Bauen

Der Eingangsbereich mit dem neuen gläsernen Vorbau. (Foto: Landratsamt Neu-Ulm)

10.02.2012

Die Aula als Marktplatz

Das Lessing-Gymnasium in Neu-Ulm wurde modernisiert

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Weiß auf gelb steht diese Sentenz von Erich Kästner neuerdings an der Wand einer der Flure des Lessing-Gymnasiums in Neu-Ulm. Das Zitat könnte als Programm für die Neugestaltung der kreiseigenen Schule stehen. Der Landkreis Neu-Ulm als Sachaufwandsträger hat nämlich Gutes getan: Er nahm rund 2,5 Millionen Euro in die Hand, um die Schulräumlichkeiten, die aus den 1950er- und 1970er-Jahren stammen, zu modernisieren. Davon hat der Freistaat 1,3 Millionen Euro als Zuschuss zugesagt.
Die Schulfamilie wünschte sich dreierlei: Aus den vormals zergliederten, verschachtelten Gebäudekomplexen sollte ein zusammenhängendes Ganzes entstehen, das miteinander harmoniert. Zwei Haupteingänge und die als großer Saal ausgeführte Aula teilten das Erdgeschoss früher in zwei Trakte mit jeweils einem eigenen Treppenhaus. Daraus sollte ein zentraler, vom Hausmeister kontrollierbarer Eingangsbereich und ein verbindender Aufenthalts- und Versammlungsbereich geschaffen werden. Drittens stand eine Küche mit Mensa auf dem Wunschzettel, wo die Schüler in der Mittagspause verköstigt werden können.
Architekt Thomas Schmidl aus Weißenhorn löste diese Aufgaben „perfekt“, wie Schulleiter Martin Bader lobt. Indem 210 Quadratmeter neu geschaffen und 1900 Quadratmeter (Flure und acht Klassenzimmer) umgebaut wurden, sei nunmehr ein „gestalterischer roter Faden“ erkennbar, konkretisierte Rudolf Hartberger, Leitender Baudirektor am Landratsamt Neu-Ulm.
Schmidls Konzept setzte in erster Linie bei der Aula an. Sie wandelte er vom trennenden Großraum zwischen dem südlichen und nördlichen Gebäudetrakt zum – wie er sagt – „Marktplatz der Möglichkeiten“, der eine direkte Verbindung zwischen beiden Treppenhäusern herstellt. Wie die Häuser und Ladenzeilen um eine Piazza umsäumen nun Mensa und Küche, die Unterstufen- wie Oberstufen-Bibliothek, der Musiksaal und der Mehrzweckraum (alles neu) die Aula. Letztere Räume sind über mobile Wände von der eigentlichen Aula separierbar; bei entsprechendem Platzbedarf können der Musiksaal und der Mehrzweckraum umgekehrt schnell und komfortabel zur Aula dazugeschaltet werden. Insgesamt kann diese so auf 550 Quadratmeter vergrößert werden, so dass darin alle 642 Schülerinnen und Schüler des Lessing-Gymnasiums Platz finden.
Die einstmals „drückende Atmosphäre“, so Bader, in der Aula mit ihrer niedrigen Decke ist einem vom Tageslicht durchfluteten, einladenden Ambiente gewichen. Bewirkt hat dies vor allem der wintergartenähnliche, neue Vorbau, der die Aula zum Schulhof hin um 170 Quadratmeter erweitert. Neben dem neuen, alleinigen Haupteingang, der ein modernes Vordach erhalten hat, öffnet sich die Pergola mit ihrer schrägen Glasfassade zum Sonnenlicht. Mit hellen Stühlen und Tischen möbliert, wurde im Vorbau ein Aufenthaltsbereich eingerichtet. Die Schülerinnen und Schüler können hier auch das Mittagessen zu sich nehmen, das gleich nebenan an der Küchentheke ausgegeben wird.

