Landtag

Für den Dachgeschossausbau oder den Bau von Gartenschwimmbecken braucht es bald keine Genehmigung mehr. (Foto: dpa/Patrick Pleul)

27.09.2024

Weniger Auflagen bei Bauvorhaben

Der Landtag berät über drei Gesetzentwürfe zum Bürokratieabbau – künftig müssen sich die Menschen daran gewöhnen, dass der Staat weniger regelt

Der Landtag hat in Erster Lesung drei Gesetzentwürfe der Staatsregierung zum Bürokratieabbau in Bayern beraten. Die vorgeschlagenen Maßnahmen betreffen vor allem das Bau- und das Dienstrecht, die Entlastung des Ehrenamts von Vorschriften sowie Vereinfachungen in der Agrarförderung. In einer grundsätzlichen Stellungnahme zu den Entbürokratisierungsplänen forderte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) ein Umdenken in Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass künftig weniger geregelt wird, und müssen das auch aushalten“, sagte er.

Man habe sich „wohlig eingerichtet“ in einem Staat, der alles regele und möglichst einzelfallgerechte Entscheidungen treffe. Dies habe aber dazu geführt, dass immer neue Regelungen getroffen worden seien. „Wir müssen diesen Teufelskreis durchbrechen“, mahnte Herrmann. Bürger*innen und Wirtschaft würden zunehmend „unter der Last der Bürokratie ächzen“, nötig sei ein schlankerer Staat. Es dürften nur noch solche Regeln gelten, die wirklich gebraucht würden. Gesetze und Verordnungen müssten Vertrauen in die Menschen setzen und dürften „nicht immer vom schwarzen Schaf her denken“. Die nun vorgelegten Gesetzentwürfe seien der erste Teil eines „Bayern-Updates“.

Weniger Kinderspielplätze

Kernpunkt ist das erste Modernisierungsgesetz, das die Bereiche Bau- und Dienstrecht umfasst. Es sieht vor, dass Bauvorhaben wie ein Dachgeschossausbau, die Errichtung von Terrassenüberdachungen, der Bau von Gartenschwimmbecken sowie mehrere weitere kleinere Maßnahmen verfahrensfrei werden. Zudem entfällt für bestimmte Bereiche die Pflicht zum Bau von Kinderspiel- und Kfz-Stellplätzen. Die Freiflächengestaltungssatzungen von Kommunen, in denen Vorgaben zur Verhinderung von Bodenversiegelung oder Nutzung standortgerechter Bepflanzungen gemacht werden konnten, sollen gänzlich abgeschafft werden.

Im Dienstrecht will die Staatsregierung unter anderem den Turnus der regelmäßigen Beurteilung von Beamt*innen von drei auf vier Jahre verlängern, die ärztliche Gesundheitsprüfung vor einer Verbeamtung durch eine – nur noch im Zweifelsfall zu überprüfende - Selbstauskunft der Bewerber*innen ersetzen und den Rahmen für genehmigungsfreie Nebentätigkeiten deutlich erweitern. Durch eine Änderung im land- und forstwirtschaftlichen Vollzugsgesetz nutzt die Staatsregierung eine vom Bund gewährte Regelungskompetenz, um Landwirte und die Agrarverwaltung zu entlasten. So sollen künftig zu Unrecht ausbezahlte EU-Fördermittel bis 500 Euro und daraus entstandene Zinsforderungen bis 250 Euro nicht mehr zurückgefordert werden. Nach Auskunft von Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) ist der Verwaltungsaufwand bei diesen Beträgen höher als die eingenommene Summe.

Ebenfalls in einem eigenen Gesetz sollen zahlreiche Vorschriften für Ehrenamtliche gestrichen oder zumindest vereinfacht werden. Nach den Angaben Herrmanns sollen Behörden ihr Ermessen künftig „stets ehrenamtsfreundlich“ ausüben. Dafür erhielten sie nun die gesetzliche Rückendeckung. Der Staat solle als Partner und Unterstützer des Ehrenamts wahrgenommen werden, nicht als Regulierer und Verhinderer. Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf zum Beispiel vor, dass für jährlich wiederkehrende Veranstaltungen eine erneute Genehmigungspflicht entfällt, wenn sie einmal problemlos durchgeführt worden sind. Zur Entlastung von Polizei und Feuerwehr dürfen Fest- oder Faschingsumzüge künftig auch von anderen ehrenamtlichen Kräften abgesichert werden. Veranstaltungen, die dem Gemeinwohl dienen, werden gebührenfrei.

Aus den Fraktionen kam überwiegend Unterstützung. Vor allem die Änderungen bei der Agrarförderung und für das Ehrenamt fanden breite Zustimmung. Bei Letzterem äußerte aber vor allem Ruth Waldmann (SPD) Kritik. Es handle sich in erster Linie um „Symbolpolitik“, ohne die echten Sorgen der Ehrenamtlichen aufzugreifen. So habe die Staatsregierung in ihrem Entwurf sämtliche Anregungen des Landesnetzwerks bürgerschaftliches Engagement „in den Wind geschlagen“. Konkret nannte Waldmann die Erhöhung der Ehrenamtspauschale, einheitliche Förderrichtlinien und Antragsvorgaben sowie die Entlastung bei Haftungsfragen. Auch Eva Lettenbauer (Grüne) betonte, der Gesetzentwurf beinhalte neben sinnvollen Änderungen auch viele Selbstverständlichkeiten. Was fehle, sei ein „Ehrenamtsurlaub“ für Fortbildungen, die digitale Beantragung der Vereinspauschale und mehrjährige Förderzyklen.

Praxistauglichkeit kritisiert

Noch Beratungsbedarf sahen Vertreter*innen mehrerer Fraktionen beim Modernisierungsgesetz. So bemängelte Johannes Becher (Grüne), dass den Kommunen das Recht auf Erlass von Gestaltungssatzungen genommen werden solle. Dies sei ein schwerwiegender Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. „Wir sollten nicht die Gscheithaferl aus München sein, die den Kommunen vorschreiben, was sie tun sollen“, sagte er. Sabine Gross (SPD) schloss sich dem an. Sie äußerte zudem Zweifel an der Praxistauglichkeit der neuen Vorgaben für Spiel- und Kfz-Stellplätze und warf Sicherheitsfragen bezüglich des Brandschutzes auf.

Der Freie Wähler Martin Behringer forderte mit Blick auf die Stellplatzpflicht eine nach städtischen und ländlichen Kommunen differenzierte Lösung. Seine Fraktion sehe auch an anderen Stellen Verbesserungsbedarf. Markus Striedl (AfD) nannte die Vorlage ein „Kuddelmuddelgesetz“. So könne Bürokratieabbau nicht gelingen. Uneingeschränkt hinter das Maßnahmenpaket stellte sich Konrad Baur (CSU). „Wir beschleunigen und entfesseln Bayern“, sagte er. (Jürgen Umlauft)

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