Die Hangbrücke Würgau liegt im Streckenverlauf der BAB A 70 Bamberg – Bayreuth zwischen den Anschlussstellen Scheßlitz sowie Roßdorf am Berg und besteht aus zwei getrennten Überbauten.
Das nördliche Teilbauwerk wurde 1994 im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße B 505 zur BAB A 70 erstellt. Die südliche Hangbrücke wurde bereits 1968 mit dem Bau der damaligen B 505 errichtet. Der zweistegige Spannbetonplattenbalken überspannte mit elf Feldern eine Gesamtstützweite von 411
Metern und wies erhebliche Mängel auf. Neben großflächigen Betonabplatzungen mit freiliegender, korrodierter Bewehrung, Hohlstellen und Rissen, die die Dauerhaftigkeit des Bauwerks massiv beeinträchtigten, wurden beim Bau dieser Brücke für die Längs- und Quervorspannung Spannglieder verwendet, die spannungsrisskorrosionsgefährdet waren.
Nach gutachterlichen Beurteilungen hinsichtlich der erforderlichen Vorankündigung eines Versagens der Spannglieder im Überbau (Riss-vor-Bruch-Kriterium) musste im Ergebnis festgestellt werden, dass kein ausreichendes Ankündigungsverhalten bei einem Spanngliedversagen nachgewiesen werden kann. Ebenso entsprach die Brücke mit der Brückenklasse 60 nach DIN 1072 nicht dem aktuellen Ziellastniveau LM1.
Spannungskorrosion
Aufgrund des schlechten Bauwerkszustands und der damit notwendig gewordenen grundhaften Instandsetzung, der unzureichenden Tragfähigkeit und der damit notwendigen Verstärkung sowie der möglichen Gefährdung durch Spannungsrisskorrosion ohne Vorankündigung, war ein Ersatzneubau alternativlos.
Der Neubau wurde in ähnlicher Bauweise wie die Bestandsbrücke als zweistegiger, längsvorgespannter Stahlbetonplattenbalken ausgeführt. Die Stützen der elf Felder mit Stützweiten von 26 Metern in den Endfeldern und 39 Metern in den Innenfeldern liegen hierbei in einer Achse mit den Stützachsen des nördlichen Schwesterbauwerks. Da das Brückenbauwerk im Radius liegt, ist der im Regelquerschnitt RQ 31B gemäß RAA erstellte Überbau an der Kurveninnenseite um 1,25 Meter aufgeweitet, um die erforderliche Haltesichtweite zu ermöglichen.
Querverschubhydraulik
Der Brückenüberbau wurde in elf Takten auf einer Vorschubrüstung erstellt. Nach der Betonage und der Längsvorspannung am Folgetag konnte die gesamte Vorschubrüstung über Absenkkeile an den Pfeilerjochen sowie an den Koppelfugenaufhängungen abgesenkt werden. Nach dem Ausbau der Ankerstangen der Koppelfugenaufhängung und dem Lösen der Querverbindungen in der Lehrgerüstachse konnte die Schalung quer verschoben werden.
Mittels Querverschubhydraulik ließen sich nun die beiden getrennten Schalungsbinderpakete auf den Verschubträgern um bis zu 2,50 Meter auseinanderfahren. Der Längsverschub für den nächsten Takt erfolgte über eine hydraulische Zugvorrichtung, die an den jeweils nächsten Pfeilerjochen montiert war. In Schritten von zwei bis vier Metern konnten nun die gesamten Binderpakete über die Längsverschubträger weitertransportiert werden. Mittels der Querverschubhydraulik wurde die Schalung wieder zusammengefahren und anschließend die Querverbindung hergestellt.
Nach Einbau der Ankerstangen für die Koppelfugenaufhängung und dem Anheben der Rüstung mittels Hydraulikzylinder an den Pfeilerjochen konnte bereits drei Tage nach Betonage des vorherigen Takts mit den Bewehrungsarbeiten des neuen Takts begonnen werden, sodass alle zehn bis zwölf Tage eine Überbaubetonage stattfand.
Die Gründung des Bauwerks erfolgte über 10:1 geneigte Großbohrpfähle mit einem Durchmesser von 150 Zentimetern. Im Baufeld stehen unterhalb der Überlagerungsböden, bestehend aus bis zu neun Meter mächtigen Hang- und Verwitterungsschutt in Form von steifen und halbfesten, sandigen und steinigen Tonen sowie Schluffen, die Gesteine des Ornatentons an.
Der Ornatenton, eine Wechsellagerung aus blättrigem, klüftigem Tonstein und hartem Feinsandstein hat im Baufeld eine von Osten nach Westen zunehmende Mächtigkeit von vier bis 24 Metern. Da der kritisch zu betrachtende Ornatenton mit seinen Verwitterungs- und Umlagerungsprodukten prädestiniert für Hangrutschungen ist, wurde die Gründung bis zur darunterliegenden Gesteinsfolge, dem Eisensandstein, einer Formation des Dogger (Mittlerer Jura) geführt. Somit ergaben sich für die Gründung Bohrpfahllängen von elf bis 35 Metern.
Das durchschnittliche tägliche Verkehrsaufkommen der BAB A 70 im Bereich der Hangbrücke Würgau liegt gemäß Straßenverkehrszählung von 2010 bei knapp 21 000 Kfz/24h mit einem Schwerverkehrsanteil von 14 Prozent. Für die dreizehnmonatige Bauzeit wurde eine einspurige Verkehrsführung je Fahrtrichtung (0+2s) vorgesehen, die aufgrund der relativ geringen Verkehrsbelastung zu keinen größeren Verkehrsbeeinträchtigungen führte.
Bewegte Topografie
Die Trasse der BAB A 70 verläuft im Bereich des Würgauer Bergs in einer bewegten Topographie, sodass in diesem Streckenabschnitt die Gradienten der beiden Richtungsfahrbahnen einen Höhenversatz von bis zu sechs Metern aufweisen. Vor Baubeginn mussten an geeigneten Stellen Mittelstreifenüberfahrten gebaut werden und es ergab sich somit eine relativ lange Verkehrsführung von rund 2,5 Kilometern Länge.
Da die Andienung der Baustelle über das nachgeordnete Wegenetz nicht möglich war, wurde westlich der Baustelle am Standstreifen ein Wendehammer errichtet und über die Autobahnböschung eine Zufahrtsrampe in das Baufeld geschaffen. Damit konnte eine durchgängige Baustrasse entlang der Brückenbaustelle genutzt werden.
Im Vorfeld der Baumaßnahme wurde ein von den Rettungskräften und der Polizei ausgearbeitetes Rettungskonzept umgesetzt, welches die Asphaltierung von Wegen, die Errichtung von Böschungstreppen und zahlreiche Beschilderungen beinhaltete.
Die neue Brücke mit einem Kostenvolumen von rund 8,5 Millionen Euro ist seit November 2016 befahrbar.
(Robert Zimmermann)
(Beim Abbruch der alten Brücke - Foto: Autobahndirektion Nordbayern)
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