Das Ergebnis der kommenden Bundestagswahl wird auch Einfluss haben auf die Politik in Bayern. Und so hat die Vertreterversammlung der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau jüngst Forderungen formuliert.
Wir fordern den Erhalt des Bundesbauministeriums sowie die Zuordnung von Querschnittsaufgaben, die derzeit in anderen Bundesministerien angesiedelt sind. Nur so können wir den Bedürfnissen der Gesellschaft nach einer bezahlbaren und gesunden gebauten (Um-)Welt gerecht werden.
Wir fordern einen Berufsrechtsvorbehalt für Ingenieurinnen und Ingenieure am Bau. Über allem steht als unsere Hauptaufgabe die Abwendung der Gefahr für Leib und Leben; es geht also um Sicherheit. Deshalb bedarf es dringend eines Berufsrechtsvorbehalts für sicherheitsrelevante Ingenieurleistungen. Die Anforderungen an die Fachlisten müssen bundesweit harmonisiert werden, um den Flickenteppich in Deutschland zu bereinigen und um der EU-Kommission das Argument zu entziehen, dass Länder ohne oder mit wenigen Anforderungen der Entbehrlichkeit der Listen, etwa für die Bauvorlageberechtigung oder die Nachweisberechtigung, Vorschub leisten.
Wir fordern die Fortschreibung der Leistungsbilder der HOAI, damit neue Leistungsbilder, die sich aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung ergeben (unter anderem BIM, KI, CO2-Bilanzierungen), Berücksichtigung finden.
Wir fordern ein mittelstandsfreundliches Vergaberecht, das sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch für Planungsbüros handhabbar ist. Derzeit verlieren wir uns in überbordender Bürokratie, die erhebliches Personal bindet.
Wir fordern hinreichende Mittel für intakte Infrastrukturen, die als Teil der kritischen Infrastrukturen für eine Gesellschaft überlebenswichtig sind. Die Verkehrsinfrastrukturen sowie die unterirdischen Ver- und Entsorgungsinfrastrukturen in Deutschland sind marode. Damit wir die Probleme gelöst bekommen, benötigen wir eine Verstetigung der Investitionsmittel im Bereich der Infrastruktur, damit Behörden, Planende und Ausführende Planungssicherheit haben.
Klimaschutzziele beachten
Wir fordern eine deutliche Wiederbelebung des Wohnungsbaus. Wohnen ist in Deutschland vor allem in Ballungsgebieten inakzeptabel teuer. Wir benötigen steuerliche Anreize, zuverlässige planbare Förderungen und neue Baustandards, die die Sicherheit priorisieren und nicht den Komfort. Der Gebäudetyp-e kann das neue „Normal“ sein. Wer Sonderausstattungen möchte, kann die bestellen, wie beim Autokauf.
Wir fordern zum GEG neben dessen Beibehaltung in seiner bisherigen Zielsetzung auch eine Vereinfachung der Anforderungen sowie eine zügige Umsetzung der kommunalen Wärmeplanungen. Zur Vermeidung sozialer Härten fordern wir entsprechende Förderungen zur Zielerreichung und zugleich die Schaffung von Anreizen – nötigenfalls auch über das Steuerrecht. Die Umsetzung aller klimaschutzrelevanten Maßnahmen muss sich an die UN-Nachhaltigkeitsziele 2030 orientieren.
Wir fordern den sofortigen Ausbau erneuerbarer Energien, inklusive der Netze und Speicher.
Wir fordern die konsequente Beachtung der Klimaschutzziele beim Bauen gemäß dem Klimaschutzgesetz und den UN-Nachhaltigkeitszielen, zum Beispiel durch systemische CO2-Bilanzierung und CO2-Bepreisung. Nur so hinterlassen wir eine zukunftsfähige Umwelt, vermeiden Katastrophen und Konflikte und beachten die planetaren Grenzen.
Wir fordern klare gesetzliche Grundlagen, um Bauabfälle zu reduzieren, Rohstoffe zu schonen und den Einsatz von Sekundärbaustoffen im Bauwesen aktiv zu unterstützen. Nur durch konkrete Anreize und verlässliche Strukturen kann die Bauwirtschaft nachhaltig zirkulär und klimagerecht gestaltet werden. Die Politik muss die Weichen stellen.
Wir fordern im Interesse der Bauherrschaft und des Verbraucherschutzes die Trennung von Planen und Bauen. Nur so wird sichergestellt, dass von unabhängigen Beratenden Ingenieuren und Ingenieurinnen die Interessen der Bauherrschaft umgesetzt werden und nicht die Baufirmen das verkaufen, was den größten Profit abwirft. In Einzelfällen, zum Beispiel bei Sondervorschlägen, kann es sinnvoll sein, wenn sich Planende und Ausführende von Anfang an zusammentun.
Wir fordern einen konsequenten Abbau der überbordenden Bürokratie und Vorschriften. Genehmigungsverfahren müssen erheblich überarbeitet werden, damit sie in der Umsetzung deutlich einfache und schneller werden. Wenn wir die Klimaschutzziele noch erreichen wollen, dann müssen vor allem Infrastrukturprojekte in wenigen Jahren genehmigt werden und nicht in Jahrzehnten.
Wir fordern die konsequente Beachtung der Baukultur, im Hochbau wie im Ingenieurbau. Sie ist wesentlich, um eine gebaute Umwelt zu schaffen, die lebenswert und gesund ist. Baukultur hat neben sozialen, ökologischen und ökonomischen Bezügen auch eine emotionale und ästhetische Dimension. Ihre Herstellung, Aneignung und Nutzung ist ein gesellschaftlicher Prozess, der auf einer breiten Verständigung über qualitative Werte und Ziele beruht.
Wir fordern den Umbau der versiegelten und überhitzten Städte. Die zunehmenden Starkregenereignisse und Hitzetage als Folge des Klimawandels verlangen neue Konzepte in der Stadt-, Siedlungs-, und Raumplanung. Bauen nach dem Schwammstadtprinzip mit grün-blauer Infrastruktur ist das Gebot der Stunde: Städte und Gemeinden müssen so (um-)gestaltet werden, dass sie Wasser wie ein Schwamm aufnehmen, speichern und in trockenen Phasen langsam wieder an ihre Umgebung abgeben. Auf diese Weise können die negativen Folgen von Starkregen, Trockenperioden und Hitzetagen verringert und Städte insgesamt resilienter gemacht werden.
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