Bauen

In Sulzbach-Rosenberg wurde die Walter-Höllerer-Realschule für rund 33 Millionen Euro generalsaniert. (Foto: Christine Hollederer)

05.10.2023

Ein Aushängeschild des Schulwesens

Generalsanierung der Walter-Höllerer-Realschule in Sulzbach-Rosenberg abgeschlossen

Das war wohl das herausforderndste Projekt des Landkreises in den vergangenen Jahren.“ Landrat Richard Reisinger ließ keinen Zweifel an der Bedeutung dieser Generalsanierung von 2019 bis 2023. Die Walter-Höllerer-Realschule in Sulzbach-Rosenberg hat sich zum Aushängeschild des Schulwesens gemausert – schließlich sind ja auch insgesamt rund 33 Millionen Euro in das Projekt geflossen: 22,4 Millionen Euro in das Schulgebäude und 10,6 Millionen Euro in den Neubau der Dreifachturnhalle. Der Freistaat Bayern unterstützte das Projekt finanziell mit rund 12,8 Millionen Euro.

Der Generalsanierung zugrunde lag ein Bestandsbau von 1968, erstmals saniert Ende der 1980er-Jahre, mit einem Anbau von 2005. Der Neubau des 1970 bezogenen Hauptgebäudes hatte übrigens seinerzeit rund 4 Millionen D-Mark gekostet.

Schon alleine das dreijährige Container-Provisorium zur Auslagerung des Unterrichts kostete stolze 1,23 Millionen Euro. Im Februar 2019 zog die Schule ins Ausweichquartier um, einen Monat später startete die Sanierung des Schulgebäudes, im Juni 2021 ging die neue Schule in Betrieb. Direkt im Anschluss begann der Neubau der Turnhalle, sie wurde im April 2023 eingeweiht.

Eine große Herausforderung hatten die Planer zu bewältigen: Jede Menge Baumängel, Schadstoffe, alte Strukturen wies das betagte, rund 50 Jahre alte Hauptgebäude auf, ganz zu schweigen von der Brandschutzsituation. Aber das Ziel, eine neue Schule in den alten Baukörper zu integrieren, ist nun perfekt gelungen.

Das Raumprogramm für 24 Klassen mit Ganztagesschule umfasst Flächen für den Nachmittagsaufenthalt und eine Mensa mit Küche für die Mittagsbetreuung. Um die zusätzlichen Flächen der Ganztagesschule unterzubringen, wurde der Innenhof mit einem Folienkissendach überdacht. Dort befindet sich auch die Mensa und ein Aufzug, der die Schule barrierefrei erschließt. Der Ganztagesbereich hat jetzt eine besonders ansprechende Umgebung. Der dreigeschossige Innenhof ist lichtdurchflutet und bietet mit Begrünung und Sitzbereichen eine Umgebung, in der ganzjährig und witterungsunabhängig das Gefühl entsteht, unter freiem Himmel zu sein. 
Folienkissendach

Der Innenhof hat etwa eine Abmessung von 18 x 19 Metern – für ein freitragendes transparentes Dach eine durchaus große Fläche, die üblicherweise massive Bauteile erfordert. Statische Untersuchungen hatten aber gezeigt, dass keine zusätzlichen Lasten auf die Wände gebracht werden dürfen. Man wählte daher eine besonders leichte Konstruktion: ein Folienkissendach, ähnlich der Allianz-Arena in München. Die Haut des Daches besteht aus Folienkissen, die mittels Luftdruck so vorgespannt sind, dass daraus eine räumliche Struktur mit jeweils etwa 2,5 Metern entsteht. Getragen werden die aneinandergereihten Folienkissen von sechs bogenförmigen Stahlbindern. 
Natürlich bietet ein transparentes Dach aufgrund der guten Belichtung eine hohe Aufenthaltsqualität für den Ganztagesbereich. Andererseits musste aber eine zu große Erwärmung im Sommer vermieden werden, also das Entstehen einer Gewächshausatmosphäre. Da eine konventionelle elektrische Klimaanlage nicht den Nachhaltigkeitsstandards entspricht, musste ein anderer Weg gefunden werden. Dieser setzte sich aus mehreren Lösungen zusammen. Zuerst musste verhindert werden, dass im Sommer überhaupt allzu viel Wärme ins Gebäude gelangt. Dafür hat das Folienkissendach eine integrierte Möglichkeit zur Verschattung. Diese erfolgt über eine dritte, mittlere Folie im Kissen.

