Bauen

Die Zentrale Bibliothek, der Bleistiftturm und die Kubushäuser im Hintergrund. (Foto: Wiegand)

08.07.2016

Das Manhatten an der Maas

Rotterdam: Internationale Stararchitekten haben der Stadt ein neues, modernes Gesicht gegeben

Mit elegantem Schwung überspannt die 1996 fertiggestellte Erasmusbrücke, geplant durch Ben van Berkel, die Nieuwe Maas, einen Flussarm der Maas. Sie ist Rotterdams Wahrzeichen geworden, einer Stadt, die 1940 von der deutschen Luftwaffe zerstört wurde. In der zerbombten Altstadt trotzte nur die spätgotische Laurenskirche dem Inferno. Erhalten blieb auch das Witte Huis am Alten Hafen. Dieser 43 Meter hohe Jugendstilbau von 1898 nach Plänen von Willem Molenbroek war das erste Hochhaus Europas. Weit höhere Wolkenkratzer stehen nun am Flussufer Spalier. Nicht nur dort. Am kürzlich modernisierten Hauptbahnhof Rotterdam Centraal setzt schon seit 1992 der 151 Meter hohe „Delftse Poort“, geplant von Abe Bonnema, ein Ausrufezeichen.
Wie Phönix aus der Asche ist Rotterdam wieder erstanden. Internationale Stararchitekten haben der Stadt ein neues, modernes Gesicht gegeben. Auf der Nordseite des Flusses ragen links neben der Erasmusbrücke seit 2000 die beiden Hochhäuser „Hoge Heren“ empor, zwei hohe Herren in dunkelgrau, konzipiert von Weil Arets. Daneben der gelbliche „Hoge Erasmus“ (2001) von Klunder Architecten. Erasmus von Rotterdam (1469 bis 1536), das Genie des Mittelalters, bleibt präsent.
Weiter links präsentiert sich seit 2006 das von Neutelings-Riedijk auffällig gestaltete College Rotterdam, während rechts von der Brücke der rötlich-schlanke Red Apple von KCAP und die weiße, von Wim Quist überholte Maaersk-Verwaltung Aufmerksamkeit erregen.

Der höchste Bürobau
der Benelux-Staaten


Am Maas-Südufer, auf der Halbinsel Kop van Zuid, wurde Rem Koolhaas, Hollands weltweit renommierter Stararchitekt, eindrucksvoll tätig. 150 Meter misst sein „De Rotterdam“, ein 2013 fertiggestellter Dreiteiler, der auch das schicke „nhow-Hotel“ beherbergt. Zimmer mit Aussicht auf die Erasmusbrücke und die Hochhaus-Phalanx inklusive.
Neben dem mächtigen Koolhaas-Bau wirkt der KPN-Tower von Renzo Piano fast filigran. Rechterhand schließen sich die Wolkenkratzer New Orleans von Alvaro Siza und das fantasievoll verschrägte Montevideo von Francine Houben an. Am Zipfel der Halbinsel nimmt Norman Fosters „World Port Center“, das ehemalige Terminal der Holland-Amerika-Lijn, das nun als Hotel fungiert, unter seine Fittiche. Der stattlichste im Bunde ist seit 2009 der 165 Meter hohe „Maas Tower“ entworfen von Dam & Partners Architecten, der höchste Bürobau der Benelux-Staaten.
All das ermöglichte der Entwicklungsplan Kop-van-Zuid für das zuvor vernachlässigte Maas-Südufer. Noch mehr kam er dem Viertel Katendrecht zugute. Statt Seemannsspelunken und Bordells stehen dort nun Wohnhäuser. Ganz „in“ ist die in ehemaligen Werfthallen eröffnete „Fenix Food Factory“. Bei Kaffee und vor farbigen Hochhäusern relaxen. „Schau’n Sie sich auch die Kunsthal im Museumspark an, eines der frühen Werke von Rem Koolhaas“, rät Stadtführer Eric Dekker, selbst Architekt. Dass Koolhaas dort Mies van der Rohe zitiert ist unverkennbar. Ein weiteres Ziel ist das „Het Nieuwe Insituut“, das 2013 von Jo Coenen umgestaltete Museum für Architektur und Design. Wie witzig Moderne sein kann, zeigt sich im Stadtviertel Blaak. Die gleichnamige Metrostation ähnelt draußen einer fliegenden Untertasse. Der quittengelbe „Industriebau“ von 1977, den sich die Technik-Professoren Jaap Bakema und Carel Weeber ausdachten, entpuppt sich als „Bücher-Dampfer“, sprich als Zentrale Bibliothek.
Recht konservativ wirkt dagegen Hans Kollhoffs Statendam Tower von 2009. Weit mehr traute sich 1984 Piet Blom mit seinem lustigen Bleistiftturm (Het Potlood) und den benachbarten Kubushäusern. Die 38 sonnenfarbenen, ineinander geschachtelten und um 45 Grad gekippten Wohnwürfel in Overblaak 70 waren bald weltberühmt. Die schrägen Wände drinnen verlangen jedoch geschickte Möblierung. Der neueste Hit ist dort die hufeisenförmige, 120 Meter lange und 70 Meter breite Markthalle nach Plänen von MVRDV. Drinnen überrascht ein fröhlich buntes Füllhorn. Gemeint ist die 11 000 Quadratmeter große Deckendekoration von Arno Coenen. Blumen und Gemüse an den Ständen und über den Köpfen. Die über der Markthalle Wohnenden gucken durch kleine Fenster aufs quirlige Treiben.
Nach all’ der faszinierenden Moderne lässt sich am alten Flusshafen im Stadtteil Delfshaven das romantische Rotterdam und dessen Bauweise entdecken. Im Aelbrechtskolk reihen sich kleine Häuser mitsamt Kapelle, Pilgerväter-Kirche und der typischen (rekonstruierten) Windmühle. Eine hölzerne Hubbrücke überspannt das Wasser, an den Kais Oldtimer-Schiffe und kleine Motoryachten. Auch das ist Rotterdam. (Ursula Wiegand) (Die Kubushäuser; die Erasmusbrücke und die Markthalle - Fotos: Wiegand)

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