Der Name des international tätigen Münchener Architekten Peter Haimerl schallt spätestens seit dem spektakulären Bau des Konzerthauses im Jahr 2014 im 2000-Seelenort Blaibach durch den ganzen Bayerischen Wald. Für das „Wunder von Blaibach“ wurde er nun vom Bund Deutscher Architekten (BDA) mit der Großen Nike ausgezeichnet. Die Jury des BDA würdigte das Projekt als „ungewöhnliches kulturelles und bürgerschaftliches Engagement aus der Region, das einen Ort für die Musik schaffen wollte, der auf den ganzen Ort und weit darüber hinaus strahlt“. Alle Kategorien der Großen Nike kulminieren in diesem Projekt, soziales Engagement, wegweisende experimentelle Lösungsansätze, zeitgemäße Konstruktion und zeitlose Materialien. Im Zusammenspiel der Initiatoren, der Blaibacher Bevölkerung und des Architekten wurde in einem kleinen Ort Großartiges geschaffen, heißt es in der Jury-Begründung.
Für ihn sei dieser Preis etwas ganz Besonderes, weil er wie kein zweiter für architektonische Qualität in Deutschland steht, sagt Peter Haimerl und bedankt sich im gleichen Atemzug bei seinen Mitstreitern,

die mit ihm stolz darauf sein dürfen: die Initiatoren und Ideengeber Bariton Thomas E. Bauer und Uta Hielscher sowie die Gemeinde Blaibach und Behörden wie die Regierung der Oberpfalz und das Landratsamt Cham.
Haimerl, der aus Eben bei Viechtach im Bayerischen Wald stammt, hat mit Durchhaltevermögen und bayerischer Dickschädeligkeit verwirklicht, was ihm für seine Heimatregion ein großes Anliegen ist: Neues mit Altem zu verbinden, Substanz zu erhalten und dennoch eine moderne Architektur zu schaffen, die cool ist, modern und hip, die Leben in verwaiste Ortskerne bringt und Anreiz ist auch für junge Leute. Regionale Baumaterialien und die kreative Wiederverwendung alter Bausubstanz aus dem Bestand tragen dazu wesentlich bei. Diese fruchtbare Symbiose schafft Lebensqualität.
Das verfolgt Haimerl auch mit dem Projekt „Heimatloft“ in seinem Geburtsort Viechtach. Die Kleinstadt, die derzeit unter zwei katastrophalen Baulücken im Ortskern leidet, hat ihn zum Stadtplaner berufen. Denn trotz vieler Projekte wie „zoomTown“, das seit 2000 als offene Forschungsplattform zur Optimierung und Reorganisation städtischer Umwelt und preisgekrönter Bauten wie einer Parkgarage in der Münchner Innenstadt oder dem Spiegel-Pavillon im Stadtpark von Cincinnati, bleibt das Thema „Bauen im Bestand“ für seine Heimatregion ein wichtiger Teil seiner Arbeit. Das Leitmotiv heißt hier „Attraktion statt Restriktion“.
Berühmt, aber auch berüchtigt
Im Rahmen der von ihm ins Leben gerufenen Initiative „Haus.Paten“ engagiert er sich für eine Baukultur im Bayerischen Wald – wer die Baumisere hier kennt, weiß, das ist ein dringliches Desiderat. Haimerls Denken geht über fachlich einschränkende Grenzen hinaus. Mittlerweile ist er berühmt – mancherorts vielleicht berüchtigt – dafür, unkonventionelle Lösungen und neue Ideen zu entwickeln und in Zusammenarbeit mit Computer-Programmierung, Soziologie, Wirtschaft, Politik und Kunst zu erarbeiten. Denn „Architektur ist das, was man denken kann“.
Zu dieser Einsicht kam Haimerl als Student, als er sich, eher zufällig, mit dem Haus X von Peter Eisenman befasste. Nachdenken über Architektur, kommunizieren, um logische Vorgehensweisen zur

Problemlösung zu finden, ist die erste und wichtigste Strategie für diese unorthodoxe Erscheinung in der deutschen Architektenszene. Seine ungewöhnlichen Lösungen sorgen im kleinen wie im großen für kontroverse Diskussionen, am Ende aber halten sich positive Überraschung und Überzeugung die Waage. Wie im Fall des Konzerthauses in Blaibach, das von der umstrittenen Schuhschachtel zum Wunder avancierte, heute als gebaute Selbstverständlichkeit den Ortskern souverän charakterisiert und wegweisend für Lösungsmöglichkeiten auch im großen Rahmen steht.
Haimerl studierte an der Fachhoschule (FH) in München, anfangs mehr aus Verlegenheit, wie er erzählt. Doch der flexible Querdenker fand in der Architektur ein weites Betätigungsfeld und blieb bei der Stange. Nach dem Diplom 1987 arbeitete er in verschiedenen Architekturbüros, bei Günther Domenig in Wien und Graz, bei Raimund Abraham, Wien/New York, und Klaus Kada, Graz/Leibnitz.
1988 bis 1991 war er am städtebaulichen Forschungsprojekt „Die offene Stadt“ mit Paul Schlossbauer und Paul Lixl beteiligt. 1991 gründete er sein eigenes Büro in München und musste lernen, mit den konservativen Münchnern zurechtzukommen. Das scheint nicht gerade einfach gewesen zu sein. Wenn der bodenständige Haimerl erzählt, er sei geradezu eingeschüchtert gewesen von den Kollegen in der Hauptstadt, mag man das kaum glauben.
Sein flexibles Denken, kombiniert mit Durchsetzungskraft, stießen auf mächtigen Gegenwind, in dem er aber mittlerweile wohl gut lavieren kann. Für den Umbau der Salvatorgarage in München 2006 erhielt er den Preis für Stadtbildpflege der Stadt München. Dort erhöhte er das denkmalgeschützte Parkhaus von Franz Hart um zweieinhalb Geschosse und verkleidete sie mit einer verzinkten Stahlfassade, die dem Bau eine Krone aufsetzt – dafür gab es dann noch den Verzinkerpreis obendrauf.
Peter Haimerl macht alles anders als die anderen, das aber macht, nach schwierigen Anfangsjahren, seinen Erfolg aus – mittlerweile hat er eine eindrucksvolle Liste an Preisen vorzuweisen. Er hat gelernt, auf Gemeinden und Bauträger zuzugehen und ihnen zu sagen, was er zu tun für richtig hält. Er hält Vorträge, holt Fachleute und Bürger zusammen, diskutiert und ist vor Ort als Ansprechpartner vorhanden. Er bündelt soziales Engagement, hat mit seinen Wurzeln im Bayerischen Wald ein ausgeprägtes Gespür für die dörfliche Identität und sucht immer neue, kreative Lösungsansätzen, um die Strukturen kleiner Orte und Dörfer wieder attraktiv zu machen, indem er den Menschen den Wert ihrer Traditionen vor Augen führt. Das Neue ist nicht immer das bessere, aber in der Kombination von Alt und Neu kann etwas entstehen, das das Alte erneuert. Bisher haben sich mit der Zeit auch die hartnäckigsten Gegner überzeugen lassen.
(Ines Kohl)
(Das Konzerthaus in Blaibach und die Salvatorgarage in München - Fotos: Edward Beierle)
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