Kultur

Das Siegermotorrad (ZMS 250 ccm) von Toni Mang bei einem Flugplatzrennen in Augsburg. Mang stammt aus dem nahen Inning am Ammersee. Im Landkreis Fürstenfeldbruck grassierte nach dem Zweiten Weltkrieg das Motorsportfieber. 1949 entstand der MSC Fürstenfeldbruck, der an Grasbahnrennen teilnahm, Motocross-Läufe und Vielseitigkeitsprüfungen organisierte. Berühmt waren seine Ampergau-Rallyes, die von 1952 bis 1971 stattfanden. (Foto: Bauernhofmuseum Jexhof)

24.06.2024

Fiebern für den Sport

Eine Sonderausstellung im Bauernhofmuseum Jexhof im Landkreis Fürstenfeldbruck über die örtliche Sportbegeisterung

Fußballeuropameisterschaft und Olympische Spiele: Das Sportfieber grassiert europa- und weltweit - bis hinunter nach Schöngeising: Im dortigen Bauernhofmuseum Jexhof  liest man "Es lebe der Sport". Unter diesem Titel widmet sich eine Sonderausstellung dem Sportgeschehen im Landkreis Fürstenfeldbruck.

Menschen laufen, springen, werfen und schwimmen. Daraus eine Körper- und Bewegungskultur zu entwickeln, in der es um Rituale, Formen und Wettstreit geht, ist ein zutiefst menschliches Phänomen, das es zu allen Zeiten und in allen Kulturen gab. Vielleicht ist der Spieltrieb des Menschen der Grund dafür. Die Sonderausstellung versteht das Sportgeschehen auch als Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen - entsprechende Zusammenhänge liefern die Ausstellungstexte und das Begleitheft.

Ein kurioses Exponat führt einige Jahrhunderte zurück: Zu sehen ist ein mittelalterlicher Knochenschlittschuh, gefunden im Ampermoos, benutzt zum Überwinden größerer Eisflächen; die ältesten Knochenschlittschuhe, die man kennt, sind über 5.000 Jahre alt. Freilich ist fraglich, ob dieser bearbeitete Schweineknochen unter sportlichem Aspekt verwendet wurde. 

Im Fokus der Sonderausstellung stehen jedoch die vergangenen 180 Jahre - als die kulturelle Wiederentdeckung der Antike auch deren Körper- und Bewegungskultur betraf und vielerorts wieder Sportveranstaltungen im Geist des olympischen Gedankens aus seiner griechischen Blütezeit veranstaltet wurden - die ersten offiziellen, von Pierre de Coubertin ins Leben gerufenen "Olympischen Spiele der Neuzeit"  wurden 1896 veranstaltet.

Leibeserziehung (Gymnastik), Athletik und Wettkampf (Agonistik) sind Kennzeichen der antiken Sportkultur. Ihnen eiferten hierzulande auch die Reformer im 18. und 19. Jahrhundert nach. Gerade bei der Leibeserziehung galt die Balance von körperlicher, sittlicher und geistiger Fitness als Ideal. „Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“ – das war eine weit ins 20. Jahrhundert hinein verfolgte Leitidee.

Mit zunehmender Freizeit der Arbeiter gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Sport vermehrt zur Freizeitbeschäftigung einer breiten Bevölkerungsschicht. Im Winter wie im Sommer waren die Menschen in Stadt und Land sportlich unterwegs. Das geschah aus reiner Freude an Bewegung oder aber mit dem Reiz des Wettkampfs, der bald schon spezielle Sportstätten erforderte. Rekorde wurden aufgestellt, Pokale, Medaillen und Titel errungen – auch das ist Thema der Präsentation im Jexhof.

