Ausschreibung und Vergabe

Wollen Kommunen in Bayern Bauaufträge vergeben, können sie das über die elektronische Vergabeplattform www.staatsanzeiger-eservices.de vom Verlag Bayerische Staatszeitung GmbH vornehmen. (Foto: dpa)

18.03.2016

Was bei der Einführung der E-Vergabe zu beachten ist

Häufige Fragen und Antworten (Teil 2)

Können die kommunalen Auftraggeber staatliche Vergabeplattformen nutzen?
Die staatlichen Vergabestellen nutzen derzeit die beiden Vergabeplattformen www.vergabe.bayern.de (Schwerpunkt VOB/A) und www.auftraege.bayern.de (Schwerpunkt VOL/A). Beide ermöglichen es, sowohl für Bauleistungen nach VOB/A als auch für Leistungen nach VOL/A alle Stufen eines Vergabeverfahrens, von der Übermittlung der Bekanntmachung über die Verfügbarkeit der Auftragsunterlagen bis zur Zuschlagserteilung, elektronisch abzuwickeln. Sie bieten darüber hinaus auch eine – nach den europäischen Richtlinien nicht geforderte – elektronische Verarbeitung von Daten.

Beide Systemverträge enthalten Öffnungsklauseln für den Beitritt kommunaler Auftraggeber. Die Nutzung wird aber nicht kostenlos angeboten. Da der Freistaat Bayern keine Rahmenvereinbarungen mit den privaten Systemanbietern geschlossen hat, müssen Kommunen, die die staatlichen Plattformen nutzen wollen, außerdem zuvor für ihren konkreten Fall die vergaberechtlichen Voraussetzungen prüfen. Sofern die Grenze für einen Direktkauf (derzeit 500 Euro ohne Umsatzsteuer) überschritten wird, kann je nach Höhe der zu erwartenden Nutzungskosten die Einholung von Vergleichsangeboten oder eine beschränkte oder öffentliche Ausschreibung erforderlich werden.

Bei Interesse an einer der beiden staatlichen Plattformen können sich kommunale Auftraggeber an folgende Kontaktadressen wenden: für www.auftraege.bayern.de Kontakt: info-evergabe@lfst.bayern.de; für www.vergabe.bayern.de Kontakt: vergabeplattform(at)stmi.bayern.de.

Sind die staatlichen Vergabeplattformen auch für kommunale Auftraggeber geeignet?

Grundsätzlich sind die staatlichen Plattformen auch für kommunale Auftraggeber geeignet. Es gibt aber auch weitere Anbieter auf dem Markt, zum Beispiel die E-Vergabeplattform von Staatsanzeiger E-Services (Tochterunternehmen des Verlags Bayerische Staatszeitung GmbH) unter www.staatsanzeiger-eservices.de.

Welches System die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen kommunalen Auftraggebers am besten erfüllt und den bei ihm üblichen Workflow bestmöglich abbildet, kann nur er selbst entscheiden. Dabei ist es unabdingbar, im Vorfeld die jeweiligen internen Organisationsabläufe zu analysieren.

Es kann zur Entscheidungsfindung hilfreich sein, in Frage kommende Systeme im Echtbetrieb zu betrachten, um ihre Eignung für den Einsatz beim jeweiligen kommunalen Auftraggeber bewerten zu können.

Muss jede Kommune eine Vergabeplattform vorhalten?

Ob kommunale Auftraggeber eigene Vergabeplattformen vorhalten, müssen sie eigenverantwortlich unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse prüfen.
Neben einer Nutzung der staatlichen Vergabeplattformen oder der Anschaffung eines eigenen Systems kommt insbesondere für solche Kommunen, die nur selten Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte vergeben, auch eine Inanspruchnahme privater Beschaffungsdienstleister in Betracht. Die hierfür erforderlichen Dienstleistungsaufträge mit dem Beschaffer müssen – sofern sie die Grenze für einen zulässigen Direktkauf in Höhe von derzeit 500 Euro (ohne Umsatzsteuer) überschreiten – von den kommunalen Auftraggebern im Wettbewerb vergeben werden.

