Unser Bayern

Eröffnung der Telefonumschaltstelle beim Oberpostamt in Augsburg am 7. Juni 1908. Der Telefonverkehr wuchs in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts so rasant, dass auch die Telefonanlage in Augsburg, die seit 1886 in Betrieb war, ab 1907 mehrfach erweitert werden musste. (Foto: BHStA)

23.10.2015

Das Fräulein vom Amt

Von Berufspostagentinnen und Telefonistinnen. Frauen im Dienst der bayerischen Postverwaltung

Im September 1872 ging bei der Königlich Bayerischen Postverwaltung eine Anfrage des als „Bismarck der preußischen Post“ bezeichneten Generalpostdirektors Heinrich von Stephan (1831 bis 1897) ein, „ob beziehungsweise in welcher Anzahl gegenwärtig weibliche Personen im dortigen Postund Telegraphendienste beschäftigt werden“. Das General-Postamt hätte sich bisher gegen diese Maßregel erklärt, würde allerdings nun durch die Petition des Frauenvereins dazu angeregt werden. Die bayerische Post- und Telegraphenverwaltung antwortete darauf umgehend, dass dies in Bayern genauso wenig wie in Preußen der Fall sei, von denjenigen Ausnahmen abgesehen, wo Frauen als Schwestern, Töchter oder Ehegattinnen im Expeditionsdienst ihre Brüder, Väter oder Ehemänner als „Gehülfinnen“ unterstützen oder auch „als Postexpeditorinnen auf Dienstvertrag“ beerben konnten. Diese stets als Ausnahmen propagierten Fälle von weiblichen Posthalterinnen und Postbotinnen waren allerdings schon seit Beginn des 19. Jahrhunderts gar nicht so selten, wie die in den Archiven überlieferten Dienstverträge zeigen, die die bayerische Postverwaltung mit „Frauenspersonen“ abgeschlossen hatte. So versieht zum Beispiel in Kötzting im Bayerischen Wald eine Frau namens Anna Penker schon im Jahr 1807 den wöchentlichen Botendienst nach Straubing und ernährt davon sich selbst und ihre pflegebedürftige Mutter. Um den zu Fuß immerhin 50 Kilometer langen Marsch durch den gebirgigen Bayerwald nach Straubing, bei dem die Botin auch häufig größere Geldsummen zu transportieren hatte, nicht mehr alleine bewältigen zu müssen, ersucht Anna Penker bei der damals zuständigen Postsektion um eine Heiratserlaubnis mit dem aus Straubing stammenden Häuslerssohn Sebastian Weinzierl. Zwar lässt sich die vorgesetzte Genehmigungsbehörde etwas Zeit mit ihrer Zustimmung, im Jahr 1813 erteilt sie dann aber schließlich dem Ehegatten der Botin die ersehnte Konzession zur Botenfahrt mit einem ein- oder zweispännigen Wagen. Der eingangs erwähnte Austausch mit der Reichspostverwaltung zur „Frauenfrage“ durch die bayerische Staatspostverwaltung fand auch mit anderen Postzentralen in den Nachbarländern statt. Um sich ein Bild zu machen, startete die Generaldirektion der Verkehrsanstalten eine regelrechte Rundfrage, wie es denn die Badener, die Württemberger, die Schweizer, die Sachsen, die k.u.k- Monarchie und eben die Preußen mit Frauen im Post- und natürlich auch im Telegraphendienst hielten, und bekam ein durchaus differenziertes Vorgehen mitgeteilt. So hatte das Königreich Württemberg bereits mit Verordnung von 1866 die wenn auch sehr beschränkte, aber reguläre Zulassung von Mädchen und Frauen im Postdienst festgesetzt, und auch in der Schweiz waren immerhin 261 weibliche Personen als Botinnen und Expeditorinnen in kleineren Postämtern zugelassen. In Wien wurden Frauen vor allem im Telegraphendienst eingesetzt, und auch in Berlin gab es seit 1873 eine kleine Gruppe von circa 