Ausschreibung und Vergabe

Um die Vergabe von Gebäude- und Glasreinigungsarbeiten gab es Streit. (Foto: dpa/Marcus Brandt)

06.12.2024

Angebotswertung nach Medianmethode rechtswidrig

Vergabekammer Bund zur Wirtschaftlichkeitsauswahl

Ein öffentlicher Auftraggeber hat Gebäude- und Glasreinigungsarbeiten in acht Losen im offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben. Als Zuschlagskriterium war unter anderem der produktive Arbeitseinsatz in Stunden mit 48 Prozent (maximal 48 Punkte) gewichtet. Der Arbeitseinsatz setzte sich aus den für alle Objekte/Gebäude kalkulierten produktiven Stunden je Los der Reinigungsleistungen zusammen.

Aus den eingereichten Angeboten wurde als Durchschnittswert der Medianwert für den produktiven Arbeitseinsatz in Stunden gebildet. Dieser diente als Grundlage für die Bewertung. Ein Bieter erhielt die maximale Punktzahl, wenn sein produktiver Arbeitseinsatz um höchstens 5 Prozent (48 Punkte) vom Medianwert abwich. Die übrigen Angebote wurden vom Medianwert ausgehend um 5 Prozent (40 Punkte) abgestuft, dann weiterhin um 10 Prozent (32 Punkte), 15 Prozent (24 Punkte), 20 Prozent (16 Punkte), 25 Prozent (8 Punkte) und 30 Prozent (0 Punkte) bewertet.

Ein nicht berücksichtigter Bieter rügte gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber die Median-methode als rechtswidrig: Der Median beinhalte als rein quantitatives Kriterium nicht das bestmögliche Leistungsversprechen. Da die Abweichungen vom Median zudem nicht linear interpoliert würden, sondern sprunghaft seien, führe dies zu einer Verzerrung des Preis-Leistungs-Verhältnisses. Nach erfolgter Nichtabhilfe durch die Vergabestelle beantragte der Bieter die Nachprüfung. Mit Erfolg.

Nicht mit rechtlichen Vorgaben vereinbar

Die Vergabekammer Bund (Beschluss vom 6. November 2023 – VK 1-77/23) stellte fest, dass die vom öffentlichen Auftraggeber angewandte Medianmethode nicht mit den rechtlichen Vorgaben des § 127 Abs. 1 Satz 1 und 3 GWB vereinbar ist. Danach wird eine Angebotswertung mit dem Ziel des Zuschlags auf das wirtschaftlichste Angebot gefordert, wobei sich das wirtschaftlichste Angebot nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis bestimmt. Zur Ermittlung des Angebots mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ist eine Relation des für die zu beschaffende Leistung zu zahlenden Preises beziehungsweise der durch sie entstehenden Kosten mit dem Grad der Erfüllung der durch den öffentlichen Auftraggeber festgelegten qualitativen Zuschlagskriterien vorzunehmen.

Die Wertung durch den öffentlichen Auftraggeber ist nicht in seine Beliebigkeit gestellt, sondern hat sich an die im Vorhinein festgelegten und bekannt gemachten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung zu halten. Gemessen daran hängt bei der hier verwendeten Medianmethode der Erfolg eines Angebots allerdings nicht von den der Angebotsabgabe zugrunde zu legenden objektiven Kriterien zur Bestimmung der Wirtschaftlichkeit ab, sondern von einem Angebotsverhalten der Mitbieter, die ihre Angebote gleichermaßen in Unkenntnis objektiver Kriterien abgeben.

So besteht zum Beispiel die Möglichkeit, dass ein auskömmliches Angebot mit einer hohen Produktivität nicht den Zuschlag erhält, weil andere Bieter weniger produktiv angeboten haben und dadurch den Median zulasten eigentlich auskömmlicher Anbieter beeinflussen, so die Vergabekammer Bund. Die Vergabestelle hat auch keinen zuvor beispielhaft ermittelten Zeitaufwand für die jeweiligen Leistungen als Mittelwert zugrunde gelegt, sondern hat einen erst auf Grundlage der eingegangenen Angebote entstehenden, sprich volatilen Median zur Bewertung herangezogen. Aus diesen Gründen verstößt die Medianmethode zudem gegen § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB, weil sie keinen wirksamen Wettbewerb der Angebote gewährleitstet und damit die Gefahr einer willkürlichen Zuschlagserteilung besteht.
(Holger Schröder)
(Der Autor ist Fachanwalt für Vergaberecht bei Rödl & Partner in Nürnberg.)

 

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