Bauen

Die Glyptothek am Münchner Königsplatz wurde umfassend saniert. (Foto: Stefan Müller-Naumann)

29.10.2021

Großartige klassizistische Architektur

Die Glyptothek in München: Sanierung eines Kunsttempels

Die Glyptothek ist vermutlich fast allen Müncher*innen ein Begriff, auch wenn die Menschen verschiedene Dinge mit ihr verbinden. So ist die Glyptothek zum einen über die Jahre zum beliebten Treffpunkt von Kunstkenner*innen geworden – zum andern Anziehungspunkt für sonnenhungrige Studierende und Großstädter, die sich auf der Stufenanlage vor dem Gebäude treffen.

Aus baukultureller Sicht ist selbstverständlich zuallererst die atemberaubende Ausstellung zu nennen, die größtenteils unter der Ära König Ludwigs I. ihre Entstehung fand. Darüber hinaus wirkt die Strahlkraft der großartigen klassizistischen Architektur weit über das Kunstareal hinaus und bringt Einwohner*innen wie auch Besucher*innen gleichermaßen ins Staunen.

Der Prachtbau, dessen Hauptfassade einem griechischen Tempel nachempfunden ist, wurde von 1816 bis 1830 nach den Plänen des Architekten Leo von Klenze im Auftrag des bayerischen Königs errichtet. Von Beginn an diente er als Ausstellungsgebäude für dessen Sammlung griechischer und römischer Skulpturen. Leider wurden wichtige Teile des Gebäudes bei Bombenangriffen im Jahr 1944 stark beschädigt, wohingegen die Kunstschätze im Inneren glücklicherweise vorher in Sicherheit gebracht werden konnten.

Hell geschlämmtes Ziegelsichtmauerwerk

Der Wiederaufbau lief, den knappen Mitteln der damaligen Zeit geschuldet, nur zögerlich an. In den Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren konnte vor allem die Gebäudehülle notdürftig instand gesetzt werden. Ab dem Jahr 1967 wurde durch den Architekten Josef Wiedemann eine Neukonzeption des Ausstellungsrundgangs erarbeitet. Statt der detailgetreuen Rekonstruktion entschied man sich nun für eine schlichte Gestaltung mit hell geschlämmtem Ziegelsichtmauerwerk und Muschelkalkfußböden.

Durch eine Vergrößerung der Fenster bis zum Boden entstanden wesentlich hellere Ausstellungsräume mit Blickbezug zum Innenhof. Ab 1972 konnten dann auch wieder weltbekannte Kunstwerke, wie die „Ägineten“ (Giebelfiguren des Aphaiatempels auf der griechischen Insel Ägina), der „Barbarinische Faun“ oder die „Trunkene Alte“ in ihr altes Heim zurückkehren. Nicht umsonst gilt die Glyptothek bis heute als einer der bedeutendsten Museumsbauten und Kunsttempel des 19. Jahrhunderts.

Verschleiß der Gebäudetechnik

Die darauffolgenden 45 Jahre intensiver Nutzung führten zu einem Verschleiß bei der Gebäudetechnik, der zuletzt an allen Stellen zu spüren war. Die Bauverwaltung entwickelte im Schulterschluss mit dem Direktorium der Glyptothek unter Leitung von Florian S. Knauß und Christian Gliwitzky ein Entwurfskonzept, das der knapp 200-jährigen Geschichte des Hauses Rechnung trägt. Eine besondere Herausforderung war die Bewahrung des hochwertigen Sichtmauerwerks in den Ausstellungssälen.

Für die Modernisierung der Sicherheitstechnik sowie der Beleuchtung mussten insgesamt rund 45 000 Meter Kabel und Leitungen neu verlegt werden. Alle technischen Erneuerungen und funktionalen Ertüchtigungen erfolgten weitgehend unsichtbar, wo das nicht möglich war wurde behutsam ergänzt. Der Schließfach- und Toilettenbereich im Untergeschoss wurden vollständig umgestaltet und besitzen nun eine dem Bauwerk angemessene helle Großzügigkeit. Entwurfsplanung und Grundkonzeption stammen aus der Feder der Architekten des Staatlichen Bauamts München 1. Die Umsetzung der Maßnahmen im Innenraum erfolgte durch das ab der Ausführungsplanung beauftragte Architekturbüro Andreas Hlawaczek.