Als nächstes ging es darum, Wärme wieder aus dem Gebäude zu leiten. Dafür gibt es an den verglasten Giebelflächen des Daches Öffnungsflügel und eine mechanische Lüftungsanlage. Beides ermöglicht ausreichenden Luftwechsel und die Möglichkeit einer Nachtauskühlung. Für zusätzliche Behaglichkeit sorgt die Fußbodenheizung, die, angeschlossen an eine Wärmepumpe, im Sommer auch zur Kühlung genutzt werden kann. Die Begrünung dient dem Raumklima, aber auch der Akustik. Allein das Dach kostete 530 000 Euro.

Die alte ungedämmte Stahlbetonfassade wurde in den Obergeschossen durch ein vorgehängtes hinterlüftetes System (Faserzementplatten mit Mineralfaserdämmung) ersetzt. Das Erdgeschoss hat nun eine Alu-Fassade, die Fenster in den Obergeschossen sind Holz-Alu-Fenster mit Zweifachverglasung.

Das energetische Konzept beinhaltet auch eine Fernwärmenutzung, die in Sulzbach-Rosenberg als Abwärme der Stromerzeugung aus Holz entsteht, und eine PV-Anlage mit einer Leistung von 30 kWp zur Eigenstromnutzung, womit unter anderem eine Wärmepumpe betrieben wird. „Mit den energetischen Maßnahmen konnte der Standard eines KfW-Effizienz-Gebäude 70 erreicht werden“, freuen sich die Planer des Landratsamts Amberg-Sulzbach. 
In der großzügigen Treppenhalle wurde das schulische Konzept der Lernlandschaften umgesetzt. Dafür schufen die Projektanten in der Treppenhalle multifunktionale Aufenthalts- und Arbeitsbereiche mit einer Sichtverbindung zu den Klassenräumen. 

Technisch up to date

Die Klassenzimmer sind technisch auf dem neuesten Stand: Sie sind bestückt mit Magnettafeln, Pinnwänden, Kreidetafeln, Beamern, Dokumentenkameras, Netzwerkanbindung, Internet, Akustikdecken und Linoleumböden. Ihre gebäudetechnische Ausstattung umfasst eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Regelung der Wärmeversorgung, sommerlichen Wärmeschutz, Verschattung und Nachtauskühlung sowie Waschbecken mit Kaltwasser.

Nach etwas mehr als zwei Jahren Bauzeit konnte das Container-Provisorium verlassen und das neue Schulgebäude bezogen werden.

Kurz vor Fertigstellung des Bauabschnitts 1 wurde mit dem zweiten Bauabschnitt begonnen, die neue Dreifachturnhalle. Im März 2021 begann der Abriss der alten Halle, im Juli der Bau der neuen, die dann im April 2023 in Betrieb ging. Gründe für den Abbruch der in Sulzbach-Rosenberg viel genutzten bisherigen Halle gab es einige: Die Statik der Dachbinder war unterdimensioniert, die Verankerung der Betonfertigteile der Fassade ungenügend, der Technikkeller undicht und der Aufbau des Sportbodens zu dünn für eine Dämmung. 

„Die Halle entsprach auch nicht den aktuellen Abmessungen einer Dreifachturnhalle“, erinnert sich Landrat Reisinger und verweist auf die Vorteile der neuen Turnhalle: Sie dient nicht nur dem Schul- sowie Vereinssport und als Lernort der Volkshochschule Amberg-Sulzbach, sondern ist eine zusätzliche Versammlungsstätte für bis zu 400 Menschen (mit Zuschauergalerie). Der neue Standort wurde direkt an den oberen Pausenhof angeschlossen und eine moderne Gebäudetechnik mit Lüftungsanlage eingebaut. Nachhaltig erzeugte Fernwärme versorgt sie komplett.

Der Bau entstand auf Basis des Regierungsraumprogramms, mit Stahlbeton aus Fertigteilen für wirtschaftliche und robuste Bauweise. Das Dachtragwerk besteht aus Brettschichtholz-Bindern mit Trapezblech – so entstand ein KfW-Effizienzhaus 55 mit Tilgungszuschuss in Höhe von bis zu 112 000 Euro. Letzter Trumpf: Die völlige Barrierefreiheit durch Einbau eines Aufzugs und der zur Schule ebenengleiche Anschluss – ein Projekt, das in seiner Komplexität auch Ministerpräsident Markus Söder bei seinem Besuch zum Abschluss der Generalsanierung tief beeindruckte. (Joachim Gebhardt)
 

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