In der Hugenottenstadt Erlangen fanden 2012 erste Überlegungen statt, wie der Bedarf für den Schul- und Vereinssport in Kombination mit einer handballtauglichen Halle für den Leistungs-sport im Osten der Stadt gedeckt werden kann. Zudem sollte der Stadtteil Erlangen Süd-Ost aufgewertet werden. Heute steht südöstlich der Innenstadt ein multifunktionales Bürger-, Begegnungs- und Gesundheitszentrum (BBGZ), in dem nicht nur der Sport eine Heimat findet, sondern in dem Begegnung, soziale Teilhabe, Inklusion und Integration gelebt werden.
Im Juli 2014 wurde das Architekturbüro Behnisch als Sieger des Ideen- und Realisierungswettbewerbs gekürt. Ergänzend erarbeitete das Büro Behnisch nach einigen Veränderungen am Bauvolumen und der Nutzungsstruktur auch einen Masterplan und führte die Planungen einschließlich der Landschaftsplanung über alle Leistungsphasen bis zur Realisierung aus. Projektleitung und -steuerung erfolgen durch das Amt für Gebäudemanagement der Stadt Erlangen.
Das Baugrundstück des BBGZ ist Teil eines ehemaligen Militärgeländes. Das Areal mit 39 000 Quadratmetern bildet eine Symbiose aus Natur und Nähe zur Innenstadt. Der Gebäudekomplex erstreckt sich in Ost-West-Richtung und öffnet sich nach Norden zum Parkplatz. Das BBGZ besteht aus drei Gebäuden unter einem gemeinsamen Dach und einer Außenanlage mit hoher Aufenthaltsqualität. Ein multifunktionales Hallensportzentrum mit einer Vierfach-Sporthalle, ein Kletterzentrum des Deutschen Alpenvereins und ein Familienzentrum werden so städtebaulich und architektonisch zu einem Ganzen.
Im Hallensportzentrum bildet die Sporthalle aufgrund ihrer Fläche und ihres Volumens den größten Teil des BBGZ. Sie besteht mit Innenmaßen von 61 x 30 Metern aus vier Hallenteilen mit je 15 x 30 Metern und hat eine lichte Höhe von 7,20 Metern. Die Vierfach-Halle ist umlaufend mit zwei Meter hohen Prallwänden ausgestattet. Die Gerd-Lohwasser-Halle für Schul-, Vereins- und Breitensport bietet mit Ausziehtribünen einen Veranstaltungsort mit rund 1000 Zuschauerplätzen. Der zum Parkplatz ausgerichtete ebenerdige Zugang ins Gebäude erfolgt über einen großzügigen Windfang. Der Eingang für den Schulsport befindet sich neben dieser Treppe im Erdgeschoss, wo man direkt über einen Stiefelgang zu den Sport- und Umkleideflächen gelangt. Ein Umgang im Obergeschoss der Halle bietet an der nördlichen Längsseite und den Querseiten Lagerfläche für die Teleskop-Tribünen mit knapp 900 Sitzplätzen. Zusätzlich zu den Teleskop-Tribünen gibt es feste Tribünen im Umgang des südlichen Obergeschosses. Diese sind als Sitzstufen ausgeprägt.
Trennvorhänge ermöglichen eine Aufteilung der Halle in vier Felder. Mehrzweck-, Gymnastik-, Konditions- und Bewegungsräume ergänzen das Angebot im Hallensportzentrum und können zum Teil als Gemeinbedarfsfläche multifunktional genutzt werden.
Das Foyer ermöglicht eine intuitive Erschließung des gesamten Gebäudes und dient mit seiner Theke für Empfänge und Veranstaltungen auch als Pausenbereich für das Publikum bei Wettkämpfen.
Östlich des Hallensportzentrums befinden sich die Geschäftsstelle und das Vereinszentrum der Sektion Erlangen des Deutschen Alpenvereins (DAV) sowie ein Gebäude, in dem das Familien-zentrum und Kindertagesstätten des Stadtjugendamts untergebracht sind. Alle Gebäude verbindet ein Innenhof.