Aber auch an der Fassade waren die Jahre seit dem Wiederaufbau nicht ohne Spuren vorübergegangen. Der Putz bröckelte und wackelige Bauteile wie die sogenannten Antefixe wurden im Laufe der letzten Jahrzehnte provisorisch gesichert oder nach und nach abgenommen.

Bei der Planung der Restaurierungsarbeiten unter Leitung des Planungsbüros Dr. Pfanner, ist insbesondere Wert auf eine gewissenhafte Archivrecherche gelegt worden. Somit entstand eine fundierte Entscheidungsgrundlage, was zu erhalten und was zu gestalten ist. Die noch sichtbaren Spuren des Zweiten Weltkriegs sollten als „Zeitzeugen“ am Haus belassen werden, während der im Laufe der Jahre entfallene Fassadenschmuck in Teilbereichen wiederhergestellt wurde.

Ferner wurde der stumpf-graue Putz durch den auch ursprünglich vorhandenen, quadermauerwerksartigen Wandaufbau in Natursteinanmutung ersetzt. So erscheinen die großen Wandflächen im wechselnden Licht nun viel lebendiger. Das handwerkliche Spektrum reichte dabei von anspruchsvollen Steinmetzarbeiten am Tempelgesims, über die restauratorische Wiederherstellung der Fassadenbemalung, bis hin zu den filigranen Restaurationen an den Skulpturen im Außenbereich. Hier zeigt sich, was auch noch heute mit einem hohen Maß an Handwerkskunst erreicht werden kann.

Der Innenhof wurde begrünt

Der einstige Königseingang auf der Nordseite wurde dahingehend aufgewertet, das er heute als rollstuhlgerechter Zugang des Museums dient. Auch der tiefergelegene Hof ist nun mit einem im Boden eingelassenen Hydrauliklift bequem erreichbar. Ferner wurde der einst holprige Pflasterbelag soweit möglich geebnet, ohne dabei sein charakteristisches Erscheinungsbild zu verlieren. Im Innenhof erfolgte eine Begrünung mit rot blühenden Kletterrosen und weiß blühenden Schnurbäumen. Durch den Austausch der über die Jahre blind gewordenen Fensterflächen profitieren der Museumshof und die Ausstellungsräume gleichermaßen.

Nachdem die Baumaßnahme im Jahr 2018 durch den Haushaltsausschuss des Landtags genehmigt worden war, wurde das Projekt innerhalb des knapp bemessenen Kosten- und Terminrahmens erfolgreich abgewickelt. Die feierliche Eröffnung fand am 26. März 2021 pandemiebedingt digital statt. Bis Ende 2021 erfolgt die Abwicklung der Restarbeiten der Fassade sowie der Außenanlagen. Mit einer bauzeitbedingten Schließung von gerade einmal zwei Jahren und einem Gesamtbudget von 17 Millionen Euro ist das Projekt ein Musterbeispiel für kosteneffizienten und termingerechten Museumsbau.

Neben dem Staatlichen Bauamt München 1, das für die Gesamtkonzeption verantwortlich zeichnet, wurden für die Restaurierungsplanung das Planungsbüro Dr. Pfanner und für die Innenraumplanung das Architekturbüro Andreas Hlawaczek hinzugezogen. Ferner waren unter anderem noch folgende weitere Planer an dem Projekt beteiligt:
Statik: Hans Haushofer; Elektroplanung: Ingenieurteam München; HLS-Planung: Rögelein Ingenieure; Lichtplanung: Bernd König; Außenanlagen: Dr. Matthias Kroitzsch; Brandschutz: DAI Dorn Architekten und Ingenieure. > (Milan Chakrabarti und Daniel Kollmann)

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