Die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg rüstet sich mit erheblichen Investitionen in die Infrastruktur für einen weiteren Ausbau des Straßenbahnnetzes. Ein wichtiger Baustein ist das Projekt Tram+. Der bestehende Straßenbahnbetriebshof in der Heinrich-Alfes-Straße in Nürnberg wird fit für die Verkehrswende gemacht. Um es auf den Punkt zu bringen: Es wird an-, um- und neugebaut sowie modernisiert. Das Credo: Nachverdichtung und Konzentration auf einen Standort.
Den Straßenbahnbetriebshof an der Heinrich-Alfes-Straße im Nürnberger Süden hat die VAG 2003 in Betrieb genommen. Dies, nachdem auch der letzte Altstandort im Zuge des U-Bahn-Ausbaus vom Straßenbahnnetz abgekoppelt worden war. Bis zu einer Stadtratsentscheidung im Jahr 1994 war im Grunde besiegelt, dass die Straßenbahn in Nürnberg neben der U-Bahn und dem Bus keine Zukunft haben würde.
Als der Straßenbahnbetriebshof Anfang der 2000er-Jahr geplant worden ist, ging die VAG noch davon aus, dass das Netz weitgehend stabil bleiben würde, Abstellflächen und Werkstattleistung für rund 50 Bahnen somit ausreichen würden.
Zu den 48 älteren Straßenbahnen kommen aktuell neue Fahrzeuge des Typs Avenio von Siemens dazu. Inzwischen sind von den 26 bestellten neuen Straßenbahnen schon mehr als die Hälfte ausgeliefert.
„Wir rüsten uns mit der Investition in unseren Betriebsstandort für einen weiteren Ausbau unseres Schienennetzes. Bis Ende des Jahrzehnts werden 5,9 Kilometer Neubaustrecke dazu kommen. Dies ist ganz im Sinne einer Verkehrswende. Denn vor allem das Angebot ist entscheidend für die Verkehrsmittelwahl. Und der Umstieg auf die umweltfreundlichen öffentlichen Verkehrsmittel, Bus, Straßenbahn und U-Bahn in der Stadt ist dringend geboten. Nur dann können wir den Individualverkehr verringern – immer noch einer der Hauptemittenten von CO2 – und so den Klimawandel bremsen. Unbestritten ist zudem, dass wir mit mehr ÖPNV und weniger Autoverkehr die Lebensqualität in unserer Stadt deutlich verbessern“, erklärt der Sprecher der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft, Tim Dahlmann-Resing, die Investitionen. „Die rund 27 Millionen Euro in die Zukunfts- und Leistungsfähigkeit unseres Standorts sind sehr gut angelegt. Wir freuen uns, dass uns auch die bayerische Staatsregierung beim Ausbau unseres Betriebshofs an der Heinrich-Alfes-Straße kräftig unterstützt.“
Geplant sind
weitere Investitionen
Für die Erweiterung der Abstellhalle sowie den Teilausbau dieser zur Werkstatt bekommt die VAG voraussichtlich 7,6 Millionen Euro aus dem Bayerischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und 1,9 Millionen Euro aus Mitteln nach dem Finanzausgleichsgesetz, in Summe rund 9,5 Millionen Euro und damit 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. Dahlmann-Resing: „Das ist gut angelegtes Geld für die Zukunft des ÖPNV in Nürnberg und Bayern.“ Und er ergänzt: „Wir können zudem die Arbeitsabläufe vor allem in der Straßenbahnwerkstatt weiter optimieren und bieten unseren über 50 Beschäftigten auch in Zukunft attraktive und moderne Arbeitsplätze.“
Das Projekt Tram+ der VAG ist in mehrere Projektphasen aufgeteilt. Bereits 2022 fertiggestellt wurden die neuen Aufenthaltsräume für Fahrer*innen, die im Betriebshof den Dienst antreten, sowie ein sogenanntes Informations- und Kommunikationslabor. Dieses Labor dient zum Testen der Fahrgastinformationsanzeiger, der Überwachungskameras, von Funk- und WLAN-Verbindungen sowie der technischen Bauteile, die die Ampelbevorrechtigung und Fahrgastzählung ermöglichen. Der Vorteil: Für die Tests müssen keine Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Die Aufenthaltsräume und das I+K-Labor wurden platzsparend in der bisherigen Abstellhalle untergebracht.
