Die Verbindung zwischen Ost und West ist perfekt. Gemeint ist hier nicht die große Weltpolitik, sondern der neue Fußgängertunnel am Hauptbahnhof in Ingolstadt. Dieses Bauwerk ist seit Kurzem der direkte Weg zwischen den Stadtteilen Ringsee und Südviertel. Bisher war diese Distanz nur über einen Steg zu überwinden, der über die Gleise führte. Nun aber geht es unter den Gleisen hindurch und damit stets geschützt vor Wind, Regen und Schnee.
Doch das war längst nicht der einzige Vorteil, den der neue Tunnel mit sich bringt: Bahnreisende, die aus dem Osten von Ingolstadt kommen, stellen ihren Pkw, ihr Motor- oder Fahrrad einfach im Parkhaus Hauptbahnhof Ost ab. Von dort aus führt sie der Tunnel direkt zu den Gleisen und zu den Zügen. Ob es der tägliche Weg in die Arbeit ist oder aber der Beginn einer Reise, komfortabler könnte der Start nicht sein.
Wer mit der Ingolstädter Verkehrsgesellschaft GmbH zum Hauptbahnhof möchte, auch das ist kein Problem. Die Busse bedienen eine Haltestelle, die nur wenige Schritte vom Austrittsbauwerk des Tunnels entfernt liegt. Übrigens wird diese Haltestelle durch ein Blindenleitsystem mit dem Tunnel
verbunden. Dieses wurde mit der Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Inge Braun, abgestimmt und durchzieht zudem komplett den neuen Fußgängertunnel.
Den Bau des neuen Fußgängertunnels nahm die Wirtschaftsförderung der Stadt, die IFG Ingolstadt, in die Hand. Los ging es im Mai 2014 mit dem Ziel, einen bereits bestehenden 50 Meter langen Tunnel, errichtet von der Deutschen Bahn, in Richtung Ringsee zu verlängern. Doch so einfach war das nicht: Man stand vor der Herausforderung, während der Maßnahme den laufenden Bahnbetrieb nicht zu beeinträchtigen. Die Lösung bestand in der „Maulwurftaktik“, wie Projektleiter Ralf Andresen lächelnd erklärt: „Ähnlich vorstellbar einem Maulwurf haben wir uns unter den Gleisen durchgebuddelt.“ So erfolgte die Verlängerung des Tunnels in insgesamt fünf Abschnitten zu je rund 25 Metern, insgesamt wurden dabei 22 Gleise untertunnelt.
Schritt für Schritt also näherten sich die beiden Stadtteile und im Juli war es soweit: Der Durchstich stand unmittelbar bevor. Von der Ostseite aus durchbrachen Mitarbeiter der ausführenden Firma das letzte Stück Mauer. Stein für Stein fiel und auf der Westseite warteten gespannt viele Ingolstädter, die sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen wollten. Aber nicht nur ihnen erging es so. Zahlreiche Ehrengäste waren ebenfalls gekommen, darunter auch Oberbürgermeister Christian Lösel. Ein erster Händedruck zwischen Arbeiter und Rathauschef besiegelte dann auch die neugeschaffene Verbindung zwischen Ost und West.
Nun bogen die Arbeiten auf die Zielgerade ein und so konnte wie geplant der neue Fußgängertunnel am Hauptbahnhof im Dezember 2016 für die Bevölkerung freigegeben werden. Und diese ließ nicht lange auf sich warten. „Das ist ja ein großer Bahnhof“, stellte Lösel erfreut fest, als er zur Eröffnung des Bauwerks kam. Denn zu diesem Zeitpunkt standen schon unzählige Bürger vor dem Absperrband und fieberten dem großen Moment gespannt entgegen. Ein wenig aber mussten sie sich noch gedulden. Der Rathauschef zählte den Countdown an, bevor er zusammen mit IFG-Vorstand Norbert Forster sowie Vertretern der Deutschen Bahn und der projektverantwortlichen Firma das Band trennte.
Der Tunnel ist 175 Meter lang und acht Meter breit
Kaum flatterte die rot-weiß-gestreifte Absperrung zu Boden, setzte sich der Tross auch schon in Bewegung. Schließlich wollten sie alle dabei sein, wenn zum ersten Mal der Tunnel von der Ost- zur Westseite durchschritten werden konnte. Insgesamt legte die Menschentraube 175 Meter zurück, ehe sie die Westseite erreichte. Davon waren 125 Meter neu gebaut von der IFG Ingolstadt und diese legte viel Wert auf eine helle und freundliche Gestaltung, wie IFG-Vorstand Forster informierte. „Dunkle Ecken und Nischen gibt es in dem acht Meter breiten und 2,5 Meter hohen Tunnel nicht.“ Zudem befinden sich an den weiß gefliesten Wänden rote, blaue und grüne Streifen, die in Abständen senkrecht verlaufen. Ein echter Hingucker sind auch die Silhouetten, die an insgesamt sechs Stellen an den Wänden prägende Gebäude Ingolstadts zeigen.
Die Fertigstellung des Tunnels bildete für die IFG Ingolstadt den Abschluss einer Fülle von Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren realisiert wurden. Zuerst stand im Jahr 2004 die Neugestaltung des Hauptbahnhofvorplatzes auf dem Programm. Ein Jahr später erweiterte man das Parkhaus Hauptbahnhof West um etwa 250 Stellplätze auf über 800. Nachdem beide Projekte 2006 beendet waren, startete 2013 der Bau des Parkhauses Hauptbahnhof Ost. Nach nur einem Jahr fertiggestellt, bietet diese Parkeinrichtung seitdem Platz für 240 Pkw, zwölf Motor- und 50 Fahrräder.
Der Bau des Fußgängertunnels war übrigens stets im Zeit- und Kostenrahmen. Der Steg, der bis zur Eröffnung des Fußgängertunnels über die Gleise führte, wird voraussichtlich 2018 vom Tiefbauamt abgerissen.
(BSZ)
(Blick in den neuen Fußgängertunnel; das Austrittsbauwerk und der Steg - Fotos: IFG Ingolstadt)
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