Kommunales

Der stellvertretende Bürgermeister von Bad Griesbach, Georg Greil, steht vor dem Rathaus. (Foto: Ute Wessels).

31.10.2024

„Grundsätzlich gilt: Rechtswidrig ist rechtswidrig“

Bürgermeister müssen Anweisungen zur Aufnahme von Flüchtlingen befolgen – auch in Bad Griesbach. Doch Rathauschef Fundke will im Streit um die Registrierung von Ukrainern hart bleiben. Auch künftig will das Landratsamt deshalb den 2. Bürgermeister Greil um Hilfe bitten. Die Behörde prüft zudem disziplinarrechtliche Schritte

Für die einen ist er ein Held, für die anderen ein renitenter Querulant: Jürgen Fundke, der Bürgermeister von Bad Griesbach. Seit mehreren Wochen macht die gut 9300 Einwohnende zählende Stadt im niederbayerischen Landkreis Passau Schlagzeilen. Fundke hatte Mitarbeitende seiner Kommune zuletzt angewiesen, rund 30 ukrainische Schutzsuchende nicht anzumelden. Begründet hatte der Rathauschef seine Weigerung damit, dass Flüchtlinge ungerecht auf die Städte und Gemeinden verteilt würden und zudem Schulen und Kindergärten am Limit seien. „Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass die Stadt ausländerfeindlich ist“, sagte der Kommunalpolitiker Anfang Oktober. Eine Anfrage der BSZ an Fundke vom Dienstagmittag mit Bitte um Stellungnahme blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Fundke gehört einer Überparteilichen Wählergemeinschaft an. Anders als etwa Rathauschefs von CSU, SPD oder Grüne braucht er keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob seine Politik Parteikollegen vergrault. Doch er muss sich wie jeder Rathauschef an geltendes Recht halten. Fundke glaubt offenbar, dass sein Handeln korrekt ist.

„Ich habe einen Amtseid geleistet“

Doch im Passauer Landratsamt sieht man das völlig anders. „Grundsätzlich gilt: Rechtswidrig ist rechtswidrig“, sagt Behördensprecher Werner Windpassinger. Ein Bürgermeister könne sich nicht einfach über Anordnungen des Landratsamts, die der Herbeiführung rechtmäßiger Zustände dienen, hinwegsetzen. Schließlich sei das Landratsamt die zuständige Aufsichtsbehörde. „Im konkreten Fall liegt ein rechtswidriges Verhalten des Bürgermeisters vor“, sagt der Sprecher.

Das Landratsamt hatte Fundke zwischenzeitlich angewiesen, sich bis zum 17. Oktober, um die Anmeldung der rund 30 Anfang Oktober angekommenen Ukrainer*innen zu kümmern. Doch Fundke ignorierte dies. Daraufhin wandte sich das Landratsamt an den zweiten Bürgermeister von Bad Griesbach, Georg Greil (SPD/FWG). „Ersatzvornahme“, nennt das Landratsamt diesen Vorgang im feinsten Behördendeutsch.

Greil sah keine andere Wahl als der Anweisung der Behörde zu folgen. Die Mitarbeiter des Meldeamts wurden deshalb vergangene Woche angewiesen, die Flüchtlinge aus der Ukraine registrieren zu lassen. „Die Anordnung, die Ukrainer nicht anzumelden, sei schlichtweg rechtswidrig gewesen, begründete Greil seine Entscheidung. Das Meldegesetz sei ein Bundesgesetz, da habe das Rathaus keinen Spielraum. „Ich habe einen Amtseid geleistet“, sagte Greil dem BR. Die Anordnung des ersten Bürgermeisters sei für ihn damit nicht in Einklang zu bringen. „Das kann ich nicht unterstützen“, so Greil, der für die BSZ zunächst nicht zu erreichen war. Die Ukrainer seien verpflichtet, sich anzumelden.

Innenministerium gib Landratsamt Recht

Auch eine Sprecherin des CSU-geführten bayerischen Innenministeriums gibt Greil und dem Landratsamt Recht: Nach Paragraf 2, Absatz 1, des Bundesmeldegesetzes müssten die Meldebehörden Menschen, die in ihrem Zuständigkeitsbereich leben, auch registrieren. „Die Meldebehörde Bad Griesbach ist somit aufgrund von Bundesrecht verpflichtet, alle in der Gemeinde untergebrachten Personen im Melderegister zu erfassen, wenn keine Ausnahmen greifen“, sagt die Sprecherin der Staatszeitung.

Nun ist die Staatsregierung eher unverdächtig, nach dem Willen der Bundesregierung zu tanzen. Auch sieht man in München die Migrationspolitik in Berlin extrem kritisch. In Bayerns Landratsämtern ist man über die im Vergleich zu vielen EU-Staaten extrem große Zahl der nach Deutschland strömenden Flüchtlinge ebenfalls nicht glücklich. Nur: Gesetz ist eben Gesetz. Ein Sprecher des Landratsamts kündigte auf Anfrage der BSZ an, man werde auch künftig den Zweiten Bürgermeister einschalten, falls sich Fundke erneut weigere. Auf den Bürgermeister könnte dennoch Ärger zukommen. „Ob und wie es zu einer disziplinarrechtlichen Würdigung des Falles kommt, wird derzeit geprüft“, sagt ein Sprecher des Landratsamts. (Tobias Lill)

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