Bad Kissingen, die bekannteste Kurstadt Deutschlands, steht gemeinsam mit anderen europäischen Kurbädern neuerdings auf der Liste des Unesco-Welterbes. Geprägt wird die Stadt seit dem 19. Jahrhundert, als Kaiser, Könige und Künstler an der Saale weilten und es damit zu einem der berühmtesten Weltbäder in Europa machten, vom gepflegten Kurgarten, der größten Wandelhalle Europas sowie dem Regentenbau als Wahrzeichen der Stadt.
König Ludwig I. von Bayern ebnete den Weg zur bald wachsenden internationalen Bedeutung Bad Kissingens. So weilte Kaiserin Elisabeth „Sisi“ von Österreich ab 1862 sechsmal zu Kuraufenthalten in der Stadt an der Saale. Mit Zar Alexander II. von Russland samt Gefolge stieg Kissingen zum Modebad der europäischen Aristokratie auf. Heute erfreut sich das ganzjährige Sport-, Wellness- und Kulturangebot großer Beachtung. Gleiches gilt inzwischen für neue klinische Wege zu individuell seelisch-mentaler Stabilität.
Nicht weniger als sieben mineralstoffreiche Quellen treten in Bad Kissingen und Umgebung aus der Erde. Eine trägt den Namen von Fürst Rákóczi, genauer des ungarischen Feldherrn Ferenc Rákóczi II., dem erfolgreichen Anführer der Befreiungsbewegungen Ungarns von Österreich. Eine Bronzestatue des Adeligen steht vor dem Kaiserhof-Hotel Victoria und ist wichtige Station auf Rundgängen durch Kuranlagen und Stadt.
Die erstaunten Zuhörer erfahren dort, dass Rákóczi nie in Bad Kissingen war. Aber 1737, nach seinem Tod, wurde eine neue Heilquelle nach ihm benannt, weil die Erinnerung an ihn so stark war, ebenso die Wirkung des Wassers im Verdauungstrakt der Kurgäste. Um 1800 übernahmen auch amtliche Stellen den Namen der Quelle.
Einer der besten
Konzertsäle der Welt
Die Wittelsbacher, die in Bad Kissingen Stammgäste waren, schickten die besten Architekten aus München in die Stadt an der fränkischen Saale. Der im sächsischen Chemnitz geborene Bernhard Max Littmann (1862 bis 1931), der sich nach seiner Ausbildung 1888 an der Isar niederließ, ist typischer Vertreter Münchener Baukunst: München verdankt Littmann das Hofbräuhaus (1896/97) und das Prinzregententheater (1900/01), ferner zahlreiche Kauf- und Geschäftshäuser.
In Bad Kissingen baute Littmann, von Prinzregent Luitpold 1905 zum „Spezialkommissar für die staatlichen Neubauten im königlichen Kurgarten“ ernannt, das Theater (1905) und den Maxbrunnen. Sein Hauptwerk, der Regentenbau, entstand in nur 21 Monaten zwischen 1911 und 1913. Eingeweiht am 15./16. Mai 1913 von Prinzregent Ludwig III., ist der Regentenbau das Wahrzeichen von Bad Kissingen und hat drei Säle: Den Littmann-Saal, mit über 1000 Plätzen, drei Emporen und einer Königsloge, der durch seine Kirschbaumvertäfelung mit seiner Akustik zu einem der besten Konzertsäle der Welt gehört, daran anschließend Weißer Saal und Grüner Saal. Littmanns letztes Werk in der Badestadt an der Saale war das Staatliche Kurmittelhaus (1926/27).
Im Museum Obere Saline erinnert man an Otto von Bismarck mit einem Museum. Wieso Bismarck? Nun, der Reichskanzler kam zwischen 1876 und 1893 zu 15 Kuraufenthalten nach Bad Kissingen. Er verlegte seinen Regierungssitz mit allen wichtigen Hofbeamten an die Fränkische Saale, wohnte und regierte im spätbarocken Salinenschloss, von den Würzburger Fürstbischöfen in der Oberen Saline als Salzproduktionsstätte und Kurquartier erbaut. Neben der immer noch original eingerichteten Wohnung des „Eisernen Kanzlers“ zeigt das Museum Bismarck als Staatsmann, Privatmann und Mythos und dokumentiert seine weitreichenden politischen Entscheidungen.
Und die Saline? Mehr als 1000 Jahre lang, bis 1968, wurde in Bad Kissingen Salz erzeugt. Die Errichtung des Kissinger Gradierwerks 1562 sorgte für eine Revolution in der Erzeugung von Siedesalz. Erstmals erwähnt wird der Grenzfluss, der sich zur Salzgewinnung eignete, bereits beim lateinischen Schriftsteller Tacitus. Der Ort wird 801 in einer Schenkungsurkunde des Benediktinerklosters Fulda genannt. Noch unter den Würzburger Fürstbischöfen (bis 1803) entwickelte sich Kissingen zum Badeort. Die Wittelsbacher unter Prinzregent Luitpold und König Ludwig I. bauten und entwickelten Kissingen zu einer Kurstadt von Weltgeltung, 1883 erhob König Ludwig II., ebenfalls gerne dort Badegast, Kissingen zum Badeort.
Wie die Monarchie Bad Kissingen gefördert hat, sieht man in Bad Kissingen bis heute, wie Kulturreferent Peter Weidisch feststellt: „In der Zeit des Prinzregenten profitiert die Stadt an der fränkischen Saale vom technischen Fortschritt und den Investitionen des bayerischen Hofs.“ Der Bauboom der Prinzregentenzeit und die Modernisierung ermöglichte der Stadt an der Saale den Anschluss an die Anforderungen der Luxus gewöhnten internationalen Kurgäste.
Verwaltungssitz
und Jagdschloss
Das Museum Obere Saline zeigt in der Sonderausstellung „Weltbad Kissingen und Prinzregent Luitpold – Innovativ. International. Königlich“ die Entwicklung des Bades unter der Monarchie bis zum Ersten Weltkrieg. Deutlich wird, dass die Eröffnung des Regentenbaus im Mai 1913 ein Höhepunkt in der Geschichte von Bad Kissingen war. Exponate, Großfotos und digitale Medien in der Oberen Saline zeigen auch die Verehrung der Kissinger für den Monarchen, gilt er doch als „beliebtester Monarch in Bayerns Geschichte“ und wird in seiner 25-jährigen Regentschaft Integrationsfigur für alle Bevölkerungsschichten. Die Sonderausstellung läuft bis zum 7. Februar 2022.
Im Saaletal, nur acht Kilometer von Bad Kissingen entfernt, liegt Schloss Aschach, das der Bezirk Unterfranken für drei Millionen Euro barrierefrei gemacht hat, an der Fränkischen Saale. Das Schloss, das man im Sommer auch mit der gelben Postkutsche von Bad Kissingen aus erreichen kann, war im 12. Jahrhundert eine Burg der Grafen von Henneberg, nach der Zerstörung im Bauernkrieg Verwaltungssitz und Jagdschloss der Würzburger Fürstbischöfe.
Ab 1871 gehörte es Graf Friedrich von Luxburg. Der Regierungspräsident von Unterfranken und Aschaffenburg nutzte es – wegen der schlechten Beheizbarkeit – im Sommer ab 1893 als Fränkische Ausstellung von Altertümern in Kunst und Kunstgewerbe. 1955 schenkten sie Schloss und Inventar dem Bezirk Unterfranken, der inzwischen im Schlosshof mit dem Schulmuseum und dem Volkskundemuseum weitere Museen eingerichtet hat. (Wolfgang O. Hugo)
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