Politik

15.11.2024

Ampel-Nachfolge: eine Stilfrage

Eine künftige Regierung muss sich im Umgang miteinander wieder auf Grundwerte wie Vertrauen und Kompromissbereitschaft besinnen. Und etwas anderes ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Ein Kommentar von Tobias Lill

Politik braucht Kompromisse – dieses Prinzip gilt für die Demokratie seit der Antike. Vor allem Regierungsbündnisse können nur funktionieren, wenn die beteiligten Parteien zu einem Entgegenkommen bereit sind. Zu Beginn der selbst ernannten Fortschrittskoalition hatten die Ampel-Spitzen diese Binsenweisheit noch verstanden. Doch spätestens ab 2023 wurden aus SPD und Grünen auf der einen sowie den Liberalen auf der anderen Seite immer öfter Gegner statt Partner. Sicher: Die drei Parteien stehen für grundsätzlich andere Politikansätze. Die einen glauben an einen starken Staat, die anderen an die Kräfte des Marktes. Doch das darf keine Ausrede dafür sein, dass die Bundesregierung zunehmend die Augen vor den Problemen des Landes verschlossen hat.

Es wäre ein leichtes gewesen, sich auf eine gestaltende Politik zu einigen: Der Bund hätte mithilfe von Krediten zweistellige zusätzliche Milliardeninvestitionen in Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz beschließen können, um Deutschland fit für die Zukunft zu machen und nebenbei die Konjunktur anzukurbeln. Dafür, dass die FDP die Riesenkröte einer Lockerung der Schuldenbremse schluckt, hätte Rot-Grün Steuersenkungen für Arbeitnehmer mitgetragen können – finanziert durch die Abschaffung sinnloser Subventionen.

Ein ums andere Mal beharrten Parteien aus ideologischen Gründen auf ihren Standpunkten. Eine künftige Regierung muss miteinander statt gegeneinander regieren. Dass sich Union und SPD nun so rasch auf einen Wahltermin einigen konnten, ist für die nach den Neuwahlen wahrscheinliche GroKo ein gutes Zeichen. Ebenfalls von Vorteil: Die Hauptakteure von CDU, CSU und SPD haben bereits drei Legislaturperioden zusammen regiert. Man kennt sich, man vertraut sich. Denn an dieser zentralen Eigenschaft hat es den Ampel-Akteuren grundlegend gefehlt. Immer wieder wurden Gesetzespläne eines Ministers vorab ausgeplaudert.

Auch der Ton muss künftig ein anderer sein. Selbst in einer Boazn begegnen sich die Menschen mit mehr Respekt als zuletzt im Kabinett. Bleibt noch die Kompetenz: Zwar muss ein Finanzminister kein Ökonom und ein Umweltminister kein promovierter Ökologe sein; selbst ein Professorentitel garantiert nicht immer Sachverstand. Künftige politische Entscheider sollten aber einen Berufs- oder Studienabschluss oder zumindest einige Jahre geackert haben. Nur in Parteijobs gewesen zu sein reicht nicht.

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