Bauen

Der Wohnungsbau leidet unter eklatanter Nachfrageschwäche. (Foto. Bilderbox)

06.06.2024

Nachfragerückgang in allen Bausektoren

Frühjahrs-Konjunkturumfrage des Landesverband Bayerischer Bauinnungen: Konjunktureinbruch im Baugewerbe

Der Bedarf an neuen Wohnungen ist enorm. Die Baugenehmigungen im Wohnungsbau sinken jedoch besorgniserregend. Die Auftragspolster schmelzen. Die Dynamik der Preisentwicklung für Baumaterial hat zwar in den letzten Monaten etwas nachgegeben, die Preise halten allerdings ein hohes Niveau. Hohe Finanzierungskosten drücken zudem auf die Investitionsbereitschaft in Wohnimmobilien. Die Baufertigstellungen neuer Häuser und Wohnungen in Bayern liegen weit unter dem Bedarf. Im öffentlichen Hoch- und Tiefbau ist der Investitionsbedarf in Brücken, Straßen, Schulen, Leitungsinfrastrukturen und den klimagerechten Umbau der Städte sehr hoch.
Aber ist noch genug Geld hierfür vorhanden? Wie wirkt sich die angespannte Haushaltslage der Öffentlichen Auftraggeber auf deren Investitionsverhalten aus? Wie schätzt das Baugewerbe die Konjunkturentwicklung ein? Was sind die größten Herausforderungen, denen sich das Baugewerbe in diesem Umfeld in diesem Frühjahr konfrontiert sieht? Welche Forderungen hat die Branche an die Politik?

„Der Konjunktureinbruch ist im bayerischen Baugewerbe angekommen. Unsere vor Jahresfrist geäußerten Warnungen haben sich leider bewahrheitet. Die Bundespolitik hat zu wenig getan, um gegenzusteuern. Geplante Investitionskürzungen der Bundesregierung in die Verkehrsinfrastruktur des Bundes sind da Gift“, erklärte Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Landesverband Bayerischer Bauinnungen (LBB), bei der Präsentation der Ergebnisse der großen Frühjahrs-Konjunkturumfrage unter den Mitgliedsunternehmen des LBB.

Aus diesem Grund forderte Schubert-Raab die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik auf, keinesfalls bei den Investitionen den Rotstift anzusetzen. „Außerdem müssen dringend die bau- und umweltrechtlichen Rahmenbedingungen für Neubau, Sanierung und Kreislaufwirtschaft bezahlbarer, viel praxisfreundlicher und weniger bürokratisch werden.“ In diesem Zusammenhang habe er ja schon vor längerer Zeit ein Moratorium beim Baurecht gefordert, denn zahlreiche Gesetze würden sich widersprechen beziehungsweise nur „Tonnen von Papier erzeugen“, an der Sache aber nichts ändern.

Die Ergebnisse der traditionellen Frühjahrskonjunkturumfrage des LBB unter seinen Mitgliedsbetrieben, an der sich knapp 400 mittelständische Unternehmen des Bauhaupt- und Ausbaugewerbes beteiligten, lassen auf eine weitere Verschlechterung der Baukonjunktur schließen.

Sinkende Umsätze
sind zu erwarten

Mehr als die Hälfte aller Unternehmen (54 Prozent) bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht und nur 13 Prozent mit „Gut“. Fast jedes zweite Unternehmen (44 Prozent) rechnet für das kommende Halbjahr mit einer weiteren Verschlechterung seiner Geschäftslage. Das sind 10 Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr.

Hauptgrund hierfür sind nach den Worten des LBB Präsidenten die Auftragsbestände, die von 60 Prozent der Unternehmen als zu gering bezeichnet werden. Bei rund der Hälfte der im Wohnungs-, Gewerbe-, Straßenbau und öffentlichen Hochbau tätigen Unternehmen reicht der aktuelle Auftragsbestand weniger als sechs Wochen. Nur im Tiefbau und Ausbau seien die Auftragsreichweiten etwas höher, so Schubert-Raab.

Das habe Folgen für die Beschäftigung. Jedes vierte Unternehmen plane in 2024 die Zahl seiner Beschäftigten zu reduzieren. Dem gegenüber will nur noch jedes zehnte Unternehmen die Zahl seiner Mitarbeiter erhöhen.
Wurden im Frühjahr 2023 im Wohnungsbau, im Wirtschaftsbau und im Ausbau noch deutliche nominale Umsatzsteigerungen erwartet, sind die Bauunternehmen in diesem Frühjahr für alle Bausektoren mit Ausnahme des Tiefbaus pessimistisch, berichtete Schubert-Raab. Zwei von drei befragten Betrieben (68 Prozent) erwarten für das laufende Jahr gegenüber dem Vorjahr geringere oder viel geringere Umsätze. Zahlreiche Betriebe haben laut Schubert-Raab bereits kund getan, dass ihre Produktionskosten zwar steigen, sie aber die Verkaufspreise senken werden.

