Ende Oktober letzten Jahres feierte die Stadt Straubing die schon sehnlich erwartete Wiedereröffnung des staatseigenen Herzogschlosses, dessen „Rittersaal“ und weitere Veranstaltungsräume der Stadt Straubing zur Nutzung überlassen sind. 28 Monate lang stand der in Straubing als Veranstaltungsraum beliebte Rittersaal nicht zur Verfügung. In dieser Zeit führte das Staatliche Bauamt Passau am Herzogschloss umfangreiche Sanierungsmaßnahmen zum Erhalt der Bausubstanz, zur funktionalen Verbesserung des Veranstaltungsbetriebs sowie zur Ertüchtigung des baulichen Brandschutzes durch. 3,25 Millionen Euro betragen die Gesamtbaukosten für die Sanierungs- und
Modernisierungsmaßnahmen, die pünktlich im vereinbarten Bauzeit- und Kostenrahmen zum Abschluss gebracht werden konnten.
Der Gebäudekomplex des Herzogschlosses beherrscht in städtebaulich dominanter Lage an Donau und Donaubrücke den Nordeingang der Stadt. Herzog Albrecht I. von Straubing-Holland begann 1356 den Bau des Schlosses: als fürstliches Wohnhaus mit Herzogturm, Fürstentrakt und Kemenatenturm sowie Schlosskapelle, als Residenz und Verteidigungsbastion. Albrechts Sohn Johann III. ließ 1422 nach holländischem Vorbild im Fürstentrakt den „Rittersaal“ errichten, der einer der größten Festsäle des Mittelalters gewesen sein soll. Sein Dachstuhl in Form eines Schiffsrumpfs gilt als Meisterwerk mittelalterlicher Zimmermannskunst.
Das Schloss wurde später in Teilen barockisiert und diente seit 1755 als Kaserne. Zuletzt in den Jahren 1985 bis 1992 wurden am Herzogschloss Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt, um hier ein Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums München einzurichten. Die Museumsnutzung wurde 2006 wieder aufgegeben. Teile des Schlosses dienen heute als Sitz des Finanzamts und der Staatsanwaltschaft.
Den Rittersaal nutzt die Stadt als Veranstaltungsraum für Konzerte, Messen und Empfänge. Der 430 Quadratmeter große Saal, in dem rund 50 Veranstaltungen im Jahr stattfinden, ist heute aus dem Veranstaltungsbetrieb der Stadt nicht mehr wegzudenken. Die Erdgeschossflächen des Ostflügels und des Ostturms dienen dabei als Eingangsbereich, Foyer und Garderobe. Für diese Nutzung mit hohen Besucherzahlen waren die bisher bestehenden wenigen Toiletten und Garderoben im Schloss, die für eine Museumsnutzung konzipiert waren, nicht ausgelegt. Beeinträchtigungen und lange Wartezeiten bei Veranstaltungen waren die Folge. Mangels ausreichend Platz im Foyer wurde zudem das Erdgeschoss des Ostturms, der als baulicher Rettungsweg dient, als Garderobe mit unzulässiger Brandlast genutzt. Diese Mängel galt es zusammen mit den baulichen Schäden, die durch die Witterungseinflüsse inzwischen an der Bausubstanz aufgetreten waren, zu beseitigen.
In einem ersten Bauabschnitt musste die Tragfähigkeit der obersten Geschossdecken und der Dachtragwerke über dem Ost- und Westturm wiederhergestellt werden. Eingedrungene Feuchtigkeit über undichte Stellen im Dach hatten dazu geführt, dass Teile der Holzkonstruktion im Bereich der Traufbohlen, der Sparrenfüße und Binder morsch geworden waren und ersetzt werden mussten.
Denkmalgerecht
instand gesetzt
Bei der Instandsetzung wurde besonders darauf geachtet, die Eingriffe in das alte Holztragwerk möglichst gering zu halten und den notwendigen Austausch von Hölzern auf das Nötigste zu beschränken. Heute sind die kraftschlüssigen Bauteilverbindungen wiederhergestellt und vor allem die im Westturm noch weitgehend original erhaltene mittelalterliche Dachkonstruktion denkmalgerecht instandgesetzt. Bei beiden Türmen wurde die vorhandene Biberschwanz-Dachdeckung erneuert und damit die restaurierten Dachstühle künftig wieder gegen Wind und Wetter geschützt.
Im Rahmen der Außeninstandsetzung wurden auch die Fassaden instandgesetzt, der Außenputz partiell erneuert, die Eckquaderungen und das Wandfresko des hl. Christophorus auf der Ostfassade
des Ostturms restauriert sowie der Natursteinsockel, der während des Hochwassers 2013 unter Wasser stand, saniert.
Die Fassaden erhielten einen neuen Anstrich und die Fensterverglasungen wurden mit einer Dreifach-Wärmeschutzverglasung erneuert. Auch an der Schlosskapelle St. Georg waren substanzerhaltende Maßnahmen notwendig. Hier wurde die Raumschale gereinigt, Fassungen partiell ergänzt, die Sockelbereiche neu verputzt und Restaurierungsarbeiten am Natursteinboden der Kapelle, am Eingangsportal und am Kapellenerker durchgeführt. Während der Restaurierungsarbeiten war das Kirchengestühl zur Instandsetzung in die Werkstatt des Restaurators ausgelagert.
Um den Rittersaal auch in Zukunft als Veranstaltungsraum nutzen zu können, war es zudem notwendig, die Elektroinstallation hinsichtlich Brandmeldeanlage, Rauch-Wärme-Abzugsanlage und Sicherheitsbeleuchtung den aktuellen Anforderungen anzupassen. Gerade weil der Rittersaal für die Stadt ein häufig genutzter und beliebter Veranstaltungsraum ist, hat die Kommune als Nutzer in die Infrastruktur des Herzogschlosses mitinvestiert und die Kosten in Höhe von 530 000 Euro für die neuen Toilettenanlagen sowie die Modernisierung der Ausstattung im Rittersaal und im Foyer übernommen.
Mit neuer Audio- und Videotechnik, Möglichkeiten zur Verdunkelung und neuer Saal-, Bühnen- und Effektbeleuchtung ist der Rittersaal für die dort geplanten vielfältigen Veranstaltungen gerüstet. Das Eingangsfoyer kann jetzt durch mobile Schiebewände und -elemente je nach Bedarf mit Garderobe- oder Cateringzonen ausgestattet werden. Die notwendigen neuen Toilettenanlagen wurden in günstiger Lage und platzsparend im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss des Ostturms eingebaut.
Damit auch Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte an den Veranstaltungen teilnehmen können, musste die Zugangstür vom Ostturm in den Rittersaal verbreitert und der gesamte Weg vom Gebäudezugang bis zum Rittersaal barrierefrei umgestaltet werden. Als Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauchs des Herzogschlosses ließ das Staatliche Bauamt Passau auch die Wärmedämmung der obersten Geschossdecke im Ostturm verstärken und die Kellerdecke unter dem Rittersaal dämmen. Zusammen mit der neuen Wärmeschutzverglasung der Fenster können damit heute jährlich rund 4400 Kubikmeter Gas gegenüber dem Vorzustand eingespart und so etwa zehn Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß vermieden werden.
(Norbert Sterl)
(Der Rittersaal - Fotos: Marcel Peda, Passau)
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