Denkbar ist auch eine Kooperation mit anderen kommunalen Auftraggebern. Wird dabei eine vorhandene Vergabeplattform einer anderen Kommune im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit nach dem KommZG dauerhaft mitbenutzt (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 KommZG), wird diese als zentrale Beschaffungsstelle tätig. Zentrale Beschaffungsstellen können ohne vorherigen Wettbewerb eingebunden werden. Auch gelegentliche, anlassbezogene Kooperationen über Dienstleistungsvereinbarungen zwischen einzelnen Kommunen sind nicht ausgeschlossen.

Welche Anforderungen muss eine elektronische Vergabeplattform erfüllen?

Nach den europäischen Vergaberichtlinien müssen die für die elektronische Kommunikation verwendeten Instrumente und Vorrichtungen sowie ihre technischen Merkmale nicht diskriminierend und allgemein verfügbar sein. Sie müssen mit den allgemein verbreiteten Erzeugnissen der IKT kompatibel sein und dürfen den Zugang der Wirtschaftsteilnehmer zum Vergabeverfahren nicht einschränken. Die kommunalen Auftraggeber können die maximale Größe von Dateien, die innerhalb eines Vergabeverfahrens von ihnen empfangen werden, festlegen, sofern dies aus technischen Gründen erforderlich ist.

Die Informationen über die Spezifikationen für die elektronische Einreichung der Angebote und Teilnahmeanträge, einschließlich Verschlüsselung und Zeitstempelung, müssen den Interessenten zugänglich sein. Näheres wird in den Verordnungen des Bundes geregelt werden.

Verstößt eine Forderung nach einer Registrierung des interessierten Unternehmens gegen die Vorgabe eines direkten und unmittelbaren Zugriffs?
Hier ist zu unterscheiden zwischen „bloßen“ Interessenten an den Ausschreibungsunterlagen und „aktiven“ Bewerbern oder Bietern, die einen Teilnahmeantrag oder ein Angebot abgeben möchten oder bereits abgegeben haben. Hierzu hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Folgendes mitgeteilt:
• Das bloße Herunterladen der Ausschreibungsunterlagen muss für jedermann direkt und unmittelbar – das heißt ohne vorherige Registrierung - möglich sein. Um die elektronische Kommunikation in diesem Stadium zu erleichtern, könnte den Interessenten bereits durch eine voreingestellte opt-out-Funktion angeboten werden, einen Benutzernamen und eine gültige E-Mail-Adresse anzugeben. Diese Option könnte durch einen Hinweis auf die Vorteile, die mit der Angabe dieser Daten verbunden sind, ergänzt werden (zum Beispiel Informationsfluss bei Änderung der Unterlagen, Beantwortung von Rückfragen).• Spätestens, wenn sie eine Frage zum Vergabeverfahren haben, müssen Interessenten, die sich zwar die Ausschreibungsunterlagen heruntergeladen, jedoch (noch) keinen Teilnahmeantrag bzw. kein Angebot abgegeben haben, ihre Kontaktdaten angeben.
• Unternehmen, die einen Teilnahmeantrag einreichen oder ein Angebot abgeben, müssen zur Angabe ihrer Kontaktdaten aufgefordert werden. Hier unterscheidet sich das mithilfe von IKT durchgeführte Vergabeverfahren nicht vom papierbasierten Verfahren. Nur der kann als Bieter im Vergabeverfahren auftreten, der seinen Teilnahmeantrag beziehungsweise sein Angebot mit Angaben zu dem sich bewerbenden oder bietenden Unternehmen sowie zu den verantwortlichen Mitarbeitern versieht. Einzelheiten werden in den Verordnungen des Bundes geregelt werden.

Können die kommunalen Auftraggeber von den beteiligten Unternehmen für die elektronische Abwicklung des Vergabeverfahrens ein Entgelt verlangen?