Der LBB Präsident betonte, dass trotz der schwierigen Lage die Bereitschaft des Baugewerbes zur Ausbildung junger Menschen ungebrochen ist. „Mehr als die Hälfte unserer Mitgliedsunternehmen wollen im bisherigen Umfang junge Menschen in einem unserer Bauberufe ausbilden. Jedes fünfte Unternehmen sogar mehr als bisher. Leider ist nach wie vor die Hälfte der angebotenen Ausbildungsplätze in unserer Branche unbesetzt. Der Bedarf an Fachkräften ist jetzt und in Zukunft hoch. Dies zeigt eindrucksvoll, dass sich unsere Branche auf die großen Aufgaben, die vor der Bauwirtschaft liegen, trotz der derzeitigen Konjunkturschwäche gut vorbereitet.“

Besonders eklatant wirke sich die seit vielen Monaten anhaltende Nachfrageschwäche im Wohnungsbau aus. Zwei Drittel der Wohnungsbauunternehmen (67 Prozent) beklagen eine schlechte Geschäftslage und nur jedes zehnte Bauunternehmen habe aktuell in diesem Segment eine gute Geschäftslage, so der LBB Präsident. Mit einer Verbesserung ihrer Lage rechnen die Betriebe in den kommenden Monaten nicht. Nur sechs Prozent der Betriebe glauben, dass es in den nächsten sechs Monaten besser wird. Dagegen rechne fast die Hälfte der Unternehmen mit einer weiteren Verschlechterung. „Dieser Bausektor ist für die Hälfte der befragten Betriebe der Tätigkeitsschwerpunkt und deshalb besonders wichtig für die Branche.“

Angesichts dieser Situation richtete Schubert-Raab eindringliche Worte an die verantwortlichen Politiker: „Der Absturz am Wohnungsbau setzt sich unvermindert fort und ist für das mittelständische Baugewerbe und seine Beschäftigten existenzbedrohend. Die kürzlich eingeführte, erhöhte degressive Abschreibung für Investitionen in den Wohnungsneubau war ein wichtiger Schritt, reicht aber nicht aus. Es fehlt an Investitionsanreizen für Selbstnutzer, die von verbesserten Abschreibungsbedingungen nicht profitieren könne.“

Schlechte Stimmung
bei den Straßenbauern

Außerdem ist seiner Ansicht nach die Bundesförderung über die KfW nicht ausreichend attraktiv. „Hier müssen dringend die energetischen Anforderungen und die Zinsen reduziert werden. Außerdem müssen die planungs- und baurechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Hierzu zählen zum Beispiel die Digitalisierung des Genehmigungsprozesses und die rechtssichere Gestaltung der Ermöglichung von Abweichungen von technischen Baubestimmungen und darüberhinausgehenden anerkannten Regeln der Technik um einfacheres und kostengünstigeres Bauen zu ermöglichen. Die Vorschläge und Pläne hierfür liegen seit vielen Monaten auf dem Tisch. Bund und Länder müssen die bei den Wohnungsbaugipfeln, dem Bund-Länder-Pakt zur Baubeschleunigung und der Bauministerkonferenz beschlossenen Maßnahmen nun endlich schnell und vollständig realisieren.“
Bereits im Vorjahr klagten die Unternehmen über die Auftragssituation im Wirtschaftsbau. Seitdem hat sich laut Schubert-Raab die Situation nicht verbessert. Knapp 60 Prozent der Unternehmen beurteilen die aktuelle Geschäftslage als schlecht und erwarten auch im nächsten Halbjahr keine Verbesserung.

Auch die Stimmung bei den Straßenbauern sei schlecht. Jedes zweite Straßenbauunternehmen bezeichnet seine aktuelle Geschäftslage als schlecht und rechnet für 2024 mit geringeren Umsätzen als im Vorjahr. 57 Prozent klagen über einen zu kleinen Auftragsbestand. Dies sind nach den Worten des LBB Präsidenten rund 15 Prozent mehr als vor einem Jahr.

„Es zeichnet sich ab, dass die Kommunen an notwendigen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur sparen müssen. Umso mehr beunruhigen uns Signale aus Berlin, dass bei den schon zugesagten investiven Mitteln in die Bundesfernstraßen gespart werden soll. In Anbetracht der vielen Straßen und Brücken, die dringend saniert werden müssen, ist schon eine Diskussion hierüber völlig unangebracht. Wir brauchen mehr statt weniger Mittel für unsere Infrastruktur, sei es die Straße oder die Schiene“, forderte Schubert-Raab.

Negativ ist der Konjunkturtrend auch bei den im Ausbau tätigen Unternehmen, erklärte der LBB Präsident. Im Vorjahresvergleich sehen in diesem Frühjahr fast doppelt so viele Betriebe ihre Geschäftslage negativ. Denn aktuell bezeichnen 31 Prozent der Ausbaubetriebe ihre Geschäftslage mit „schlecht“. Für 37 Prozent der Ausbauhandwerker sind die Auftragsbestände zu klein.

Trotz aller Widrigkeiten glaubt Schubert-Raab, dass die Verantwortlichen in der Politik die prekäre Situation erkennen und dementsprechend handeln werden, denn, so der LBB Präsident, „in erster Linie geht es um unser Land und unsere Gesellschaft“. (Friedrich H. Hettler)

 

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