Wirtschaft

Bertram Brossardt. (Foto: vbw)

18.07.2024

Trübe Aussichten

Deutlich verschlechterte Lage der Metall- und Elektro-Industrie

Die Lage in der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E Industrie) hat sich im ersten Halbjahr 2024 weiter verschlechtert, die Erwartungen für die kommenden Monate und die Beschäftigungspläne der Unternehmen verharren im negativen Bereich. Eine Trendumkehr ist nicht zu sehen, so Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände bayme vbm, zur aktuellen Umfrage unter ihren Mitgliedern. „Wir erwarten für dieses Jahr eine sinkende Produktion, sinkende Investitionen und eine sinkende Beschäftigung im Inland.“ Zudem würden immer weniger Aufträge hinzukommen und die Auftragsbestände schrumpfen von Monat zu Monat, erklärte Brossardt. Somit würden die Geschäftserwartungen ausgehend von einem niedrigen Niveau per Saldo negativ bleiben.

„Konjunkturschwäche auf der einen Seite und Standortprobleme auf der anderen Seite gefährden mittlerweile die Zukunft unserer Industrie. Darauf muss die Bundesregierung und wir als Tarifparteien reagieren“, betonte der Hauptgeschäftsführer. Es gehe jetzt darum, den Industriestandort Bayern und Deutschland zu sichern. „Wir verlieren zunehmend Wertschöpfung im Inland, investiert wird überall, nur nicht bei uns. Das sind schlechte Aussichten. Dass wir ein massives Standortproblem haben, wurde in Berlin zumindest erkannt“, erklärte Brossardt.

7000 Beschäftigte weniger

Laut Umfrage, an der sich 185 Unternehmen mit etwa 265 000 Beschäftigten beteiligt hatten – das sind 30 Prozent aller M+E Beschäftigten in Bayern – hat sich die aktuelle Geschäftslage erheblich eingetrübt, denn fast jedes zweite Unternehmen bewertet diese als schlecht. Der Saldo hat sich seit Winter deutlich verschlechtert und liegt für das Inlandsgeschäft bei –31,7 Punkten. „Die Lage ist ernst, wir nähern uns den negativen Rekorden aus den Zeiten der Corona-Krise und der Finanz- und Wirtschaftskrise an“, so Brossardt. Im Auslandgeschäft sank der Saldo auf –10,9 Punkte. Auch die Erwartungen für das kommende Jahr verharren nach den Worten des Hauptgeschäftsführers im negativen Bereich. Für das Inlandsgeschäft liegen sie bei –8,2 Punkten und für das Auslandsgeschäft bei –2,5 Punkten.

Die schwache Konjunktur und die sich verschlechternden Standortbedingungen wirken sich immer negativer auf die Produktion aus. So sank der Saldo der Inlandsproduktion von –7,6 auf –27 Punkte und der Saldo der Auslandsproduktion von 37,9 auf 7,1 Punkte. „Zum Jahreswechsel hatten wir noch gehofft, dass die Produktion nur stagniert. Aktuell gehen wir davon aus, dass sie im Jahresdurchschnitt 2024 um zwei Prozent sinken wird“, prognostiziert Brossardt.

Die inländischen Investitionspläne der M+E Unternehmen sind ebenfalls weiter gefallen und liegen zum dritten Mal infolge im negativen Bereich. Nur noch 9 Prozent wollen die Investitionen in den kommenden Monaten erhöhen. 36 Prozent wollen die Inlandsinvestitionen reduzieren. „Besonders schwer wiegt, dass die Erweiterungsinvestitionen auf ein Allzeit-Tief gesunken sind. Nur noch gut 12 Prozent aller Investitionen werden dafür aufgewendet. Den größten Ant an den geplanten Investitionen machen mit 34 Prozent die Ersatzbeschaffungen aus.“

Das ist laut Brossardt ein gefährlicher Mix für den Standort Bayern und bereitet der Branche große Sorge, „da das ein klares Indiz einer an Fahrt aufnehmenden De-Industrialisierung ist“. Allerdings will jedes dritte Unternehmen an den Auslandsstandorten mehr investieren, im Inland ist es nur noch eines von zehn.

Die schwache Konjunktur hat auch zu einer Verschlechterung der Ertragslage geführt. Ingesamt befinden sich nach Brossardts Worten 42 Prozent der M+E Unternehmen in einem kritischen Bereich, im Vorjahr waren das 26,5 Prozent.

Die Beschäftigungspläne der M+E Unternehmen haben sich spürbar verschlechtert. Der Saldo fiel seit Winter von –5,1 auf – 31,8 Punkte. In fast allen M+E Branchen wird ein Beschäftigungsrückgang befürchtet. Besonders groß wird er aller Voraussicht in der Automobil- und Zulieferindustrie sowie im Maschinenbau. Bis Jahresende werden laut Brossardt die Unternehmen rund 7000 Stellen abbauen müssen. „Die Beschäftigten zahlen jetzt die Zeche für die schlechte Industriepolitik der letzten Jahre. Das hätte nicht sein müssen.“

Laut Umfrage sind die Arbeitskosten die gewichtigste Ursache für die schlechten Standortbedingungen. „Für diese sind wir zusammen mit der IG Metall verantwortlich. Die Gewerkschaft sieht ebenso wie wir die drohende De-Industrialisierung in unserem Land und bekennt sich öffentlich dazu, diese verhindern zu wollen“, so der Hauptgeschäftsführer. Die Forderung nach 7 Prozent mehr Lohn und nach mehr Freizeit, wie sie die IG Metall fordert, würden dieses Problem jedoch nur verschärfen. „So werden wir die De-Industrialisierung nicht stoppen.“

Brossardt fordert einen Tarifabschluss der unter anderem flexible Lösungen bietet, der einfach umzusetzen ist und der sich nicht an den wenigen Teilbranchen orientiert, bei denen es noch gut läuft. Einem Gewerkschaftsbonus erteilte er eine klare Absage. (Friedrich H. Hettler)

 

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