Bauen

Am Beispiel des Olympia Business Centers in München wurde gezeigt, was heute in Sachen Sanierung möglich ist. (Foto: Gleb Polovnykov)

17.02.2021

Mehr Bauen im Bestand

Alte Gebäude, neue Chancen: Oft werden Objekte unnötig abgerissen

Nachdem erst kürzlich in der Münchner Innenstadt ein Bürogebäude abgerissen worden ist, das erst 25 Jahre alt war, fordern die Architekten des Beratungs- und Architekturunternehmens CSMM ein radikales Umdenken und ressourcenschonendes Bauen im Bestand. Timo Brehme, geschäftsführender Gesellschafter bei CSMM: „In der Baupraxis geben Gebäudeplaner leider noch viel zu oft dem Abriss beziehungsweise Ersatzneubau den Vorzug vor dem ökologisch viel sinnvolleren Bestandserhalt mitsamt Sanierung. Dabei liegen insbesondere hier enorme Potenziale für ressourcenschonende Einsparungen und Klimaschutz.“ CSMM-Partner Reiner Nowak führt aus: „Es braucht mehr Aufklärung in Sachen Baurecht, Brandschutz und Wirtschaftlichkeit, damit Eigentümer und Projektentwickler nachhaltiger zwischen Abriss und Sanierung entscheiden können.“

Neben baurechtlichen Aspekten und gesetzlichen Anforderungen wie Brandschutz entscheiden sich Entwickler oft aus Kostenaspekten und wegen ungeklärter Fragen nach der Wirtschaftlichkeit verfrüht für einen Abriss und Neubau. Das zeigt laut Timo Brehme eine aktuelle Umfrage der Architects for Future. So verweisen laut der Umfrage zahlreiche befragte Architekten auf fehlende Sachkenntnis bei Bauherren (24 Prozent) und Fachplanern (13 Prozent): „Insgesamt zeigt sich, dass neben einer oft mangelhaften Grundlagenermittlung bei Bestandsprojekten ein Gewirr aus gesetzlichen Vorgaben und Förderprinzipien zur möglichen Fehlentscheidung für einen Abriss beiträgt“, konstatiert Brehme. „Wir plädieren dafür, Bauträger und Planer besser über den Wert der bestehenden Immobilien sowie über Kosten, Bausubstanz und Potenziale, die in den Gebäuden stecken, zu informieren.  Dann lassen sich auch zufriedenstellende Antworten auf die aktuellen Probleme finden. Aufklärung tut deshalb Not.“

Ähnliche Schlüsse ziehen Architects for Future als mögliche Lösungsansätze auf dem Weg zu einer signifikant höheren Sanierungsquote. Sie plädieren für mehr Aufklärung über den Wert des Gebäudebestandes und dessen klimaschutztechnische Potenziale. Und dabei haben sie nicht nur Bauherren, Bauämter und Baubeteiligte im Blick, sondern die Bevölkerung allgemein. So wünschen sich 21 Prozent der Befragten eine „Umbauordnung“, mit der gesetzlich verbindliche Anforderungen für das Bauen im Bestand festgeschrieben werden. Architekt Reiner Nowak fordert: „Diese Hemmnisse müssen angegangen werden, um im notwendigen Maß an einer klimaneutralen Zukunft zu bauen.“

In der Tat sind die Zahlen rund um CO2-Ausstoß und Energieverbrauch in der Baubranche alarmierend: Rund 30 Prozent direkte und indirekte Emissionen, fast 40 Prozent des Energieverbrauchs und sogar 60 Prozent des Abfallaufkommens in Deutschland lassen sich auf den Gebäudesektor zurückführen.

Um die mit dem Pariser Klimaabkommen beschlossene 1,5-Grad-Celsius-Grenze einhalten zu können, muss Deutschland bis 2035 CO2-neutral werden. Eine Studie des Umweltbundesamts bekräftigt, dass dazu auch Klimaneutralität für den gesamten Gebäudebestand bis 2035 unerlässlich ist. Ein Ziel, das für die Immobilienbranche laut Nowak sowohl aus technischer als auch ökonomischer Sicht zwar extrem anspruchsvoll wäre, grundsätzlich aber möglich ist. Neben einer stark verbesserten Gebäudeeffizienz liege das Potenzial vor allem in der Sanierung und Revitalisierung von Bestandsbauten. Nowak: „Wenn wir aktiv an der Gestaltung einer klimaneutralen Zukunft teilhaben wollen, führt am Gebäudebestand und seiner Sanierung kein Weg vorbei. Deshalb fordern wir, dass jeder Abriss wirklich kritisch hinterfragt wird.“ Das Unternehmen hat zuletzt mit Projekten wie beispielsweise im Arabellapark, dem FRITZ-Bürokomplex und dem Olympia Business Center in München gezeigt, was heute in Sachen Sanierung möglich ist. (BSZ)

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