Die neuen Gebäude der Gautinger Realschule und Sporthalle nehmen als liegende Baukörper die – für den vorgefundenen Raum prägende – Horizontalität von Topographie und Bannwald auf. Der Neubau der Realschule rückt dabei bewusst als klare, arrondierende architektonische Figur an die nördliche Flanke des Grundstücks und schließt das Baufeld der Schulnutzungen zum angrenzenden Waldgebiet ab. In seiner Längsausdehnung definiert er dabei zusammen mit dem Sporthallenbau im Westen, dem „Fahrradhaus“ am Eingang und dem vorhandenen Gymnasium einen neuen Schulcampus, der als neue Mitte des Schulzentrums für vielgestaltige Nutzungsmöglichkeiten allen Schulen zur Verfügung steht, betonen die mit der Planung betrauten Stuttgarter Architekten Lamott und Lamott.
Der Hauptzugang der Realschule erfolgt über den Campushof, daneben gibt es Zugänge von Norden (vom Parkplatz) sowie von der Bushaltestelle von Westen. Ein separater Baukörper auf der nordwestlichen Flanke schließt den Schulcampus zur Bushaltestelle.
Der Schulbau ist als Atriumsschule konzipiert, bei der die eingeschnittenen, inneren Höfe eine ruhige und einladende Lernatmosphäre gestalten, erklären die Architekten. Sie bilden eine Raumsequenz mit unterschiedlicher Charakteristik und reagieren auch auf die angrenzenden Funktionen:
– im Westen ein Studienhof mit offener Möblierung für Lehrer und Besucher der Schule mit einem Zugang vom Musikraum,
– das Atrium als „überdachte“ Innenhoffläche: Entree und Mitte der Schule;
– der Hof mit Freiklasse,
– der offene Werkhof nach Westen.
In der funktionalen Anordnung folgt laut Lamott und Lamott der Grundriss der Logik des Baukörpers:
– Im Erdgeschoss befinden sich Fachklassen sowie Verwaltung und Studienseminare.
– Im Obergeschoss befinden sich sämtliche „normalen“ Klassenräume. Dies schafft eine gute Orientierung für Schüler, Lehrer und Besucher.
Naturwissenschaftliche Fachklassen sowie Sondernutzungen (Musiksaal und Mehrzweckraum) sind zwischen den Atriumsring eingestellt und werden über die Höfe belichtet. Musiksaal und Mehrzweckraum lassen sich in die Höfe öffnen (zum Beispiel Musik im Freien).
Die Pausenhalle fungiert als Mittelpunkt der Schule: Durch eine Zusammenschaltung von Pausenhalle, Mehrzwecksaal und Musikraum ergibt sich ein multifunktional nutzbarer, angemessen geschnittener Raum für Schulveranstaltungen. Der Bereich der Nachmittagsbetreuung mit Mensa sowie das Schülercafé sind ebenfalls an die Halle angelagert und damit im räumlichen Mittelpunkt der Schule, erklären die Stuttgarter Architekten. Gestalterisch charakteristisch für die Neubauten sind die äußere Haut und der Umgang mit den Portalen im Inneren. Die prägende Farbkonzeption stammt von dem Berliner Künstler Erich Wiesner und wurde zusammen mit den Architekten für das Gebäude entwickelt und umgesetzt.
Dabei bildet eine auf das Innere abgestimmte, fein durchstrukturierte Fassadenkonstruktion aus präzise gefügten, flächig-horizontalen Aluminiumtafeln und vertikalen, dünnen Aluminiumstäben die architektonische Grundstruktur, welche einerseits die Schichtung des Gebäudes betonen, andererseits der Fassade durch die tiefen vertikalen Stäbe Plastizität verleihen soll. Licht und Schatten sollen an der Fassade wirken. In den Höfen ist die Fassade bewusst flächig gehalten.
