Bauen

Bürgerhaus aus Buntsandstein in Bürgstatt. (Foto: Renate Wolf-Götz)

17.10.2023

Baumaterial für unterschiedlichste Bauwerke

Auf den Spuren des Buntsandsteins in der Region Churfranken

Die Region Churfranken zwischen Spessart und Odenwald blickt auf eine reiche Geschichte zurück. Von jeher spielte der Main mit seinen steil aufragenden Sandsteinhängen dabei eine wichtige Rolle. Die Anfänge von Abbau und Nutzung des Sandsteins reichen bis zu den Römern zurück. Gleichwohl erfuhr der rote Sandstein erst später eine Blütezeit; zwischen 1870 und 1914 wurde das heimische Baumaterial intensiv abgebaut und verarbeitet. Damit war der Buntsandstein nicht nur als Baumaterial, sondern auch für das soziale Leben der Region von prägender Bedeutung.

Der Main hatte damals als wichtiger Transportweg dazu beigetragen. Wie eine Lebensader mäandert der Fluss durch die churfränkische Landschaft, vorbei an leuchtend roten Steinbrüchen und von Buntsandsteinmauern gestützten Weinbergterrassen, an Brücken und Burgen, die wehrhaft über den Ortschaften thronen. Über Jahrhunderte galt die Region zwischen Spessart und Odenwald als deutschlandweites Zentrum des roten Sandsteins. Mit der vielfältigen Verarbeitung und Gestaltung des Naturmaterials ging der gute Ruf der heimischen Baumeister und Bildhauer einher.

Als der Abbau des Buntsandsteins um die vorletzte Jahrhundertwende seinen Höhepunkt erreicht hatte, firmierten sich zahlreiche Bauunternehmen. Die Inhaber der großen Firmen, im Volksmund Steinbarone genannt, beschäftigten bis zu 600 Mitarbeiter. Ganze Familien ließen sich mit den vergleichsweise guten Verdienstmöglichkeiten rund um den Sandstein locken. Da dauerte es nicht lange, bis der zeitweise von der Reblaus geplagte Weinbau, der neben der Land- und Forstwirtschaft die Region geprägt hatte, aus Mangel an Arbeitskräften brach lag und schließlich zum Erliegen kam. 

Buntsandstein-Erlebnisweg

Nach dem Ersten Weltkrieg schwand die Nachfrage nach rotem Sandstein als Baumaterial zusehends. Die überschaubare Anzahl an Firmen, die sich noch über Wasser halten konnte, hatte bald keinen wirtschaftlichen Stellenwert mehr und verblasste damit auch im Bewusstsein der Einheimischen. Die Burgen, Kirchen und Wohnhäuser mit ihren roten Fassaden, die Brunnen und Brücken, Bildstöcke und Denkmäler sind zwar heute noch allgegenwärtig. Indessen ist längst vergessen, wie die charakteristische Kulturlandschaft mit ihren unverwechselbaren Bauwerken einst unter undenkbar harten Bedingungen entstanden ist.

Mit einem neuen Buntsandstein-Erlebnisweg, der sich über 40 Kilometer von Miltenberg bis nach Faulbach erstreckt, soll die Geschichte jetzt in Erinnerung gerufen werden. Sieben leichte bis mittel anspruchsvolle Erlebnisetappen geben Einblick in die Natur- und Kulturlandschaft mit ihren teilweise markanten Bauwerken.

Die erste Etappe beginnt in der Kreisstadt Miltenberg. In der malerischen Altstadt dominiert neben den Fachwerkbauten vor allem der heimische Buntsandstein, in Fachkreisen auch unter dem Begriff „Miltenberger Sandstein“ bekannt. Herausragend ist dabei die dreibogige Mudbrücke mit der Laurentiuskapelle. Vorbei an Marktbrunnen und Stadtmuseum und durch das sagenumwobene Schnatterloch geht es hinauf zur Mildenburg und weiter zum spektakulären Naturdenkmal „Felsenmeer“ mit riesigen Blöcken aus Sandstein.

