Bauen

Rainer Post, Mitglied des Vorstands der Bayerischen Architektenkammer. (Foto: Constantin Mirbach)

24.02.2025

„Die losweise Vergabe am Bau muss gestärkt werden“

Architektenkammer-Kolumne über das Vergabetransformationspaket

Mit dem Beschluss des Bundeskabinetts vom 27. November 2024 zum Entwurf des sogenannten Vergabetransformationsgesetzes steht das deutsche Vergaberecht vor einer tiefgreifenden Reform. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Vergabe öffentlicher Aufträge vereinfacht, beschleunigt und an die Anforderungen einer nachhaltigen Beschaffung angepasst werden. Was auf den ersten Blick sinnvoll klingt, stellt jedoch einen erheblichen Eingriff in die wirtschaftliche Ausrichtung der kleinen und mittelständischen Unternehmen und damit auch für uns Planerinnen und Planer dar.

Der Entwurf sieht vor, dass die bislang geltenden strengen Anforderungen an die losweise Vergabe gelockert werden. Während bisher mehrere Teil- oder Fachlose nur dann gemeinsam vergeben werden durften, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies zwingend erforderten, soll zukünftig bereits eine „rechtfertigende“ Begründung genügen. Zudem sollen zeitliche Gründe, wie beispielsweise die Beschleunigung von Infrastrukturprojekten, als Argument für Gesamtvergaben herangezogen werden können.

Zwar bleibt es laut Gesetzesbegründung bei der Einzelfallprüfung und der Begründungs- und Dokumentationspflicht – doch die Anforderungen hieran wurden erheblich reduziert. Die Gefahr, dass öffentliche Auftraggeber diese Lockerungen als Freibrief für eine Intensivierung der Total- oder Generalunternehmervergaben verstehen, ist offensichtlich.

Fatale Entwicklung

Eine solche Entwicklung wäre fatal. Die mittelstandsfreundliche losweise Vergabe hat sich über Jahrzehnte bewährt, in Städten wie in Gemeinden. Sie stellt sicher, dass unabhängige Fachplaner und kleinere, lokal ansässige Bauunternehmen eine faire Chance auf öffentliche Aufträge erhalten und stärkt die Wirtschaftskraft in der Region. Diese Struktur fördert nicht nur den Wettbewerb, sondern gewährleistet auch qualitätsvolle und nachhaltige Lösungen im Bauwesen.

Eine Total- oder Generalunternehmervergabe hingegen birgt das Risiko, dass fachlich unabhängige Planungsleistungen verdrängt werden. Planerinnen und Planer wären nicht mehr Auftragnehmer der Bauherren, sondern nurmehr Subunternehmen von Baufirmen. Der Auftraggeber verliert mitunter die Kontrolle über zentrale Aspekte der Planung und Ausführung, was sich negativ auf bauliche Qualitäten und Kosten auswirken kann. Hinzu kommt: Gerade kleine und mittlere Unternehmen – das Rückgrat der deutschen Bauwirtschaft – werden durch die erleichterte Gesamtvergabe strukturell benachteiligt.

Es besteht kein Zweifel, dass das Vergaberecht an die Herausforderungen unserer Zeit angepasst sein muss. Der Klimawandel, die Digitalisierung und der Fachkräftemangel erfordern innovative und effiziente Lösungen. Doch diese Transformation darf nicht auf Kosten eines fairen Wettbewerbs und zu Lasten der freiberuflichen Strukturen erfolgen. Die losweise Vergabe muss gestärkt und nicht geschwächt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Planungs- und Bauleistungen weiterhin fachlich unabhängig und im Sinne des Gemeinwohls und der gebauten Umwelt erbracht werden. Gleichzeitig bietet die bewusste Einbeziehung von kleinen und mittelständischen Unternehmen in öffentliche Vergaben die Chance, nachhaltige Innovationen und regionale Wertschöpfung zu fördern.

Die Bundesarchitektenkammer hat bereits klar Position bezogen und eine Petition gegen die geplante Absenkung der Anforderungen an die losweise Vergabe gestartet. Ich rufe alle, insbesondere meine Kolleginnen und Kollegen aus der Architektenschaft, dazu auf, diese Initiative zu unterstützen. Gemeinsam müssen wir uns für den Erhalt fairer und transparenter Vergabeverfahren einsetzen. Das Vergabetransformationsgesetz darf in seiner aktuellen Form nicht verabschiedet werden. Lassen Sie uns gemeinsam für eine mittelstandsfreundliche Vergabepraxis eintreten. Weitere Informationen zur Petition finden Sie auf der Website der Bundesarchitektenkammer unter dem Stichwort #fairevergabe.

 

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