Der Zugang zu den Vergabeunterlagen darf nicht mit Kosten verbunden sein. Weitere Aussagen treffen die europäischen Vergaberichtlinien nicht. Sie fordern nicht, dass die öffentliche Hand grundsätzlich ihre Dienstleistungen unentgeltlich zur Verfügung stellen muss und schließen insbesondere eine Forderung von Entgelten für so genannte Mehrwertdienste (zum Beispiel für die Verfügbarkeit von Newslettern) nicht aus.

Welche Formerfordernisse müssen beachtet werden?

Derzeit sind dem Freistaat Bayern keine elektronischen Formerfordernisse für die Vergabeplattformen bekannt. Dies gilt auch für die Frage, ob eine elektronische Signatur zu fordern sein wird. Nähere Erkenntnisse werden mit den Verordnungen des Bundes erwartet.

Welche Sicherheitsanforderungen muss die Vergabeplattform erfüllen?
Bislang ist nach Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie keine Entscheidung getroffen worden, ob das einzuhaltende Sicherheitsniveau durch ein zentrales und einheitlich für alle Vergabeverfahren aller Auftraggeber geltendes Rahmenkonzepts festgelegt oder die Entscheidung der einzelnen Vergabestelle überlassen werden soll.

Jedenfalls muss die Integrität der Daten und die Vertraulichkeit der Angebote und der Teilnahmeanträge gewährleistet werden. Nähere Erkenntnisse werden mit den Verordnungen des Bundes erwartet.
Müssen Standards beachtet werden, die die Interoperabilität mit anderen Systemen sicherstellen?
Es gibt derzeit keine Erkenntnisse, ob EU- oder bundesweit Standards zur Sicherstellung oder Verbesserung der Interoperabilität zu erwarten sind.

Gibt es weitere elektronische Instrumente, die im Zusammenhang mit der Erteilung kommunaler Aufträge vorzuhalten sind?

Die neuen europäischen Vergaberichtlinien sehen drei spezifische Instrumente für eine elektronische Auftragsvergabe vor:
• Dynamische Beschaffungssysteme: Marktübliche Lieferungen können über ein vollelektronisches Verfahren beschafft werden, das für eine festgelegte Gültigkeitsdauer jedem Wirtschaftsteilnehmer offen steht, der die Eignungskriterien erfüllt.
• Elektronische Auktionen: Mit diesem – sich in sich wiederholenden Verfahrensschritten dem Ergebnis annähernden – Verfahren können nach einer ersten vollständigen Bewertung der Angebote nach unten korrigierte Preise und/oder neue, auf bestimmte Komponenten der Angebote abstellende Werte vorgelegt werden.
• Elektronische Kataloge: Öffentliche Auftraggeber können festlegen, dass die Angebote in Form eines elektronischen Katalogs übermittelt werden oder einen Katalog beinhalten müssen.
Diese neuen Beschaffungsverfahren müssen in das nationale Recht übernommen werden. Die kommunalen Auftraggeber können jedoch nicht verpflichtet werden, die technischen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Instrumente zu schaffen.

Müssen kommunale Auftraggeber auch elektronische Rechnungen akzeptieren?

Die europäische Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die elektronische Rechnungstellung bei öffentlichen Aufträgen fordert, dass künftig auch von kommunalen Auftraggebern elektronische Rechnungen entgegengenommen und verarbeitet werden. Diese Verpflichtung soll im Rahmen des geplanten Bayerischen E-Government-Gesetzes (BayEGovG) umgesetzt werden.
Die Verpflichtung gilt nur für die Abwicklung von solchen Aufträgen, die, weil sie die EU-Schwellenwerte erreichten oder überschritten, nach den Bestimmungen des Vierten Teils des GWB vergeben wurden.
Die Kernelemente einer elektronischen Rechnung müssen zunächst in einer europäischen Norm festgelegt werden, die die EU-Kommission spätestens bis zum 27. Mai 2017 veröffentlichen muss. Welcher Zeitraum den kommunalen Auftraggebern nach der Veröffentlichung der Norm bleibt, hängt von den im BayEGovG zu regelnden Übergangsfristen ab, die derzeit noch nicht bekannt sind. (BSZ)

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