Die Fläche, auf der zuvor das sogenannte Dienstantrittsgebäude der Fahrer*innen stand, nämlich direkt neben der Abstellhalle für die Straßenbahnen, wurde für den großen Anbau an die bestehende Abstellhalle gebraucht. Nach rund zweijähriger Bauzeit ist dieser im Sommer 2023 soweit fertiggestellt worden, dass die VAG erste Fahrzeuge abstellen konnte.
Und weil die VAG für mehr Straßenbahnen mehr Ersatzteile braucht, wurden auch gleich ein neues Hochregallager und ein neues Lager für 18 Drehgestelle gebaut. Es wurde über der Trafostation errichtet, die die Werkstatt mit elektrischer Energie versorgt, und liegt auf einer Ebene mit der Tramwerkstatt. Durch das neue Hochregallager werden im Untergeschoss der Werkstatt Flächen frei. Die VAG hat nun die Möglichkeit, Ersatzteile, die bisher in der U-Bahn-Werkstatt in Nürnberg-Langwasser gelagert waren, in der Heinrich-Alfes-Straße einzulagern. Das spart künftig Wege und damit auch Wegezeit.
Bäume und Hecken
mussten weichen
Der Anbau an die bestehende Abstellhalle der Straßenbahnen wird, so die jüngste Entscheidung, nun doch schneller teilweise zur weiteren Werkstatt ausgebaut. Gruben sind bereits vorhanden und aktuell noch abgedeckt. Noch dieses Jahr werden zwei Dacharbeitsbühnen entlang eines der fünf Gleise eingebaut. Die benachbarten Gleisbereiche können weiterhin als Abstellgleise verwendet werden. Die Erweiterung der Werkstatt ist notwendig, weil die bestehende Werkstatt nicht ausreicht, um einerseits die Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten, die Reparaturen und großen Fristen durchzuführen und parallel die erforderlichen Arbeiten für die Zulassung der neuen Avenios.
Der vorgezogene Ausbau zur Werkstatt ist auch notwendig, weil die VAG die Arbeitsstände in der bisherigen Straßenbahnwerkstatt an die gewachsenen Anforderungen anpassen muss. Während der gesamten Modernisierungsaktion müssen dennoch alle anstehenden Wartungs-, Instandhaltungs- sowie Reparaturarbeiten durchgeführt werden, sodass der Betrieb immer genügend Fahrzeuge zur Verfügung hat.
Am Standort des Straßenbahnbetriebshofs Heinrich-Alfes-Straße sollen in den nächsten Jahren auch die Abteilungen des Geschäftsbereichs Fahrweg zusammengelegt werden, der seinen bisherigen Standort an der Maximilianstraße endgültig aufgeben wird. Für Teile des Geschäftsbereichs hat die VAG den Betriebshof 2010 zum ersten Mal ausgebaut. Damals sind Gebäude für die Infrastruktur-Meistereien des Fahrwegs, also für den Straßenbahn-Gleisbau, die Fahrleitungsmeisterei und die Meisterei Licht- und Kraftstrom entstanden. Nun soll im Umfeld dieses Gebäudes ein Neubau mit Büros, weiteren Werkstätten und einem weiteren Lagerbereich errichtet werden. Der frei stehende Neubau soll über drei Vollgeschosse und Keller verfügen und bekommt eine Bruttogeschossfläche von rund 6400 Quadratmetern. Weichen muss hierfür ein Gebäude, in dem bisher die Gleise gebogen worden sind, sowie der nordwestliche Flügel des Gebäudes für die Meistereien. Die Gleisbiegehalle wird an anderer Stelle am Gelände neu gebaut.
