Bauen

Die Fassade des Erweiterungsbaus der Mittelschule Gaimersheim. (Foto: Richard Kende)

23.12.2016

Großzügig und licht

Erweiterungsbau für die Mittelschule Gaimersheim

Gaimersheim ist ein bemerkenswerter Ort. Verwaltungstechnisch eine Marktgemeinde, doch in Größe (über 11 000 Einwohner), Kaufkraft und Infrastruktur (der automobilen Stadt Ingolstadt vorgelagert) sowie im attraktiven Landkreis Eichstätt gelegen, konnte es sich über viele Jahre stetig entwickeln. Auch die ortsansässige Mittelschule (existiert seit 1972) trägt die Dynamik dieser Entwicklung. Dennoch – der Schulbau ist unter dem Parameter einer sich wandelnden Pädagogik in Bewegung. Es ist absehbar, dass Schulen im Haupt- und Mittelschulbereich künftig miteinander mehr als früher in einen konkurrierenden Dialog treten, in dessen Folge es zu Veränderungen unter Konzentrationen von größeren Schulzentren, Zusammenlegungen und auch Schließungen kommen wird. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Qualität von Bildung, werden neue pädagogische Konzepte entwickelt, die Bildungslandschaft zunehmend differenziert. Parallel dazu wächst die soziologisch wirksame Vielfalt der Beschulten. Allein unter diesen Gesichtspunkten – die hier noch nicht an die gestiegenen Anforderungen an Brandschutz, Wärme- und Kälteprävention oder an die stetig komplexere technische Ausrüstung anrühren – werden Bau, Erweiterung und Ausstattung von Schulen in der Zukunft zweifellos zu einer immer mehr herausfordernderen Aufgabe. Die Gemeinde Gaimersheim reagierte, in Einschätzung dieser strukturell und pädagogisch begründeten Schulentwicklung und der analytischen Einschätzung der künftigen Situation des Standorts, progressiv mit einer stattlichen Investition an einer noch zu oft marginalisierten Stelle: in die örtliche Bildungslandschaft, genauer in den Haupt- und Mitteschulbereich. Rund 12,4 Millionen Euro wurden investiert, um die Schule (Gesamtnutzfläche: über 4376 Quadratmeter) zu erweitern.
Das mit Planung und Ausführung beauftragte, auf Schulbauten spezialisierte Büro Obel Architekten orientierte sich bei den Arbeiten an einem für das Selbstverständnis der Schule konstitutiven Programm, dem Schulprofil M S G (aus den Initialen der Schule wird hier eine neue Sinneinheit gebildet: Miteinander – Schule – Gestalten). Als Leitmotiv richtet es ein Augenmerk auf die Förderung der sozialen Kompetenzen, auf die Öffnung der Schule nach außen sowie auf die ausgewiesene Vielfalt der Lernformen. Wie können diese präferierten Werte im Schulgebäude angewandt werden? In der auf Psychologie und Verhaltensbiologie bezogenen raumtheoretischen Schulbauforschung wird der ästhetischen Gestaltung, neben der Größe des Platzangebots, eine noch größere Mitwirkung als bisher angenommen konstatiert. Eine subjektiv einladende, als abwechslungsreich und warm empfundene Situation (aber auch eine auf den Schüler bezogene Orientierung) hat erwiesenen positiven Einfluss auf Leistung und Wohlbefinden. Ebenso werden Schüler in zu dunklen Räumen häufiger krank.

Weitläufige,
helle Pausenhalle


Zentrales Element des Erweiterungsneubaus in Gaimersheim ist daher die großzügig dimensionierte Aula/Pausenhalle (21 x 13 Meter), die sich über drei Stockwerke erstreckt und durch Galerien rundum verschiedene Perspektiven eröffnet. Lichthell und mit freundlich wirkenden Farben (Weiß für Wände und Decken, Holz für den Boden) ist sie Empfangshalle, Verteilzentrum und Aufenthaltsraum gleichermaßen.
In Verbindung mit Küche und Mehrzweckraum lassen sich verschiedene Formate des Schullebens vorführen, wozu auch Theater-, Musik- und Tanzveranstaltungen gehören. Sitzgelegenheiten (sogenannte Liegeachter) laden die Schüler zu Kommunikation und Interaktion ein. Im Erdgeschoss sind auch die Schulküche und weitere Fachräume untergebracht – damit befindet sich dort, anders als in den oberen Stockwerken – eine Zone mit erhöhter Durchgangsfrequenz. Veranstaltungen mit externen Partnern aus der Wirtschaft sowie verschiedenste Schulveranstaltungen von hohem öffentlichen Wirkungsfaktor gehören ebenso zum Profil wie die Zusammenarbeit mit Institutionen der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Ruhiger wurde die Situation in den oberen beiden Stockwerken gestaltet. Dort befinden sich die Klassenzimmer, vor denen breite Flurzonen angelegt wurden. Transparenz in der funktionalen (Stege als Verbindung der Aufenthalts- und Arbeitsbereiche mit den Klassenzimmern lassen das Licht von oben bis herab ins Erdgeschoß dringen; Fluchtwege: über die Balkone) und konzeptionellen Ebene (die vorgesehene „Öffnung“ der Schule nach außen) richten die wesentlichen Momente des Entwurfs auf die innenräumliche, von didaktisch-methodischen Faktoren bestimmte und bei künftigen Veränderungen weitgehend adaptierbare Anordnung der Grundrisse. Hier sowie in den anschließenden Zonen, in den Räumen für Kunst und Textiles Gestalten, für Naturwissenschaften und Technik (IT im 2. Obergeschoss), können die unterschiedlichsten Unterrichtsformate realisiert werden, die vom Regelbetrieb über eine individualisierte Förderung, den gebundenen Ganztag sowie differenzierte und eigenverantwortlich angewandte Lernformen bis hin zum M-Zug (Mittlere Reife) führen. Ebenso befinden sich die Verwaltung, das Lehrerzimmer und die Lehrerbibliothek mit Silentium im oberen Stockwerk. Zu den Aufgaben der Architekten gehörte auch der progressive Einsatz innovativer und ökologisch sinnvoller Methoden und Techniken beim Herstellen eines zu allen Jahreszeiten behaglichen Raumklimas sowie des Schutzes vor übergroßer Hitze in den Sommermonaten. Das gesamte Gebäude wird über Fernwärme und ressourcenschonende Erdsonden beheizt, der Einsatz von Klimadecken ermöglicht Kühlung während der heißen Jahreszeit und Heizung im Winter.
Für die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts sind Orte der Bildung und Erziehung – und das beinhaltet auch den Erwerb von verschiedensten Kompetenzen, von sozialer Integrität und die Vermittlung von Werten im allgemeinen – von grundlegender Bedeutung. Wichtigster Mediator im Schulbau ist hier der Mensch: als Pädagoge, als Mitschüler, als Mitarbeiter. Das Schulgebäude kann diese Vermittlung unterstützen – verschiedene pädagogische Lehrstühle lehren bereits die vielfältigen pädagogisch-methodischen Möglichkeiten seiner Nutzung. (Markus Würmseher) (Blick in die Aula und Pausenhalle; der Flur im Erdgeschoss; die Bibliothek und ein Gang im Obergeschoss - Fotos: Richard Kende (3)/M. Persy)

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