Rente durch die betriebliche Altersvorsorge und die private Vorsorge ergänzt wird. Allerdings räumte Wimmer ein, dass der staatlichen Rente dabei weiterhin die dominante Rolle zukommt. Sie macht bei den über 65-jährigen 63 Prozent des Einkommens aus, während die betriebliche und die private Altersvorsorge auf jeweils nur acht Prozent kommen (21 Prozent andere Einkommensquellen und Transferleistungen).
Wimmer verteidigte die Riester-Rente gegen die immer stärker werdende Kritik in der Öffentlichkeit und hob die Bedeutung der Riestervorsorge für die unteren Lohngruppen hervor. Wimmer: „38 Prozent der Arbeitnehmer mit einem Gehalt unter 1500 Euro brutto haben einen Vertrag für eine Riester-Rente.“
Riester-Rente stagniert
Wimmer betonte, dass die Gesamtzahl der Riester Verträge zwischen 2010 und 2016 von 14,5 auf 16,5, Millionen gestiegen ist. Allerdings stagnierten seit einiger Zeit die Neuabschlüsse der Riester-Rente. Und manche Experten wiesen darauf hin, dass Riester stärker in den mittleren und gehobenen Lohngruppen als in den unteren verbreitet ist. Es sei offensichtlich, dass Riester die ursprüngliche Zielsetzung einer zweiten Rente neben der gesetzlichen verfehlt habe. Wimmer räumte durchaus Fehler der eigenen Branche ein. „Mehr Transparenz und Effizienz ist notwendig. So müssen die Rahmenbedingungen für die Riester-Rente verbessert und vereinfacht werden.“ Insbesondere auch das Verfahren zur Beantragung der staatlichen Zulagen solle einfacher gemacht werden.
Der Alterssicherungskongress zeigte, dass die Vertreter von Wirtschaft, Versicherungen und gesetzlicher Rentenversicherung, trotz mancher inhaltlicher Unterschiede, darin übereinstimmen, dass die gesetzliche Rente noch lange die dominierende Säule in der deutschen Altersversorgung bleiben wird. Dies wurde auch von anwesenden Politikern der CSU und der Grünen grundsätzlich unterstützt. Dabei bleibt auch die Bundesregierung gefordert – es wird in Zukunft wohl noch mancher staatlicher Zuschüsse für die Rentenkassen bedürfen.
(Mathias von Hofen)
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