Der DAV errichtete und nutzt seine Flächen im Erbbaurecht. Den gestalterischen Zusammenhang zwischen der Vierfach-Sporthalle sowie dem Kletter- und Vereinszentrum des DAV gibt der Masterplan des Büros Behnisch Architekten mit einer einheitlichen äußeren Baukante und einem durchlaufenden Dach vor. Es gibt innen und außen bis zu 18 Meter hohe Kletterwände, ein Bistro mit Außenterrasse, eine alpine Bibliothek und einen Mehrzweckraum. Das barrierefreie Vereinszentrum ermöglicht in einer der größten Kletterhallen Nordbayerns leichte bis schwere Routen. Draußen steht ein Kletterturm mit West-, Süd- und Ost-Wand, ebenfalls mit leichten bis schweren Routen und Doppel-Speed-Wand.
Durch den Haupteingang des Familienzentrums erreicht man über ein Foyer mit Café die städtische familienpädagogische Einrichtung sowie die Lern- und Spielstuben. Die Flächen der offenen Jugendsozialarbeit sind niedrigschwellig durch einen separaten Eingang zu erreichen. Kinderkrippe und Kindergarten haben ebenfalls einen eigenen Eingang und runden das Angebot im BBGZ ab.
Das Familienzentrum besteht aus einem winkelförmigen Gebäude mit drei Geschossen und ist unterkellert. Die vertikale Erschließung erfolgt durch ein Treppenhaus, in dem auch der Lastenaufzug platziert ist. Das fassadenseitige Treppenhaus mit großflächigen Verglasungen führt den hellen Charakter des Foyers fort und verbindet alle städtischen Einrichtungen im Familienzentrum. Die Treppe der Kindertagesstätten ist offen gestaltet. Die Kinderkrippe im Erdgeschoss und der Kindergarten im 1. Obergeschoss verschmelzen zu einem gemeinschaftlichen Bereich und sind im nördlichen Teil des Gebäudes räumlich klar von den restlichen Einrichtungen getrennt.
Der gesamte Bereich des Erdgeschosses ist aufgrund großer Fenster von außen gut einsehbar. Die zugehörige Terrasse im Süden wird durch große Türen erreicht. Die Familienpädagogische Einrichtung, die ebenfalls im Erdgeschoss untergebracht ist, hat eine Fläche von 181 Quadratmeter.
Lern- und Spielstube
Der Lernstube im 1. Obergeschoss stehen 660 Quadratmeter und damit zwei Drittel der Geschossfläche zur Verfügung. Jede Gruppe hat einen großzügigen Gruppenhauptraum und zwei Gruppennebenräume. Die Fläche bietet neben Sanitär-, Personalräumen und Bürofläche einen Mehrzweckraum, einen Werk-/Kreativraum, einen Therapieraum sowie eine Mensa. In der Küche wird sowohl für die Lernstube als auch für die Spielstube gekocht.
Die Spielstube im 2. Obergeschoss befindet sich auf 453 Quadratmeter und wird durch das interne Treppenhaus erreicht. Die Fläche des 2. Obergeschosses auf dem Dach des Familienzentrums ist kleiner als die unten liegenden Geschosse. Dadurch steht für die betreuten Kindergartenkinder eine Außenspielfläche auf dem Dach zur Verfügung. Diese kann durch jeden Aufenthaltsraum der Kinder betreten werden.
Das 1. Stockwerk hat aus brandschutztechnischen Gründen einen Balkon, der sich fast über das gesamte Gebäude zieht. Von dort gelangt man über vier Außentreppen von den einzelnen Einrichtungen direkt in das Außengelände.
Im Außenbereich gibt es auf einer 60 x 14 Meter großen, rechteckigen Fläche nördlich des Hallensportzentrums ein Calisthenics-Park, ein Balancier-Parcours sowie eine Outdoor-Fitnessanlage. Der Bereich ist abgesenkt und mit einer Sitzstufe umgeben. Durch die schollenartige Zerklüftung der Außenkontur entstehen Nischen und abgeschirmte Bereiche, die die Geräte und Aktivitäten etwas voneinander abgrenzen.