Die nächste Etappe führt nach Bürgstatt. In dem beschaulichen Winzerort mit seinen aus Sandstein gepflasterten Wegen ist der rote Stein tonangebend. Ob Bürgerhaus, Kirche, Kapelle oder Gewölbehalle, die weißen Adern, die sich durch das rote Gestein ziehen, geben jedem Gebäude einen eigenen Charakter. Im Museum an der Mittelmühle ist der Geschichte des Buntsandsteins eine eigene Abteilung gewidmet. 

Im Vordergrund der dritten Etappe in und um Mainhelle-Kirschfurt steht das Erleben der Natur. Schon die Ortsbezeichnung Mainhelle leitet sich von der hell-leuchtenden Farbe des Sandsteins ab, der sich in mächtigen Steinbrüchen an den „Prallhängen“ aneinanderreiht. Vorbei an Meisterwerken der Steinmetze und Bildhauer führt die vierte Etappe nach Kirschfurt-Collenberg. Infotafeln unterwegs weisen auf markante Sandstein-Vorkommen wie den Steinbruch Reistenhausen hin. Auf diesem Erlebnisweg-Abschnitt deuten besonders viele Zeugnisse auf die Sandstein-Blütezeit hin. Deshalb wird hier die Buntsandstein-Hochburg in Abbau und Verarbeitung verortet. 

In der beschaulichen Ortschaft Reistenhausen, einer der Ortsteile von Collenberg, wird die bewegte Geschichte des regionalen Buntsandsteins in einer facettenreichen Ausstellung dargestellt. Dafür wurde die einstige Kirche des Ortes in ein Museum umgewandelt. Anstoß für das umfassende Projekt lieferte eine Abiturientin aus der Region, die für ihre Kollegstufenarbeit die Sandsteingeschichte umfassend dargestellt hatte.

Eher zufällig fiel die Arbeit dem pensionierten Architekten Peter Mayer in die Hände. Damit war gleichsam der Grundstein für die Sandstein-Ausstellung gelegt. Peter Mayer, der bereits den Erlebnisweg initiiert und koordiniert hatte, war auch hier der Mann der ersten Stunde. Obwohl er viele Mitstreiter gewinnen konnte, die, wie er selbst, mit unzähligen Stunden ehrenamtlicher Arbeit zur Einrichtung des Museums beigetragen haben, kamen letztendlich 385 000 Euro an Kosten für Ausstellung und Erlebnisweg zusammen, die aus Mitteln der EU, Zuschüssen des Freistaats Bayern, des Bezirks Unterfranken sowie dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und vor allem aus Spenden und sonstigen Förderungen finanziert wurden. 

Nun hofft Mayer, dass sein Engagement für das Projekt Buntsandstein auch Früchte trägt. „Der Buntsandstein ist für unsere Region von besonderer Bedeutung“, betont er. Ohne dieses heimische Baumaterial sei Unterfranken in seiner Charakteristik aus seiner Sicht nicht vorstellbar. Durch seine jahrelange Vorbereitungsarbeit hat sich der agile Pensionär ein umfangreiches Wissen rund um den Sandstein erarbeitet. Was Abbau und Verarbeitung in der damaligen Zeit betrifft sagt er heute: „Ich habe riesigen Respekt für alle, die ihren Lebensunterhalt mit dem Sandstein bestritten haben.“

Zum Ende des Erlebniswegs bietet die mächtige Ruine der Henneburg, die erhaben auf dem Schlossberg über der Ortschaft Stadtprozelten am rechten Mainufer thront, einen sprichwörtlichen Höhepunkt. Über drei Millionen Euro hat sich der Freistaat die Sanierung dieses mittelalterlichen Bauwerks kosten lassen. Ziel war, das baukulturelle Meisterwerk zu erhalten und wieder öffentlich zugänglich zu machen.

Ein steil ansteigender Fußweg führt zu der angeblich schönsten Burgruine Süddeutschlands. Schon von weitem ragt die symmetrisch gegliederte vierstöckige Giebelfassade des mächtigen Sandsteinbauwerks heraus. Der weiträumige Gewölbekeller diente zeitweise als Weinkeller und später auch als Gefängnis. (Renate Wolf-Götz)
 

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