100 Telegraphistinnen, die später unter der besonderen Protektion der Kaisertochter Viktoria Luise von Preußen stand. In Bayern beharrte man zumindest nach außen zunächst noch auf der einzig möglichen Zulassung von Frauen als Verwandte eines in Postdiensten stehenden Mannes, war aber im Einzelfall nicht immer konsequent. Die Ausformulierung eines Handgelübdes zur Wahrung des Amts- und Postgeheimnisses für „ausnahmsweise nicht zur Familie des Postexpeditors gehörige Frauen im Postdienst“ durch die zentrale bayerische Postbehörde im Jahr 1873 spricht schließlich dafür, dass ab diesem Zeitpunkt zumindest „inoffiziell“ in Bayern von der konsequenten Ablehnung von Frauen im Postdienst abgewichen wurde. Die Tätigkeit der als Postagentinnen und Agenturdienstbeihilfen bezeichneten Frauen wurde allerdings auf die Arbeit in kleineren und damit finanziell weniger einträglichen Post-, Telegraphen- und Telefonämtern beschränkt, deren Zahl ab den 1880er Jahren im Zuge der zunehmenden kommunikativen Vernetzung Bayerns stark zunahm. Weil die Einkünfte aus den Postagenturen oft nicht zum Lebensunterhalt ausreichten, betrieben viele Postagentinnen nebenher noch eine Land- bzw. Gastwirtschaft oder einen Krämerladen. Insbesondere die weiblichen Postbeihilfen, die im Sinne von mobilen Reserven bei Bedarf in Postexpeditionen im ganzen Land eingesetzt wurden, ehe sie einen Anspruch auf eine eigene Postagentur erworben hatten, waren bis zur Jahrhundertwende im Fall von Krankheit, Unfall und Entlassung aus dem Dienst sehr schlecht abgesichert. Deshalb begannen diese sich zusammen mit den Postagentinnen berufsständisch zu organisieren und ihre Interessen zu vertreten. Zumindest für diejenigen etwa 120 Berufspostagentinnen und 70 Berufspostgehilfinnen in Bayern, die die Posthalterei als „Lebensberuf“ ohne Nebenerwerb betrieben, konnten im Jahr 1898 immerhin Pensionsanwartschaften und eine Unfallfürsorge nach drei Jahren Berufszugehörigkeit durchgesetzt werden. Mit der Zulassung von Frauen zum Dienst als Telefonistin bei den Umschaltstellen im Jahr 1895 bekam die bis dahin solitäre weibliche Gruppe der Berufspostagentinnen Zuwachs in der königlich bayerischen Staatspostverwaltung. Zunächst zögerlich und wiederum erst nach der Einholung von Erfahrungswerten aus den Nachbarländern konnte ähnlich wie anlässlich der Ausweitung der Poststellen die wachsende Expansion des Telefon- und Telegraphendienstes in den 1890er Jahren nicht mehr nur mit männlichem Personal abgedeckt werden. Mit der Begründung, dass die mit mehr Fingerfertigkeit ausgestatteten Damenhände geeigneter für den Umgang mit den „subtil“ zu behandelnden Umschaltklinken (Verbindungssteckern) seien, und die höhere Stimmlage der Damen besser übertragbar sei, wird in einem Gutachten der Einsatz von Frauen befürwortet. Schließlich sprächen für weibliche Beschäftigte wiederum die gegenüber Männern mögliche geringere Bezahlung, die nicht notwendigen Beförderungsmöglichkeiten ebenso wie der soziale Aspekt der stets wachsenden Schwierigkeit für die Versorgung gebildeter Mädchen aus „achtbaren Familien“, die auch die für diesen kommunikativen Beruf notwendige Geduld, Höflichkeit und Sprachgewandtheit mitbringen würden... (Edeltraud Weber) Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Oktober-Ausgabe von Unser Bayern (BSZ Nr. 43 vom 23. Oktober 2013)

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