An der Westseite des Hallensportzentrums finden sich Angebote für ältere Menschen. Neben einer Boule-Bahn sind mehrere Geräte vorgesehen, die insbesondere Ausdauer und motorische Koordination trainieren. Der speziellen Eignung für Seniorinnen und Senioren wird sowohl die Gestaltung der Sitzbänke mit erhöhten Sitzflächen und Rückenlehnen als auch der barrierefreie Zugang zur Boule-Bahn gerecht.
An der Südseite befinden sich die Zufahrt sowie Bewegungs- und Wendeflächen für die Feuerwehr. Diese funktional notwendige Fläche wird zugleich sportlich genutzt. Hier entstehen durch Asphaltbeschichtung und Bodenmarkierungen eine Laufbahn und ein Streetball-Feld. Durch die Anordnung und Ausformung des neuen Baukörpers und der Außenanlagen bleiben die meisten der bestehenden Bäume erhalten.
Die Planungen des Familienzentrums sehen für jede Einrichtung einen eigenen Außenbereich vor, der entsprechend der unterschiedlichen Altersstufen ausgestattet ist. Für die familienpädagogische Einrichtung stehen auf 220 Quadratmeter ein Sandspielbereich mit Findlingen, Kletterhügel mit Kleinkindrutsche, eine Vogelnestwiege, ein Rückzugsbereich Wiese sowie ein Geräteschuppen zur Verfügung. Die offene Jugendsozialarbeit nutzt Lounges mit Holzdecks, eine Graffiti-Wand und einen Rückzugsbereich Wiese auf 239 Quadratmeter im Garten und 61 Quadratmeter im Innenhof.
Mit 600 Quadratmetern hat die Lernstube Flächen unter anderem für einen Wasser- und Sandspielbereich, für Hochbeete und Wiese. Der Außenbereich des Kindergartens umfasst 500 Quadratmeter, auf dem ein Holzschuppen Platz findet. Der Krippenbereich mit 240 Quadratmeter wird durch eine Hügelböschung und Bepflanzung vom Außengelände des Kindergartens abgeschirmt. Der Spielstube steht mit 700 Quadratmeter der größte Teil zur Verfügung, auf dem sich unter anderem neben einer Sandspielmulde, Trampolin, ein Kletternetz und drei Sonnensegel mit sensorgesteuerter Automatik befinden.
Basis des Klimakonzepts ist eine mechanische Grundlüftung mit Wärmerückgewinnung. Die Lüftungsanlage ist auf Veranstaltungen in der Halle ausgelegt und deckt ebenfalls die Normalnutzung in der Halle und in allen Nebenräumen ab. Die Außenluft wird mit einem Erdsonden-System passiv vorkonditioniert. Die Luftansaugung erfolgt über die Süd-Ost-Fassade durch vier Erdkanäle. Bei Normalnutzung strömt die gesamte Außenluft über die Erdkanäle und wird von einem zentralen Lüftungsgerät in die einzelnen Räume verteilt.
Die Wärmerückgewinnung erfolgt über ein sogenanntes Kreislaufverbund-System und ist auf die Normalnutzung ausgelegt. Während einer Veranstaltung in der Sporthalle wird das System in den Nebenräumen außer Betrieb genommen und die Energie aus der Abluft nur teilweise rückgewonnen, der Rest strömt frei ohne Wärmerückgewinnung nach außen.
Im gesamten BBGZ wird auf aktive Kühlung verzichtet. Möglich ist dies durch ein Hitzeschild aus Dreifachverglasung und die Verschattung durch die Dachüberstände. Die Decken sind nur zur Hälfte abgehängt, um die die thermische Masse zu aktivieren. Neben der mechanischen Grundlüf-tung mit Wärmerückgewinnung kann über die Fenster gelüftet werden. In Teilen sorgt auch eine Fußbodenheizung angeschlossen an die Fernwärme für behagliche Temperaturen. Die Photovoltaikanlage auf dem gemeinsamen Dach der Gebäude sorgt nicht nur für die Abdeckung der Grundlast. Die Stromerzeugungsanlage mit einer Gesamtfläche von 750 Quadratmeter ist mit 99 kWp an das Niederspannungsnetz der Erlanger Stadtwerke (ESTW) angeschlossen und speist ein.
Das gesamte BBGZ ist einschließlich der Zugänge, Stellplätze, Fußwege und der Verkehrswege durchgängig barrierefrei ausgeführt. (BSZ)
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