Kommunales

Am Donnerstag werden Rathauschefs aus allen Teilen des Freistaats beim Bayerischen Städtetag in Kempten diskutieren, was die Kommunen alles machen müssen, um der steigenden Zahl der Rentnerinnen und Rentner gerecht zu werden. (Foto: Bilderbox.com)

24.06.2024

Städte wollen mehr für Ältere tun

Die Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre, gehen bald in den Ruhestand. Dies bedeutet für die Kommunen eine besondere Herausforderung. Wie wird eine Stadt seniorengerecht?

In den nächsten beiden Jahrzehnten werden sie die am stärksten wachsende Gruppe sein, da sind sich die Forscher sicher. Die Rede ist von Senioren. Nach der jüngsten Bevölkerungsprognose des bayerischen Statistik-Landesamtes wird die Zahl der Menschen ab 65 Jahren bis 2042 um mehr als ein Viertel steigen. Die Gesamtbevölkerung wird laut der Prognose hingegen bis dahin um nicht einmal fünf Prozent zunehmen.

Diese Zahlen zeigen, dass sich die Gesellschaft angesichts immer mehr Älterer auf deutliche Veränderungen einstellen muss. Die bayerischen Städte haben deswegen das Thema zum Schwerpunkt ihres diesjährigen Jahrestreffens gemacht. Am Donnerstag werden Rathauschefs aus allen Teilen des Freistaats beim Bayerischen Städtetag in Kempten diskutieren, was die Kommunen alles machen müssen, um der steigenden Zahl der Rentnerinnen und Rentner gerecht zu werden.

Demografische Entwicklung stellt Städte vor besondere Herausforderungen

Die demografische Entwicklung stellt die Verwaltungen vor vielfältige Aufgaben. So müssen zusätzliche barrierefreie Wohnungen entstehen, angesichts des Klimawandels muss der Hitzeschutz in den Städten verbessert werden, die Behörden und Geschäfte müssen sich auf immer mehr demente Menschen einstellen und das Nahverkehrsangebot muss ausgeweitet werden, damit die in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. "Heute für morgen heißt: Wir bauen heute die Stadt, in der wir morgen als Senioren leben wollen", sagt Michael Cerny (CSU), der Oberbürgermeister aus Amberg in der Oberpfalz.

Die Städtevertreter sind damit konfrontiert, dass eine Bevölkerungsgruppe stark steigt, die eben auch als besonders gefährdet und verletzlich gilt. Dies zeigt sich in erster Linie an den Pflegebedürftigen. Wie herausfordernd das Thema für die Politik ist, belegte die Pflegeplatzgarantie, die die Koalition von CSU und Freien Wählern 2018 versprochen hatte. Binnen fünf Jahren sollte diese Garantie in Bayern umgesetzt werden - das Projekt scheiterte. Laut dem Städtetag hat sich das Problem hingegen in dieser Zeit mancherorts sogar noch verschärft. "Der Wunsch des Pflegebedürftigen, in der Nähe des Wohnorts und der Familie zu bleiben, kann nicht immer erfüllt werden", heißt es in dem für die Jahresversammlung erstellten Diskussionspapier.

Demente Menschen sollen künftig nicht mehr isoliert werden

Im Pflegebereich ist darüber hinaus die zunehmende Zahl von Demenzpatienten eine Herausforderung. Nach den Zahlen der Staatsregierung könnte die Zahl der von Demenz Betroffenen im Freistaat bis zum Jahr 2040 von heute 270.000 auf 380.000 steigen. Der Städtetag benennt auch das Problem der bislang üblichen Versorgung dieser Menschen ohne Umschweife: "Heute werden Demenzkranke größtenteils in Versorgungseinrichtungen untergebracht, in denen sie meist isoliert von der Gesellschaft und ihrem sozialen Umfeld leben." Trotz der steigenden Fallzahlen sei das Thema Demenz in unserer Gesellschaft immer noch "überwiegend ein Tabu".

Dass es auch anders geht, zeigt die mittelfränkische Stadt Stein. Dort gibt es verschiedene Aktionen, um die Lebensbedingungen von Demenzkranken und deren Angehörigen zu verbessern. So wurden Schulungen angeboten, damit Geschäftsleute sich auf Kunden mit Demenz vorbereiten können. Die Kommune verleiht auch zwei "Demenzboxen". Darin sind Spiele und Puzzle enthalten, die die Angehörigen mit den Kranken spielen können. "Ziel dieser Demenzboxen ist es, Kontakt und Vertrauen aufzubauen, denn viele sind sehr in sich zurückgezogen", erläutert die Stadt das Angebot.

Bund und Freistaat sollen bei der Umgestaltung der Städte unterstützen

Um ihre künftigen Aufgaben zu erfüllen, verlangen die Kommunen allerdings auch Hilfe von Bund und Land. So müsse der Freistaat die Entwicklung einer "Stadt der kurzen Wege" fördern, heißt es beim Städtetag. Die Landesplanung müsse so ausgerichtet werden, dass die Ortskerne "weiterhin als soziale Treffpunkte, Versorgungs- und Handelszentren" erhalten bleiben. Die Kommunen wollen ein Abwandern von wichtigen Einrichtungen an die Stadtränder oder auf die grüne Wiese vor den Toren der Kommune verhindern.

Die Städtebauförderung soll nach Überzeugung des Kommunalverbands künftig verstärkt auf die Senioren ausgerichtet werden. "Die altengerechte Anpassung des Wohnungsbestands muss für Wohnungseigentümer wie Mieter offensiv gefördert werden", verlangt der Städtetag. Alternative Wohnformen wie Genossenschaften sollten ebenso unterstützt werden wie Nachbarschafts- oder Quartierstreffpunkte, die als "Kümmerer" eine Anlaufstelle für ältere Bewohner sein können.

Beim öffentlichen Personennahverkehr will der Verband bis 2030 eine "deutliche Erhöhung der Fahrgastzahlen" erreichen. "Dafür müssen Bund, Freistaat und Kommunen eine Angebotsoffensive für den ÖPNV starten", heißt es in dem Forderungskatalog. Es gehe darum, "besonders älteren und in der Mobilität eingeschränkten Personen eine Teilhabe durch Mobilität zu ermöglichen".

Klimawandel trifft die versiegelten Städte besonders

Ein großes Thema sind seit Jahren die Temperaturen in der Stadt. "Städte sind Wärmeinseln: Hier ist es bis zu zehn Grad wärmer als im Umland", erläutert das Landesamt für Umwelt. Dies liege an der Bebauung und den versiegelten Flächen. "Asphalt und Beton heizen sich tagsüber sehr stark auf, besonders, wenn sie aus dunklem Material sind." Unter der Hitze leiden alle Bewohner, aber besonders die Seniorinnen und Senioren als sogenannte vulnerable Gruppe.

Den Betroffenen soll in den Kommunen ermöglicht werden, dem Hitzestress in den eigenen vier Wänden zu entfliehen. Dies können in der Umgebung beschattete Wege und Sitzgelegenheiten, kühlende Parks und Trinkwasserbrunnen sein. Auch die Pflanzen in den Städten gewinnen seit Jahren immer mehr Bedeutung. "Von besonderer klimatischer Relevanz sind hier Bäume von mindestens 50 Jahren", betont der Städtetag. (Ulf Vogler, dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.