Kultur

Stehgreif Orchestra St. Sebald. (Foto: Philip Kreibig)

08.07.2024

Große musikalische Vielfalt

Musikfest ION: 10.000 Tickets wurden für die Konzerte in Nürnbergs Kirchen verkauft

Nürnberg fühlt sich neuerdings als Deutschlands Gourmet-Hauptstadt,  seit Moritz Puschke, dem Intendanten des Musikfests ION, ist es auch die Festival-Hauptstadt für sakrale Musik. Was einst „Orgelwoche“ hieß (aber schon immer mehr war), ist jetzt ein Fest, in dem alle Facetten glitzern: Orgelkonzerte,  Historische Aufführungspraxis, der Chor-Klassiker, der Mitmachaktion, der Interpreten-Entdeckung. Divers das alles: von zehn bis fünfzig Choristen, Laien und Profis, Barock und Jazz. Das kommt an, hat mehr verkaufte Karten denn je und besteht nicht nur aus ein paar prominenten Gipfelkonzerten, sondern einer ganzen Kette von Events – alle ausverkauft und mit standing ovations. Puschke ist als Intendant der Mann aus Berlin, der Nürnberg diesen Segen verschafft hat und jetzt in die Fränkische Schweiz zieht. Also, er bleibt.

Was Puschke offenbar wichtig ist: der emotional appeal an jedem Abend, alle Schubladen aufmachen und bedienen, auch ein unvermutetes Musica-Sacra-Publikum ansprechen. Typisch dafür war jetzt das Schlusswochenende: Da sollte auch die Historische Aufführungspraxis bedient werden, Puschke erinnerte sich für Bachs h-moll-Messe an das „Ensemble Polyharmonique“, engagierte das Barockorchester Breslau dazu und mit Alexander Schneider einen Dirigenten, der weiß, wie man Barockmusik inszeniert: an den Klanglinien entlang, die von den flämischen Madrigalisten bis zum Bach-Hochbarock führen, mit einem Klangideal des Filigranen, kunstvoll Verwobenen und ohne den harschen Zugriff, der für barocke Musik heute chic ist. Er holt die Musik ganz nach vorn an die Rampe des sakralen Theaters. Aus Polen hat er dafür vorzügliche Instumentalsolisten, natürlich Countertenöre für die Altstimmen in den Doppelchören. Man ist beeindruckt von der kristallinen Durchsichtigkeit und der felsenfesten Glaubensgewissheit, von der fröhlichen Verve dieses Dirigenten, dessen Hände den Sängern und Musikern die Geschichten signalisieren, die sie erzählen sollen.

Puschke will  bei allen Experimenten und Neuigkeiten das konservative Publikum nicht verlieren: mindestens einmal pro ION das große Chorereignis mit dem Dirigenten-Urgestein, jetzt mit Frieder Bernius aus Stuttgart. Von dort mit Kammerchor und Klassischer Philharmonie und als Lordsiegelbewahrer der südwestdeutschen Chortradition: erst mit der Hölderlin-Vertonung von „Schicksalslied“, dann mit „Ein deutsches Requiem“, für beides werden die klanglichen und motivischen Höhen und Tiefen ausgelotet, herausfordernd mit den mächtig heranrollenden Crescendi, der mühelosen Kraft der Artikulation und Intonation des Chors, dem choralhaften Ernst nach dem Bibelwort. Und wie sollten Hölderlins Worte nicht zu einer ION anno 2024 passen: „Es schwinden, es fallen die leidenden Menschen blindlings … wie Wasser von Klippe zu Klippe“. (Uwe Mitsching)

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