Motiv der farbigen Spruchbänder


Die eigentliche Mensa fasst knapp 70 Plätze. Deren Decke und Wände sind – wie die aller Räume am „Marktplatz“ – im Grundton Weiß gehalten, was den hellen Gesamteindruck verstärkt. Als gestalterisches Element ist im oberen Wandbereich der Mensa auf einem orangefarbenen, friesähnlichen Band in weißen Lettern der Schriftzug „Guten Appetit“ in verschiedenen Sprachen zu lesen.
Dieses Motiv der farbigen Spruchbänder auf weißem Hintergrund findet sich in allen Fluren des Lessing-Gymnasiums wieder. Darauf sind fächerbezogene Zitate oder Formeln geschrieben, „die Lehrkräfte, Schüler und Eltern im Schulforum gemeinsam ausgewählt haben“, betont der stellvertretende Schulleiter, Fritz Martin. In den Treppenhäusern leuchten einzelne Wand- und Deckenflächen darüber hinaus in frischem, kräftigem Rot, Grün oder Blau.
Architekt Schmidl gelang es durch sein Farbkonzept, einerseits mehr Licht in dunklere Bereiche des Gymnasialgebäudes zu bringen, zum anderen die vielfältigen Details, die bislang einen wirren Eindruck hinterließen, zusammenzufassen. Changierend mit den punktuellen farbigen Elementen entsteht so ein junger, lebendiger Raumeindruck, wo einst eine unstrukturierte Farbigkeit die Gänge prägte.
Der innenarchitektonische Gesamteindruck entspricht nun der Dynamik und Modernität des Lessing-Gymnasiums. Binnen der letzten vier Schuljahre ist dessen Schülerzahl von 482 auf gegenwärtig 642 gestiegen. In diesem Schuljahr gibt es sechs Eingangsklassen; in einer der fünften Klassen mit 29 Mädchen und Buben findet erstmals das Prinzip der gebundenen Ganztagsschule Anwendung, das heißt, es wird montags bis freitags vormittags und nachmittags unterrichtet. Für diese Ganztagsklasse ist eine offene Lernlandschaft geschaffen worden. Die Klassenzimmer und der jeweils davor liegende Flur wurden mit Teppichböden ausgestattet und des Weiteren so umgestaltet, dass sich die innovative Konzeption des eigenverantwortlichen, gruppenorientierten Lernens umsetzen lässt.

Die Lieblingsecke
als Rückzugsgebiet


Schulleiter Bader erläutert: „Nur noch 25 Prozent des Unterrichts in der Ganztagsklasse sind lehrerzentriert, die übrigen drei Viertel lernen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen oder lösen selbstständig Aufgabenblätter.“ Sie können sich dazu in ihre Lieblingsecke im Klassenzimmer oder im Gang zurückziehen, wo sie auch auf dem Boden sitzen oder liegen dürfen. Nicht nur die Pflicht, kerzengerade zu sitzen, auch die Zweierbank ist von gestern; sie ist rollbaren Dreieckstischen gewichen, die zusammengeschoben werden können. Die klassischen Stühle wurden durch so genannte Hokkis ergänzt, mit denen man nach Herzenslust kippeln kann.
Der Frontalunterricht ist aufgebrochen; der Gruppenorientierung entspricht auch, dass im Klassenzimmer rundherum acht Tafeln angebracht sind, die abgenommen und wieder an die Wand gehängt werden können. Mit alldem hätte man bislang „positive Erfahrungen“ gemacht, sagt Bader.
„Unser pädagogisches Konzept und die Architektur bilden nun eine Einheit.“ Nun stünde beides für Offenheit, Klarheit und Freundlichkeit, freut sich der Schulleiter des sprachlichen und naturwissenschaftlichen Gymnasiums, das König Ludwig II. 1880 als „Königliche Realschule“ gegründet hat. (BSZ) (Spruch von Erich Kästner an einer Flurwand - Foto: Landratsamt Neu-Ulm)

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