„Das architektonische Konzept mit seinem klaren Aufbau, seiner Transparenz und Präzision bot die Möglichkeit, mit Färbungen einen rhythmischen Prozess zu gestalten, der auf die Grundelemente als Bezugsgröße reagiert und damit die simultane Spannkraft der Summe erfahrbar macht“, schreiben Lamott und Lamott. „Jede Linie ist von Wandlungspotenzial durchströmt und markiert ein Spannungsgeflecht, eine bewegte Figur aus ineinandergreifenden Farbenergien. Die farbliche Aktivität besteht aus einem sich stets erneuernden Aufbruch zu den Quellen des Werdens. Der Prüfstein bleibt das fertige Bauwerk. In ihm liegt die eigentliche Kraft, erst diese kann wirklich etwas vermitteln für Schüler und Lehrer, die diese architektonische Gegebenheit zum einmaligen Ort machen. Nun sind die Nutzer gefragt.“
Ziel des Entwurfskonzepts der Landschaftsarchitekten von realgrün, München, war die Entwicklung differenzierter, vielfältig nutzbarer Freibereiche und die Integration und konsequente Weiterentwicklung der Bestandsstrukturen unter Berücksichtigung der ortsbildprägenden Waldrandlage.
Rückgrat des Schulareals
Der Neubau der Realschule bildet das Rückgrat des Schulareals im Übergang zum angrenzenden Waldraum. Die Erschließung erfolgt über die Birkenstraße. Aufgrund der Verschiebung des Baukörpers um zehn Meter zugunsten eines größeren Pausenhofs wurde die Stellplatzanlage mit insgesamt 138 Stellplätzen in den bestehenden Forst nördlich der Birkenstraße verlagert.
Der Parkplatz wie auch der Vorfahrtsbereich für die Schulbusse wurde, mit frei gruppierten Baumpflanzungen in den Waldsaum gestalterisch integriert. Die Baumarten der Neupflanzungen orientieren sich am Baumbestand des Forsts. Durch die Verlagerung der Parkflächen kann die Fläche zwischen Baukörper und Birkenstraße als Schulgarten beziehungsweise Schulwiese fungieren.
Der rund 12 500 Quadratmeter große Pausenhof im Innenbereich wurde als vielfältig nutzbare Fläche mit Ruhe- und Bewegungszonen entwickelt. Dieser Raum wird südlich und nördlich durch die Schulgebäude, westlich durch die Turnhalle und östlich durch ein neues zentrales Fahrradabstellgebäude eingerahmt. Auf eine hermetische Trennung der Pausenhofbereiche des Gymnasiums und der Realschule wird bewusst verzichtet. Vielmehr ist die Entwicklung kleinerer überschaubarer Nutzungs- und Rückzugsbereiche unter Berücksichtigung einer kommunikationsfördernden Durchlässigkeit und eines großzügigen Erscheinungsbilds der Gesamtanlage entwurfsbestimmend.
Umgesetzt wurde diese Intention durch Ruhe- und Aktionsbereiche, Lounges-Sitzbereiche, Basketballkörbe, Tischtennisplatten und ein Beachballfeld sowie auf dem Belag markierte Brettspiele.
Der Pausenhofbelag wurde als durchgängiger, das Gebäudeensemble verbindender Asphaltbelag hergestellt. Der Pausenhof wurde mit einem aufgelösten Raster aus lichten Robinien, Gleditsien, Ahorn und mit eingestreuten immergrünen Kiefern überstellt. Dabei werden die bestehenden Kieferngruppen integriert. Im Kontext mit den angrenzenden Waldstrukturen ergibt sich ein identitätsstiftendes Erscheinungsbild für die Gesamtanlage, schreiben realgrün.
Der westliche Innenhof wurde als „Werkhof“ gestaltet und mit lang gestreckten Arbeitstischen und Sitzbänken ausgestattet. Im mittleren Innenhof ist ein Holzbelag vorgesehen. Dieser Raum fungiert als Erweiterung der Schulaula und als Klassenzimmer im Freien. Der östliche Innenhof wird als Lehrergarten mit intensiver Grünausstattung und Sitzmöglichkeiten genutzt.
Die geforderten Sportflächen wurden als kompakte Erweiterungsfläche westlich des bestehenden Sportareals vorgesehen. Entsprechend dem angrenzenden großen Rasenspielfeld mit 400-m- Laufbahn sind sie ebenfalls Nord/Süd-orientiert ausgerichtet. Im einzelnen entstanden zwei All-wetterplätze à 28 x 44 Metern sowie ein Rasenspielfeld mit 60 x 40 Metern und einer Weitsprung- und Kugelstoßanlage mit Sandgrube (15 x 24 Meter). Die Sportanlage wurde eingezäunt. (BSZ)
(Das neue Gebäude ist als Atriumsschule konzipiert, bei der die eingeschnittenen, inneren Höfe eine ruhige und einladende Lernatmosphäre gestalten - Fotos: Zweckverband Staatliche Würmtal-Realschule)
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