Bauen

Der begrünte terrassenförmige Innenhof mit großen Granitstufen zum Sitzen. (Foto: Landratsamt Neustadt an der Waldnaab)

29.05.2019

Beton-, Glas- und Holzoptik

Der neue Landratsamt-Erweiterungsbau „Am Hohlweg“ in Neustadt an der Waldnaab

Die Verwaltung des Landratsamts Neustadt an der Waldnaab platzte aus allen Nähten. Das in den 1970er-Jahren hinter dem Neuen Schloss am Hohlweg platzierte würfelförmige Gebäude entsprach weder städtebaulich, architektonisch, energetisch noch vom Raumangebot her den zeitgemäßen Vorstellungen einer modernen Behörde. Da eine Sanierung deshalb wenig sinnvoll erschien, entschied sich der Landkreis stattdessen zu einem Abbruch des Gebäudes und einem Neubau an gleicher Stelle.

Die Herausforderungen an die Planung waren hoch. Auf einer stark begrenzten Fläche in steiler Hanglage mussten Büroflächen für über 100 Arbeitsplätze untergebracht werden. Zudem sollte der Neubau die direkt anschließenden, denkmalgeschützten Gebäude, in denen weitere Teile des Landratsamts angesiedelt sind, möglichst wenig beeinträchtigen. Direkt im Anschluss befinden sich das Neue Schloss, ehemaliger Wohnsitz der böhmischen Fürsten von Lobkowitz aus dem 17. Jahrhundert, und daneben das Alte Schloss sowie der komplett unter Ensembleschutz stehende historische Stadtplatz Neustadts.

Den ausgeschriebenen Architektenwettbewerb entschied das Büro Bruno Fioretti Marquez aus Berlin einstimmig für sich. Die Jury überzeugte der Entwurf, der das Eckgrundstück an seinen Rändern umfasste und mit zwei verglasten Durchgängen jeweils an der Längsseite des Neuen Schlosses andockte. Der Vorschlag mit einem vierstöckigen U-förmigen Baukörper gefiel durch die moderne, in die Tiefe gehende Bauweise in Beton-, Glas- und Holzoptik sowie einem Pultdach.

Zu den Straßenseiten Knorrstraße und Am Hohlweg greift die eher geschlossene Betonfassade die ehemalige Stadtmauer wieder auf und überschreitet nicht die Oberkante der Erdgeschossdecke des historischen Neuen Schlosses. Auf dieser Seite befinden sich die Flure mit nur wenigen, aber großflächigen verglasten Ausschnitten. Nach innen zum Neuen Schloss hin liegen die Büro- und Besprechungsräume, diese Fassade ist komplett bodentief verglast und vermittelt ein offenes Erscheinungsbild.

Der terrassenförmige begrünte Innenhof lädt mit großen Granitstufen zum Sitzen ein. Nach dem klaren Ergebnis des Architekturwettbewerbs erfolgte zügig der erforderliche Beschluss des Kreisausschusses und die Detailplanung mit Genehmigungsphase konnte starten. Anschließend wurden die betroffenen Mitarbeiter im Sommer 2016 in mehrere angemietete Gebäude in Neustadt an der Waldnaab ausgelagert. Dies war für die Arbeitsabläufe und die reibungslose Zusammenarbeit nicht immer einfach.

Nach der Planungsphase wurde das Vorgängergebäude im Herbst 2016 abgerissen, eine riesige Baugrube ausgehoben und anschließend mit den Neubauarbeiten begonnen. Die tiefe Baugrube stellte eine besondere Herausforderung dar. Die steilen Wände zu den beiden höher liegenden Straßen wurden durch betonierte Bohrpfahlwände gegen Abrutschen gesichert. Dann konnten die eigentlichen Bauarbeiten starten.

Barrierefrei und klar strukturiert gestaltet

In nur zwei Jahren Bauzeit entstand ein architektonisches Highlight: Die Anbindung eines modernen Bürotrakts an das bedeutendste Gebäudeensemble der Stadt gelang. Hier zeigt sich intelligente Architektur unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes, städtebaulicher, gestalterischer und ökologischer Aspekte sowie der Anforderungen an ein zeitgemäßes Verwaltungsgebäude.

Das Gebäude C des Landratsamts beheimatet seit März 2019 die – neben der Zulassungsstelle – von der Öffentlichkeit am meisten frequentierten Sachgebiete: Das komplette rechtliche und technische Bauwesen mit Umwelt- und Naturschutz, die Zentrale Vergabestelle, die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses, das Sozialwesen einschließlich Asylangelegenheiten, Ausländerrecht und Personenstandswesen, staatliches Abfallrecht und Bodenschutz sowie einen Teil der IT. Neben einigen kleineren Besprechungsräumen und Wartebereichen gibt es natürlich auch barrierefreie WCs, einen Sanitätsraum sowie eine Still- und Wickelmöglichkeit.

Der Neubau für gut 100 Beschäftigte des Landratsamts wurde barrierefrei und klar strukturiert gestaltet. Im Eingangsbereich des neuen Foyers befindet sich bei der Poststelle auch ein Informationsschalter. Trotz seiner vier großen Etagen ordnet sich das moderne Bauwerk dem direkt anschließenden Baudenkmal Neues Schloss aufgrund der Hanglage architektonisch unter.

Dank der Fensterfront sind die Büros tageslichtdurchflutet und bieten auch in der untersten Ebene angenehme Arbeitsbedingungen. Für viele Besucher unerwartet und noch etwas gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass man sich – aufgrund der Hanglage – beim Betreten des Gebäudes durch den neuen Haupteingang auf Ebene 3 befindet und dann über die Treppe oder den Aufzug nach unten zu den weiteren Ebenen 2, 1 und 0 gelangt.

Nach der Fertigstellung des Neubaus und dem Umzug der künftigen Neubau-Mitarbeiter konnten schließlich weitere Beschäftigte des Landratsamts ihre Übergangsdomizile in Neustadt verlassen und in frei werdende Räume im Alten Schloss zurückkehren. Somit ist nun fast die gesamte Landkreisverwaltung zentral in der Mitte Neustadts angesiedelt, was sowohl für die Besucher die Abläufe verbessern und für die Mitarbeiter die Zusammenarbeit optimieren soll.

Besonderer Blickfang ist der neu entstandene Innenhof mit großen Sitzstufen aus Granit, Bäumen und auch sonst viel Grün. Die Fläche steht genauso wie der bestehende Barockgarten auch der Öffentlichkeit als Ruhe-Oase zur Verfügung und bietet sich darüber hinaus für kulturelle Veranstaltungen an. (Claudia Prößl)

(In nur zwei Jahren Bauszeit entstand der Erweiterungsbau; das Treppenhaus - Fotos: Landratsamt Neustadt an der Waldnaab)

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