Die aktuell bestehenden Lagerflächen am Standort Maximilianstraße werden in der Heinrich-Alfes-Straße neu konzeptioniert und mit den bereits vorhandenen Lagerflächen des Fahrwegs zusammengeführt. Teilweise wurden diese Arbeiten schon vorbereitend in Angriff genommen. Im Zuge des Ausbaus des Straßenbahnbetriebshofs soll auch eine neue Kantine entstehen.
Im Vorfeld der Um- und Ausbauarbeiten mussten auf dem Gelände des Straßenbahnbetriebshofs Bäume und Hecken weichen, die die VAG vor knapp 20 Jahren gepflanzt hatte. Von diesen insgesamt 32 Bäumen wurden 13 an neue Standorte im Stadtgebiet versetzt, beispielsweise in den Marienberg-Park. Ziel der aufwendigen Umzugsaktion: gesunde und gut gewachsene Bäume erhalten. Die Maßnahme ist gemeinsam mit dem Servicebetrieb Öffentlicher Raum der Stadt Nürnberg durchgeführt worden. Für Bäume, die als nicht erhaltenswert eingestuft worden sind, wurden Ersatzpflanzungen vorgenommen. Und zwar am bisherigen Standort wie auch im historischen Wassergewinnungsgebiet Hammer der N-Ergie Aktiengesellschaft.
Neu gepflanzt wurden übrigens ausschließlich Linden. Als Ausgleichsfläche für Hecken hat die VAG zudem auf einem Grundstück der Stadt Nürnberg qualitativ hochwertige Hecken in gleicher Menge anpflanzen lassen. Bei der Planung der Maßnahme lag der Fokus auf den Artenschutzbestimmungen. Diese wurden mit Experten beleuchtet und besprochen.
Auch wenn der Straßenbahnbetriebshof verdichtet wird, werden dort weiterhin Lebensräume für Vögel und Kleintiere angeboten. So werden zum Beispiel auch die neuen Dachflächen begrünt – alleine die neue Abstellhalle bietet 3000 Quadratmeter Gründach. Zudem wird wieder neues Fassadengrün gepflanzt und ein Teich angelegt. Vergleichbare Maßnahmen sind bei der VAG schon lange Standard – waren es auch 2003, als der Betriebshof in Betrieb gegangen ist.
Bauherr für alle Maßnahmen ist die VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft. Die zuständigen Geschäftsbereiche definieren vorab, welche Anforderungen sie haben. Die Projektleitung hat die N-Ergie Immobilien GmbH übernommen, ein Tochterunternehmen der Konzernschwester N-Ergie, die bereits auf jahrzehntelange Erfahrung auch im Bereich Nahverkehr verfügt. Zur Unterstützung ist bei der Projektsteuerung die PB-Consult Nürnberg im Boot, eine 50-prozentige VAG-Tochter. Die Generalplanung haben die Quadra Ingenieure Nürnberg übernommen, die über relevante Erfahrungen verfügen. Und beim umfassenden Grünplan ist FÜHRES LandschaftsArchitektur, Zirndorf, hinzugekommen.
Namensgeber des Betriebshofs ist Heinrich Alfes. Der Bremer Kaufmann war Gründer der Nürnberg-Fürther Straßenbahn. Der Reitbahnbesitzer und ehemalige „Gassenreiniger“ – ein nächtliches Geschäft, das durch den Ausbau der städtischen Kanalisation überflüssig wurde – hatte sich 1876 auf „Pferdebahnen“ spezialisiert. 1879 bewarb er sich in Nürnberg um die Konzession. In den Anfangsjahren von 1881 bis 1883 war Heinrich Alfes alleiniger Inhaber der Nürnberg-Fürther Straßenbahn, dann wandelte er sie in eine Aktiengesellschaft um. 1903 übernahm die Stadt Nürnberg den Verkehrsbetrieb, um den ÖPNV nach ihren Vorstellungen ausbauen zu können. (Elisabeth Seitzinger)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!