Unter dem Motto „Frisch – Fromm – Fröhlich – Frei“ war 1885 in Bruck (der Landkreis Fürstenfeldbruck wurde 1939 gebildet) der erste Turnverein ins Leben gerufen worden. In den 1920er-Jahren folgten weitere Gründungen von Turnvereinen. Und die ersten Fußballvereine entstanden. Das Spektrum der lokalen Sportbewegung, die in der Sonderausstellung reflektiert wird, ist breit: Es reicht von den Schützen über die Radfahrer bis zu den Reitern, vom Eisstockschießen bis zu Motorfliegen. (BSZ)

Information: Bis 3. November. Bauernhofmuseum Jexhof, 82296 Schöngeising. www.jexhof.de

Abbildungen (von oben, alle Fotos: Bauernhofmuseum Jexhof):
1) Das 19. Jahrhundert war die Epoche des Turnens. Der Begriff Turnen war eine Erfindung von Friedrich Ludwig Jahn (1778–1852), der ein spezifisch deutsches Gymnastikkonzept verfolgte, im Gegensatz zum englischen Sport mit seinen an Leistung, Wettbewerb und Rekorden orientierten Werten. Beim Turnen ging es um eine umfassende Bewegungskultur mit Übungen an Geräten, aber auch mit sogenannten volkstümlichen Aktivitäten wie Klettern, Laufen und Schwimmen. Turnen war Teil der deutschen Nationalbewegung und wurde deshalb 1820 verboten. Mit der Reichsgründung 1871 ging ein Ziel der Turnbewegung in Erfüllung. Auch die Einführung der Leibeserziehung als Schulfach gab dem Turnen Ende des 19. Jahrhunderts großen Auftrieb. Kein Wunder, dass sich damals in Fürstenfeldbruck und Emmering erste Turnvereine von Bürgern und Arbeitern bildeten. In den 1920er-Jahren erhielt die Turnbewegung auch auf dem Land Zulauf wie etwa in Moorenweis und Jesenwang. 1933 begrüßte die Deutsche Turnerschaft (DT) die Machtübernahme der Nationalsozialisten in der Hoffnung, die Führung im deutschen Sport übernehmen zu können. Doch in der NS-Ideologie, bei der es um Volksgesundheit, Auslese und Wehrhaftigkeit ging, war kein Platz für den vaterländischen Turngedanken. Die Deutsche Turnerschaft wurde 1936 aufgelöst und der „Deutsche Reichsausschuß für Leibesübungen“ zur Dachorganisation aller Sportvereine. Der 1950 gegründete Deutsche Turner-Bund (DTB) distanzierte sich von der national-deutschen Orientierung seiner Vorgänger. Seine Internationalen Deutschen Turnfeste werden heute von Frauen und Mädchen geprägt – Frauen durften übrigens erstmals 1928 an den Olympischen Spielen teilnehmen.

2) Auf dem europäischen Festland zählten Pferderennen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein zu den wenigen Freizeitbeschäftigungen, die man überhaupt als Sport bezeichnete. In Bruck wurden schon im frühen 18. Jahrhundert Pferderennen abgehalten. 1882 entstand der Reit- und Fahrverein Lindenhof-Maisach, zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es auch in Maisach wiederholt Pferderennen. Bei Volksfesten trug der Rennverein Wildbahnrennen auf der Marthabräuwiese aus, später verlagerten sich diese Rennen und Skijörings auf die Postwiese nebenan. In der Nachkriegszeit veranstaltete dort der Ländliche Reit- und Fahrverein Springturniere, bis diese Tradition der 1965 gegründete Reitclub ablöste. Fortan fanden die Turniere auf dessen Gelände in Fürstenfeld statt. Bis in die 1970er-Jahre galt dieser Turnierplatz als einer der größten und schönsten in Süddeutschland, beim ersten Turnier war sogar Olympiasieger Fritz Thiedemann zugegen.

3) Margit Quell aus Mammendorf (Landkreis Fürstenfeldbruck) holte zwischen 1968 und 1988  bei sechs Paralympic-Teilnahmen zehnmal Gold. 1960 fanden in Rom die ersten Paralympics (damals noch „Weltspiele der Gelähmten“) statt.

 


 

 

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