Vor Kurzem wurden der Bayerische Architekturpreis und der Staatspreis für Architektur verliehen. Bei der feierlichen Preisverleihung im Haus der Architektur in Munchen ehrten die Bayerische Architektenkammer und die bayerische Staatsregierung zum achten Mal Persönlichkeiten, die sich besonders für die Baukultur in Bayern engagiert haben.
Die Kooperative Grossstadt, Architekt Florian Nagler und Geöffnete Wände – Diözesanmuseum Freising von Brückner & Brückner Architekten mit iam interior.architects.munich und realgrün Landschaftsarchitekten wurden mit dem Bayerischen Architekturpreis ausgezeichnet. Florian Nagler erhielt zusätzlich den Bayerischen Staatspreis für Architektur. Darüber hinaus gab es noch zwei Anerkennungen für die Landschaftsarchitektin Irene Burkhardt und den Architekten, Stadtplaner Bernhard Landbrecht.
Bauminister Christian Bernreiter (CSU), vor Ort vertreten von Amtschef Thomas Gruber: „Die Gestaltung unserer architektonischen Umwelt ist eine gemeinsame Verantwortung, der wir uns alle stellen müssen. Wir stehen vor zahlreichen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam mit kreativen Planungs- und Baubeteiligten bewältigen können. Die ausgezeichneten Projekte prägen unseren Kulturstaat Bayern und liefern inspirierende Antworten.“
Zukunftsweisende Wohnlösungen
„In Zeiten, die von Unruhe und Unsicherheit im Hinblick auf die Zukunft geprägt sind, stellt sich die Frage, wie Baukultur für uns, für das Gemeinwesen und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einen wertvollen Beitrag leisten kann“, so die Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, Lydia Haack. Ihrer Ansicht nach gelingt das am besten, „wenn Architektur unser Zusammenleben ordnet, ohne zu bestimmend zu werden. Wenn ein offener Umgang mit den Fragen der Vergangenheit zu spüren ist, aber auch zukunftsgewandt gelebt werden kann und Architektur zum Ort des lebendigen Austauschs wird.“ Die Preisträgerinnen und Preisträger hätten dafür vorbildliche Beiträge geleistet.
Aus den Begründungen des Preisgerichts:
„Die Kooperative Grossstadt eG wird für ihr besonderes Engagement bei der Umsetzung von zukunftsweisenden Wohnlösungen geehrt, die in architektonischer und gesellschaftlicher Hinsicht beispielhaft sind. Die im Oktober 2015 gegründete Genossenschaft Kooperative Grossstadt eG hat es sich zur Aufgabe gemacht, München nach neuen Potenzialen, Orten und Bauplätzen zu durchforsten, um mit anspruchsvoller Architektur die Stadt für ALLE weiterzubauen. Aus diesem Engagement gehen bereits einige bemerkenswerte Bauten hervor, beispielsweise das Projekt San Riemo, das 2022 mit dem DAM-Preis ausgezeichnet wurde, und das Ensemble Freihampton, das 2023 für die Architektouren ausgewählt wurde.
Die Wohnungsfrage versteht die Kooperative sozial, politisch und architektonisch. Architektonische Standards werden infrage gestellt, soziale Nachhaltigkeit wird als komplexes Gefüge bei jedem Projekt neu definiert und umgesetzt. So nehmen ihre Mitglieder auch eine wichtige gesellschaftliche Verantwortung wahr, um dem Wohnraummangel aktiv entgegenzutreten.“
„Das 2023 wieder eröffnete Diözesanmuseum Freising wird als Projekt von architektonischer Exzellenz und besonderer Strahlkraft ausgezeichnet. Aus dem vormaligen, unzugänglichen Knabenseminar der Erzdiözese München und Freising wurde unter dem Titel ’Geöffnete Wände‘ ein einladendes Haus, das aktuelle Schwerpunkte des Planens und Bauens wie das Bauen im Bestand, Zirkularität, die energetische Sanierung, die Barrierefreiheit sowie nicht zuletzt das Thema Kunst am Bau in vorbildlicher Weise miteinander verbindet“, so die Jury. Eindrucksvoll spiegle das Ergebnis die „selbstbewusste und dabei sensible Auseinandersetzung der Architekten mit dem besonderen Ort wider: Das neue Diözesanmuseum und sein barrierefreier Zugang liegen heute in der Mitte Freisings und weisen in die Zukunft. Einzigartig, einladend und sinnlich geht von ihm in Freising heute eine besondere Kraft aus.“
Pionier auf dem Gebiet
des einfachen Bauens
Den Architekten Florian Nagler bezeichnet das Preisgericht „als Pionier auf dem Gebiet des einfachen Bauens. Im Rahmen seiner Professur am Lehrstuhl ’Entwerfen und Konstruieren‘ der Technischen Universität München befasst der Architekt sich seit 2010 in Forschung und Lehre ebenso wie mit seinem Büro Florian Nagler Architekten (seit 2001) in seinen Werken mit vereinfachten Bauweisen.“ Innovation durch Reduktion sein Credo, so die Jury. Mit dem Forschungsprojekt „Einfach Bauen“ in Bad Aibling hat Nagler drei Häuser aus Holz, Ziegeln und Beton realisiert, „bei denen alles weggelassen wurde, was sich aus seiner Sicht auch bei seinen eigenen Projekten in den letzten 20 Jahren nur begrenzt bewährt hat.“ Selbstkritisch vertraue er heute darauf, „dass Material und eine dem jeweiligen Baustoff entsprechende Konstruktion ohne Hightech zu energetisch ebenso wie atmosphärisch und gestalterisch überzeugenden Ergebnissen führen.“ Damit wurde Nagler auch zum Mitstreiter für die Initiative „Gebäudetyp-e“, die „diesen Ansatz konsequent verfolgt“, betont die Jury.
Die Landschaftsarchitektin Irene Burkhardt wird laut Preisgericht für ihr Eintreten für ökologische Stadt- und Freiraumplanung mit einer Anerkennung ausgezeichnet. „Ihr Engagement in Hinblick auf Nachhaltigkeit, Klimaanpassung und Identitätsstiftung bestimmt ihre Arbeit für die Landeshauptstadt München, in ihrem eigenen Büro sowie auch berufspolitisch.“
Bernhard Landbrecht, Regierungsbaumeister, Architekt und Stadtplaner, wird für seinen beispielhaften Einsatz als Heimatpfleger der Stadt München mit einer Anerkennung geehrt. Landbrecht amtiert seit 2017 als Heimatpfleger der Landeshauptstadt und ist zudem verantwortlicher Redakteur der vierteljährlich erscheinenden Fachzeitschrift Der Bauberater des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege und als Preisrichter tätig.
Die Hauptpreise sind mit jeweils 7500 Euro dotiert, die Anerkennungen mit je 2000 Euro. Die Verleihung findet seit 2007 alle zwei bis drei Jahre statt, zuletzt im Jahr 2021. (Friedrich H. Hettler)
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