Politik

Anbauvereinigungen können Cannabis in Gewächshäusern ziehen. (Foto: dpa/David Diaz Arcos)

28.06.2024

Unangekündigte Kontrollen in jedem Quartal

Ab 1. Juli können Cannabis-Anbauvereinigungen Zulassungsanträge stellen – das ist ziemlich kompliziert, und es kann dauern

Seit dem 1. April ist der Cannabiskonsum in Deutschland für Erwachsene erlaubt. Jetzt geht die Cannabislegalisierung in die nächste Runde. Ab Montag (1. Juli) können sogenannte Anbauvereinigungen Anträge stellen, Cannabispflanzen für den Eigenkonsum zu züchten. Diese Anträge für die Gründung einer Cannabis-Anbauvereinigung im Freistaat müssen beim Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) eingereicht werden. Aber dann kann nicht gleich losgelegt werden. Die Betroffenen müssen warten, bis sie vom LGL eine Anbauerlaubnis bekommen. Erst dann können sie Cannabis anbauen.

Die Bearbeitungsdauer hängt laut bayerischem Gesundheitsministerium von der Qualität der Anträge, der Anzahl der eingehenden Anträge und eventuell von der Einbindung Dritter (zum Beispiel Gemeinden) ab.

Zugriff durch Unbefugte verhindern

Neben der eingehenden inhaltlichen Prüfung der Genehmigungsanträge wird es auch sogenannte Vor-Ort-Begehungen geben. „Denn nur so kann verifiziert werden, ob die Angaben im Antrag auch mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmen und im Einzelfall ausreichend sind“, so ein Ministeriumssprecher. Denn laut Konsumcannabisgesetz (KCanG) des Bundes müssen die Anbauvereinigungen Cannabis und Vermehrungsmaterial (Pflanzen und Samen) gegen den Zugriff durch unbefugte Dritte, insbesondere durch Kinder und Jugendliche, schützen. Sprich, die Grundstücke müssen umzäunt sein und Sicherheitsvorkehrungen gegen Einbrüche haben. Außerdem müssen die Gewächshäuser mit einem Sichtschutz versehen sein. Darüber hinaus muss die Anbauvereinigung einen Mindestabstand von 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Spielplätzen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen einhalten.

Auch einen Sucht- und Präventionsbeauftragten muss es in jeder Anbauvereinigung geben. Diese Person muss entsprechende Schulungen absolvieren und regelmäßig ihr Wissen auffrischen. Ist das alles nicht gegeben, wird der Antrag abgelehnt.
Das alles wird bei späteren unangekündigten Kontrollen, die laut Gesundheitsministerium einmal pro Quartal vorgenommen werden, untersucht. Es könne aber auch sein, dass häufiger kontrolliert wird.

Bayern hat hierfür beim LGL eine zentrale Kontrolleinheit geschaffen. Sie erteilt nicht nur die Erlaubnisse, sondern kontrolliert auch die Anbauvereinigungen. „Das ist Bayerns Reaktion auf das handwerklich schlecht gemachte Cannabisgesetz der Bundesregierung, das in der Umsetzung viele Fragen und Grauzonen offengelassen hat. Wir schaffen eine schlagkräftige Kontrolleinheit, die – wie auch schon der bayerische Bußgeldkatalog Konsumcannabis – für andere Bundesländer als Blaupause dienen kann“, erklärt Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU).

Für die zentrale Kontrolleinheit beim LGL sind im Doppelhaushalt 2024/25 insgesamt 20 zusätzliche Planstellen veranschlagt – zehn je Haushaltsjahr. „Zum 1. Juli arbeitet planmäßig ein Team für die zentrale Kontrolleinheit, das sich auf die Standorte Oberschleißheim und Erlangen verteilt. Die Bewerbungsverfahren für 2024 sind überwiegend abgeschlossen, und die neu gewonnenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden das Team nach und nach verstärken“, sagt LGL-Präsident Christian Weidner.

Entgegen einer weitverbreiteten Vorstellung können sich zum Beispiel Familien mit erwachsenen Kindern nicht als Anbauvereinigung bezeichnen. Diese Vereinigungen sind laut Konsumcannabisgesetzes nur eingetragene nichtwirtschaftliche Vereine oder eingetragene Genossenschaften. Deren ausschließlicher Zweck muss der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau sein. Das geerntete Cannabis darf dann auch nur zum Eigenkonsum an die Vereinsmitglieder weitergegeben werden. Auch Cannabispflanzen oder Samen für diese Pflanzen dürfen nur innerhalb des Vereins weitergegeben werden.

„Anbauvereinigungen dürfen das gemeinschaftlich angebaute Cannabis nicht verkaufen, sondern ausschließlich an ihre eigenen Mitglieder abgeben“, betont der Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums.

Für den früheren Staatsanwalt und Richter Horst Arnold aus Fürth, der als SPD-Abgeordneter im Landtag sitzt, sprechen die Regeln der Staatsregierung eine eindeutige Sprache. „Man will die betreffenden Personen verwaltungsrechtlich kriminalisieren“, sagt er der Staatszeitung. Die Vorgehensweise zeige, dass man in der CSU immer noch beleidigt ist, dass man auf Bundesebene die Cannabislegalisierung nicht verhindern konnte. „Der Bürger hat aber Anspruch auf den bundestreuen Vollzug von Gesetzen“, betont Arnold.

Es werden enorme Reisekosten verursacht

Zur neu geschaffenen Kontrolleinheit des LGL meint der SPD-Politiker: „Die zehn Kontrolleure werden enorme Reisekosten verursachen, wenn sie in ganz Bayern vor Ort nachschauen müssen, ob die Antragsteller alles ordnungsgemäß machen.“ Dieses Geld könne man besser investieren. Angesichts der zu erwartenden Antragsflut könne man davon ausgehen, dass es sehr lange dauern wird, bis die ersten Genehmigungen für die Anbauvereinigungen erteilt sind. (Ralph Schweinfurth)
 

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