Die Nachricht, dass die Bundesregierung mit der Türkei über die Gründung dreier türkischer Schulen verhandelt, hat in Politik und Öffentlichkeit für Aufregung gesorgt. Kritik kommt dabei vor allem von der CSU. Generalsekretär Markus Blume: „Wir wollen keine Erdogan-Schulen in Deutschland.“ Wer deutsche Schulen in der Türkei schließe, dürfe in Deutschland keine eröffnen, erklärt er mit Blick auf die Deutsche Schule in Izmir. Türkische Behörden hatten die Schule vor zwei Jahren mit Verweis auf eine fehlende Rechtsgrundlage zeitweilig dichtgemacht.
Es war allerdings genau dieser Vorgang, der laut Auswärtigem Amt die Gespräche über die drei türkischen Schulen in Deutschland in Gang brachte. Aus deutscher Sicht haben sie das Ziel, für die drei deutschen Schulen in der Türkei eine sichere Rechtsgrundlage zu schaffen. Im Gegenzug soll auch die Türkei Schulen in Deutschland eröffnen dürfen – wohl in Frankfurt, Berlin und Köln. Ein Recht, das auch anderen Staaten zuerkannt wird. Bildungsabkommen mit 20 anderen Ländern gibt es bereits, während Deutschland selbst 140 Auslandsschulen in 72 Ländern fördert.
Rund 70 ausländische Schulen zählt die Statistik in Deutschland aktuell. Die meisten davon gibt es in Schleswig-Holstein, wo allein der dänische Schulverein 45 Schulen betreibt. Nordrhein-Westfalen hat elf ausländische Schulen, neun davon werden vom griechischen Generalkonsulat getragen. In Bayern gibt es drei ausländische Schulen. Zwei griechische, die der Erziehungsabteilung des griechischen Generalkonsulats unterstehen, und eine französische. Letztere ist das Lycée Jean Renoir in München.
Mit 1440 Schülern ist das Lycée die größte Schule ihrer Art in Deutschland. Träger ist die Aefe, die zentrale Agentur für französisches Auslandsschulwesen. Ab der 5. Klasse ist die Unterrichtssprache Französisch. Nur das Fach Deutsch wird nach bayerischem Lehrplan und auf Deutsch gelehrt. Noten gibt es nicht von 1 bis 6, sondern von A bis D. Die Schule ist, wie die meisten ausländischen Schulen in Deutschland, eine Privatschule.
In Bayern gibt es immer mehr internationale Schulen
Alle drei Auslandsschulen in Bayern blicken auf eine lange Tradition zurück. Die griechischen Schulen feierten im vergangenen Jahr ihr 50-jähriges Bestehen, das Lycée Jean Renoir wurde 1953 gegründet. Neue ausländische Schulen kamen seitdem im Freistaat nicht mehr dazu.
Anders sieht es im Bereich der privaten internationalen Schulen aus. „Hier stellen wir in den vergangenen Jahren ein leichtes Wachstum fest“, sagt Bernd Dietrich, Präsident des Verbandes Bayerischer Privatschulen (VBP). 2013 eröffnete beispielsweise die St. George’s School, eine britische internationale Schule, in München ihren dritten Ableger in Deutschland. Insgesamt mehr als zehn internationale Schulen, die von freien Bildungsträgern betrieben werden, haben sich mittlerweile im Freistaat etabliert: in München, Augsburg, Ingolstadt, Regensburg, Erlangen und Schweinfurt.
Unterrichtssprache ist hier meist Englisch, als Abschlüsse bieten internationale Schulen in der Regel das britische GCSE an, das der Mittleren Reife entspricht, und das abiturähnliche International Baccalaureate Diploma (IB). Einige Schulen haben zudem das britische A-Level oder das amerikanische High School Diploma im Programm.
Als einen Grund für die Zunahme nennt Dietrich die Ansiedlung internationaler Unternehmen sowie die zunehmende Internationalisierung der Belegschaft größerer Firmen. „Die Mitarbeiter suchen für ihre Kinder Schulen aus, in denen sie nach internationalen Standards unterrichtet werden“, sagt Dietrich. Sollten die Mitarbeiter nach einigen Jahren in ihre Heimat zurückkehren oder aber in ein anderes Land weiterziehen, gebe es beim Schulwechsel weniger Probleme.
Aber auch deutsche Eltern schicken ihren Nachwuchs auf internationale Privatschulen, weil sie sich von ihnen eine bessere und individuellere Förderung und Betreuung ihrer Kinder erhoffen als im deutschen Schulsystem. An der St. George’s School in München zum Beispiel liegt der Anteil der deutschen Schüler etwa bei einem Drittel und in der Bavarian International School bei rund 20 Prozent. Gerade deutsche Schüler sollten bei den Abschlüssen aber genau hinsehen, betont Dietrich. Der Freistaat Bayern zum Beispiel erkenne das IB nur in einer bestimmten Fächerkombination als Hochschulreife an.
Und wie bei jeder Privatschule müssen die Eltern für den Schulbesuch ihrer Kinder zahlen. Wie viel, das hängt auch mit dem Status der Schule zusammen. Wie andere Bundesländer auch unterscheidet Bayern bei den Privatschulen zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen. Ersatzschulen sind grundsätzlich Schulen, die, wie das Wort vermuten lässt, als „Ersatz“ für staatliche Schulen fungieren.
„Sie sind private Schulen, die in ihren Bildungs- und Erziehungszielen öffentlich im Freistaat vorhandenen Schulen entsprechen“, formuliert ein Sprecher des bayerischen Kultusministeriums. Für diese Arbeit erhalten Ersatzschulen staatliche Zuschüsse. Demgegenüber stehen die meist etwas kostspieligeren Ergänzungsschulen. Sie richten sich nicht nach dem bayerischen Lehrplan, sind demnach freier in ihrer Unterrichtsgestaltung, müssen sich aber, weil sie kein Geld vom Staat erhalten, rein über das Schulgeld finanzieren. Das liegt bei der St. George’s School zum Beispiel im Schnitt bei 16 000 Euro im Jahr, an der Bavarian International School zwischen 11 000 und 17 000 Euro.
Die drei Schulen, die die Türkei in Deutschland eröffnen will, sollen als Ersatzschulen betrieben werden – also auch mit staatlichen Mitteln. Im Gegenzug stehen sie dann aber unter staatlicher Aufsicht. Der Einfluss der türkischen Behörden an diesen Schulen bliebe damit wohl relativ gering.
(Beatrice Oßberger)
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